Straffrei bedeutet nicht ohne Reaktion

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Seit in Freudenberg zwei Kinder, zwölf und 13 Jahre alt, gestanden haben, ein Mädchen umgebracht zu haben, werde ich als Strafverteidigerin gefragt, ob ich hinter dem deutschen Jugendstrafrecht stehen kann.


Jugendstrafrecht

Strafmündig ist man in Deutschland ab Vollendung des 14. Lebensjahres. Es gelten die normalen Straftatbestände. Der Unterschied ist jedoch, dass das gesamte Jugendstrafrecht vom Erziehungsgedanken geprägt ist. Deswegen wird die Verhandlung schon vor dem Jugendrichter geführt, dem andere Sanktionen zur Verfügung stehen, nämlich Erziehungsmaßregeln, Zuchtmittel und Jugendstrafe. Diese ist zeitlich auf die Höchstdauer von 10 Jahren begrenzt.

Für den Anwalt im Jugendstrafrecht ist es deswegen wichtig mit dem Jugendlichen frühzeitig und in aller Ehrlichkeit die Akte zu besprechen. Soll die Tat bestritten werden, dann ist es wichtig, den Jugendlichen mit der gleichen Ernsthaftigkeit zu verteidigen, wie dies bei einem Erwachsenen geschehen würde. Im Rahmen der Strafmaßverteidigung kann jedoch durch die frühzeitige Einleitung der richtigen Mittel auf die Sanktion eingewirkt werden oder es gar zu einer Division kommen: Dafür muss gezeigt werden, dass bereits die Einleitung eines Strafverfahrens oder andere informelle Maßnahmen ausreichen, um dem oder der Jugendlichen die Ernsthaftigkeit der Verfehlung vor Augen zu halten. In diesen Fällen kann von einer Verfolgung abgesehen (§ 45 JGG) oder das Verfahren (§ 47 JGG) eingestellt werden.

Staatliche Reaktionen bei Straftaten von Kindern

Menschen vor Vollendung des 14. Lebensjahres sind als Kinder strafunmündig (§ 19 StGB). Dass der Staat keine Strafe bei unter 14 Jährigen vorsieht, heißt nicht, dass im Recht keine Reaktionen vorgesehen sind. Diese sind jedoch nicht im StGB oder im JGG vorgesehen, sondern im SGB acht, in dem die Kinder und Jugendhilfe verankert sind. Diese gehen von Erziehungsberatung, über Erziehungsbeistand und Familienhilfe, über ambulante Hilfen zur Erziehung und Tagesgruppen.

Stationäre Hilfen (§ 34 SGB VIII)

In schwerwiegenden Fällen, wenn andere Maßnahmen nicht ausreichen, kann das Jugendamt das Kind vorübergehend oder dauerhaft in einer stationären Einrichtung, wie einem Heim oder einer betreuten Wohngruppe, unterbringen. Gerade da diese Reaktion ohne zeitliche Begrenzung erfolgt, kann diese Reaktion Mandanten sogar stärker treffen als eine zeitlich begrenzte Freiheitsstrafe.


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