Steuerstrafrecht und strafbefreiende Selbstanzeige - eine Chance zurück zur Steuerehrlichkeit

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Die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit lohnt sich auch weiterhin – wir beraten Sie gerne.

Strafbefreiende Selbstanzeige im Steuerrecht oder die Chance, „reinen Tisch“ zu machen

Die Rückkehr zur Steuerehrlichkeit lohnt sich auch weiterhin – wer selbst seine Steuererklärung vollständig berichtigt, bleibt straffrei.

Der Fall „Uli Hoeneß“ löste vor gut zwei Jahren eine Welle von Selbstanzeigen aus. Dieser Fall führte vielen eindrucksvoll vor Augen, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist, sondern ein Vergehen, das weitreichende Folgen mit sich bringen kann. Um der Härte des Gesetzes zu entgehen, besteht die Möglichkeit der strafbefreienden Selbstanzeige, welche jedoch an strenge Voraussetzungen gebunden ist.

Grundsätzliches zur Steuerhinterziehung:

Die Gründe für eine Steuerhinterziehung sind mannigfach. Das Steuerrecht enthält in seiner Vielfalt an Gesetzen so manche Vorschrift, die für einen juristischen Laien auf den ersten Blick nicht ersichtlich und wenig verständlich ist. All zu leicht können aufgrund von Unachtsamkeiten Angaben vergessen oder falsch übermittelt werden. Doch grundsätzlich gilt selbst bei einer solchen Unachtsamkeit: Wer Steuern „verkürzt“ (oder umgangssprachlich „hinterzieht“), wird in besonders schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bestraft, so sieht es die Abgabenordnung (AO) in § 370 Abs. 1 AO vor. Dasselbe gilt auch für das nicht gerechtfertigte Erlangen von Steuervorteilen. Um einer möglichen Freiheitsstrafe zu entgehen, besteht die Möglichkeit der Selbstanzeige nach § 371 AO.

Strafbefreiende Selbstanzeige und ihre Grundsätze

Ähnlich wie der Rücktritt vom Versuch einer Straftat stellt die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht einen persönlichen Strafaufhebungsgrund dar. Der Gesetzgeber baut demjenigen, der Steuern hinterzieht, dadurch eine „goldene Brücke“ zurück in die Legalität. Die Rechtfertigung dieser Strafbefreiung ist politisch umstritten, wird aber rein fiskalisch begründet. Durch die Anzeige werden Steuereinnahmequellen erschlossen, die dem Staat bis dato unbekannt waren.

Die Straffreiheit der Selbstanzeige nach § 371 AO setzt voraus, dass der Steuerpflichtige zu allen noch nicht verjährten Steuertatsachen in vollem Umfang die Angaben berichtigt, unvollständige Angaben ergänzt oder unterlassene Angaben nachholt. Dabei sind die strengen Voraussetzungen, welche an die Selbstanzeige gestellt werden, zu berücksichtigen.

Voraussetzungen für eine wirksame Selbstanzeige

Die Erfüllung der Voraussetzungen einer wirksamen Selbstanzeige ist grundlegend, denn wer einen Fehler macht, kann sich nicht auf die Strafbefreiung berufen.

Im Einzelfall sind die Untiefen des deutschen Steuerrechts mitunter tückisch, weswegen es äußerst ratsam ist, einen Steuerberater und einen Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Die wichtigsten Grundlagen werden nachfolgend dennoch kurz zusammengefasst dargestellt.

  1. Steuerpflichtiger muss vollständige Aufklärung leisten, § 371 Abs. 1 AO

Zunächst muss der Steuerpflichtige bei einer Selbstanzeige eine vollständige Aufklärung leisten. Das bedeutet, dass sich die Selbstanzeige auf alle Steuerhinterziehungen einer Steuerart beziehen muss. Dabei ist es zunächst irrelevant, ob diese schon verjährt sind oder nicht. Es muss ersichtlich sein, dass der Steuerpflichtige „reinen Tisch“ machen möchte. Insofern ist es auch erforderlich, dass alle Vergehen nach bestem Wissen und Gewissen angezeigt werden (BGH Urteil vom 20.05.2010 – Az.: 1 StR 577/09).

