Soldatenrecht: Hitlergruß – Ermittlungen durch Staaatsanwaltschaft Stuttgart und Bundeswehr

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Rechtsextremismus bei der Bundeswehr ist ein Thema, welches die Bundeswehr seit längerer Zeit  beschäftigt. Das ARD-Magazin Panorama hat vor kurzem über einen Fall berichtet, der sich bereits 2017 ereignete.

Zur Feier des Kompaniechefs hatten sich nach Informationen von Panorama (daserste.ndr.de/panorama) rund 60 aktive und ehemalige Elitesoldaten der Bundeswehr im April 2017 auf einem Übungsplatz in der Nähe von Sindelfingen getroffen.

Der Kompaniechef durchlief hierbei eine Art Parcours, zerschnitt Obst mit Schwertern und warf Schweineköpfe durch die Gegend. Zu Rechtsrock-Musik setzte der Kompaniechef mehrmals zum Hitlergruß an. Eine Augenzeugin hatte anonym in dem ARD-Magazin Panorama über den Abend berichtet. Ihre Aussagen passten laut Panorama zu diversen Chatnachrichten und Flugtickets, die Panorama einsehen konnte.

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelte und kam zu dem Ergebnis, dass die Schilderungen der Augenzeugin glaubhaft seien. Im Jahr 2018 wurde ein Strafbefehl in Höhe von 4.000 Euro gegen den Kompaniechef erlassen, den der Soldat auch akzeptierte (daserste.ndr.de/panorama).

Bundeswehr ermittelt im Disziplinarverfahren weiter

Liegt eine strafrechtliche Verurteilung vor, sind die Feststellungen für die Wehrdisziplinaranwaltschaft und die Entlassungsbehörde bindend (§ 84 Abs. 1 WDO).

Ist ein Soldat dagegen rechtskräftig freigesprochen worden, stellt der Freispruch ein Prozesshindernis dar, das die disziplinare Verfolgung insoweit unzulässig macht und zur Einstellung des Verfahrens zwingt (BDHE 5, 66; 7, 146).

Strafbefehl hat keine Bindungswirkung

Grundsätzlich haben nur tatsächliche Feststellungen eines rechtskräftigen Strafurteils (§ 260 Abs. 1 S. 1 StPO) oder eines Urteils im Bußgeldverfahren (§ 71 OWiG i.V.m. § 411 StPO) Bindungswirkung.

Ein Strafbefehl steht zwar gemäß § 410 Abs. 3 StPO einem rechtskräftigen Urteil gleich, soweit nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts vermag er jedoch keine Bindungswirkung auszulösen, weil er keine richterlichen Feststellungen zur Tat- und Schuldfrage enthält (BVerwGE 83, 373, 375; 93, 255).

Rechtsanwalt Christian Steffgen empfiehlt betroffenen Soldaten, sofort den Rat eines im Wehrrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu suchen. Nach seiner Erfahrung machen viele Soldanten aber ausführliche - oft seitenlange Aussagen und gehen erst dann zum Anwalt. Hierbei verkennen sie, dass der „Chef“ nicht Herr des Verfahrens ist, sondern nur der verlängerte Arm des Wehrdisziplinaranwalts und aufgrund der Mitteilung in Strafsachen auch des Staatsanwalts.

Der Verfasser des Rechtstipps, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht und Verkehrsrecht Christian Steffgen war von 2001-2015 als Empfehlungs- und Vertragsanwalt des DBwV mit Schwerpunkt in Strafverfahren, Disziplinarverfahren und Entlassungsverfahren tätig. Er ist Oberstleutnant der Reserve und aktiver Reservist. Rechtsanwalt Steffgen hat seit 2001 viele Verfahren bereits vor Gerichten und der Wehrdisziplinaranwaltschaft zur Einstellung gebracht.

 

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