Beispiel: Der Steuerpflichtige H hat Einkommensteuer und Schenkungsteuer hinterzogen. In seiner Selbstanzeige geht er umfassend auf die Hinterziehung der Schenkungssteuer ein. Die hinterzogene Einkommensteuer verschweigt er. Er bleibt bezüglich der hinterzogenen Schenkungsteuer straffrei, die Strafbarkeit wegen hinterzogener Einkommensteuer bleibt bestehen.

  1. Selbstanzeige wird rechtzeitig eingereicht

Weiterhin muss die Selbstanzeige rechtzeitig vom Steuerpflichtigen eingereicht werden. Hierfür darf die Steuerstraftat noch nicht entdeckt worden sein. Somit ist eine Strafbefreiung ausgeschlossen, wenn:

  • dem Steuerpflichtigen bereits eine Prüfungsanordnung der Finanzbehörde bekanntgegeben wurde.
  • der Steuerpflichtigen bereits über ein Ermittlungsverfahren in Kenntnis gesetzt wurde.
  • Steuerprüfer, Steuerfahnder oder Außenprüfer an der Türe klingeln und prüfen wollen (BGH Urteil vom 20.05.2010 – Az.: 1 StR 577/09).
  • die Finanzbehörde bereits anderweitig Kenntnis von der Steuerhinterziehung erlangt hat.

Umstritten ist in diesem Zusammenhang, ob eine Steuerhinterziehung bereits als entdeckt gilt, wenn eine Steuer-CD mit Namen der Betroffenen durch die Finanzbehörden aufgekauft wurde. Hier gibt es unterschiedliche Regelungen, welche im Ermessen der jeweiligen Finanzbehörden liegen. So erkennt Nordrhein-Westfalen trotz eines getätigten Ankaufs eine Selbstanzeige an.

  1. Hinterzogene Steuern werden fristgerecht nachgezahlt, § 371 Abs. 3 AO

Eine Strafbefreiung kommt nur in Betracht, wenn die hinterzogenen Steuern fristgerecht nachgezahlt werden. Es ist die gesetzte Frist der Finanzbehörde einzuhalten. Hierbei ist zu beachten, dass neben der Steuerschuldbegleichung auch eine Zinszahlung von 6 % fällig ist. Außerdem können auch weitere Zuschläge zu zahlen sein.

Verschärfte Regelungen seit 01.01.2015

Wegen einer regelrechten Flut an Selbstanzeigen in der zweiten Hälfte von 2014 verschärfte der Gesetzgeber die Regeln für die strafbefreiende Selbstanzeige. Unverändert blieb, dass die Selbstanzeige an sich möglich ist. Seit 2015 sank jedoch die Grenze, bis zu der Steuerhinterziehungen bei einer Selbstanzeige ohne Zuschlag straffrei bleiben, von 50.000 € auf 25.000 €.

Es ist folgende Staffelung zu beachten: ab 25.000 Euro sind 10 % Zuschlag zu leisten, ab 100.000 Euro sind 15 % Zuschlag fällig und ab 1.000.000 Euro sind 20 % Zuschlag zu zahlen.

Nicht zuletzt ist zu beachten, dass eine solche Selbstanzeige beim zuständigen Finanzamt – und nicht etwa bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft – einzureichen ist. Wird die Anzeige anderweitig adressiert, so kann sich nicht auf die Strafbefreiung berufen werden.

Erstellt von: Rechtsanwalt Marc Sturm, Kanzlei Sturm, Dr. Körner & Partner in Aichach, in Zusammenarbeit mit stud. iur. Kevin Joder (Uni Konstanz).


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