Strafverteidigung Kinderpornographie - Operation SPADE

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Ermittlungsverfahren wegen § 184b StGB, also des Tatvorwurfs „Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie" bzw. Strafverfahren wegen § 184c StGB, also „Besitz und Verbreitung von Jugendpornographie" nehmen nach Auffassung des Autors, der bundesweit im Bereich des Sexualstrafrechts verteidigt, auch innerhalb des Strafrechts eine Sonderstellung ein. Unabhängig von den strafrechtlichen Konsequenzen drohen häufig auch Auswirkungen im beruflichen, privaten und familiären Umfeld. Bereits der Tatvorwurf für sich genommen - unabhängig davon, ob dieser berechtigt oder unberechtigt erhoben wurde - kann eine stigmatisierende Wirkung entfalten. Diskretion ist daher eine der Grundvoraussetzungen für eine effektive Strafverteidigung im Bereich dieser Strafverfahren.

In zahlreichen Fachbeiträgen ist der Autor bereits auf die bundesweite Rechtsprechungsentwicklung im Bereich des§ 184b StGB bzw. § 184c StGB eingegangen.

Nachfolgend einige aktuelle FAQs zu Ermittlungsverfahren wegen Kinderpornographie:

1. Besitz von Kinderpornographie - Was ist die Operation SPADE?

Ermittlungsverfahren wegen § 184b StGB werden häufig durch sogenannte „anlassunabhängige Recherchen" ausgelöst oder sie sind Bestandteil von bundesweiten Großoperationen. Bekannt waren in der Vergangenheit u. a. die „OP Tornado", „OP Himmel", oder „OP Charly". Die „OP Spade" steht in Zusammenhang mit einem Großverfahren der Polizei in Kanada, in dessen Zusammenhang über 300 Personen festgenommen und ein weltweiter Ring zerschlagen wurde. Eine Rolle spielen dabei insbesondere Videos mit etwa fünf- bis zwölfjährigen Jungen. Diese wurden im großen Stil international vertrieben und verbreitet. Nach Auffassung der Ermittlungsbehörden waren diese Filme keineswegs „nur naturistische" Filme, sondern überschritten zumindest teilweise die Grenze zur Strafbarkeit.

2. Sind Posing-Bilder strafbar? 

In der früheren Rechtsprechungspraxis war teilweise umstritten, ob sogenannte „Posing-Fotos" dem Straftatbestand des § 184b StGB unterfallen. Bei Posing-Bildern handelt es sich um Darstellungen, welche ein „aufreizendes Zurschaustellen" zum Gegenstand haben (vgl. BGH-St 50, S. 370 f.).

Diese Grauzone ist mittlerweile allerdings nahezu nicht mehr existent. Spätestens mit dem In-Kraft-Treten des „Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses des Rates der Europäischen Union zur Bekämpfung der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornographie" und dessen In-Kraft-Tretens am 05.11.2008 wurden Gesetzeslücken geschlossen (vgl. etwa BGH 43, 366 f.; 45, 41; 50, 370 f.). Durch die gesetzliche Neuregelung ist die frühere Anknüpfung des Tatbestands bei § 184b StGB an die Darstellung eines „sexuellen Missbrauchs von Kindern" entfallen. Einbezogen sind zwischenzeitlich ausdrücklich auch sexuelle Handlungen, welche ein Kind „mit seinem Körper" vornimmt bzw. vornehmen muss. Posing-Bilder sind damit jedenfalls erfasst, wenn sich aus den Bildern eine aktive Handlung des Kindes ergibt, welche etwa nach vorheriger Regieanweisung eingenommen wurde. Sofern noch ein vermeintlicher Grenzbereich existiert, betrifft dieser folglich nicht die Fragestellung, ob Posing-Bilder strafbar sind. Allenfalls die Einordnung, ab welcher Schwelle von Posing-Bildern gesprochen werden kann, wird teilweise unterschiedlich ausgelegt. So existiert etwa die Rechtsauffassung, dass unwillkürliche Positionen, etwa von schlafenden Kindern, nicht dem Posing-Bereich unterfallen. Aus anwaltlicher Sicht muss allerdings dringend davor gewarnt werden, diesen Bereich „auszutesten". Die bundesweite Rechtsprechungsentwicklung zu § 184b StGB zeigt, dass die Ermittlungsbehörden bei diesem Tatvorwurf keinen Spaß verstehen.

3. Ist auch Jugendpornographie strafbar?

Während die Strafbarkeit des Besitzes und der Verbreitung von Kinderpornographie in § 184b StGB geregelt ist, wird Besitz und Verbreitung von Jugendpornographie in § 184c StGB unter Strafe gestellt. Auch hier drohen ernste strafrechtliche Konsequenzen, bis hin zur Freiheitsstrafe.

4. Wie kommt es zu einer Durchsuchung wegen Besitzes von Kinderpornographie?

Eine Durchsuchung der privaten Räume stellt für den Beschuldigten eines Strafverfahrens regelmäßig einen erheblichen Grundrechtseingriff dar. Dies bedeutet, dass gewisse rechtliche Anforderungen erfüllt sein müssen, um eine Wohnungsdurchsuchung in zulässiger Weise anzuordnen. Dies ist der Fall, sofern „die Wahrscheinlichkeit besteht, dass eine bestimmte Straftat bereits begangen, nicht nur straflos vorbereitet worden ist". Hierzu müssen „tatsächliche Anhaltspunkte" vorliegen (vgl. BVerfG NJW 91, 690; StV 94, 353), wobei in aller Regel ein Richter die Durchsuchungsmaßnahme ausdrücklich anordnet. Etwas anderes kann dann gelten, wenn „Gefahr in Verzug" vorliegt. Hier entfällt teilweise die vorherige richterlicher Prüfung.

5. Sind auch virtuelle Darstellungen, Zeichnungen und Mangas gem. § 184b StGB strafbar? 

In seiner Entscheidung vom 19.03.2013 - 1 StR 8/13 - hat der Bundesgerichtshof erneut klargestellt, dass auch das Verbreiten von Schriften mit fiktiv-kinderpornographischen Inhalten gem. § 184b Abs. 1 StGB unter Strafe gestellt ist.

Hierbei hat der BGH ausdrücklich ausgeführt, dass als inkriminierte Inhalte kinderpornographischer „Schriften" grundsätzlich auch fiktive und virtuelle Darstellungen sowie die Beschreibung eines sexuellen Missbrauchs von Kindern nur mit Worten in Betracht kommen.

Lediglich in den Tatbestandsvarianten der Besitzverschaffung (§ 184b Abs. 2 StGB) und des Besitzes (§ 184b Abs. 4 StGB) habe der Gesetzgeber eine Einschränkung der Strafbarkeit dahingehend vorgenommen, dass die inkriminierten Schriften ein „tatsächliches" oder „wirklichkeitsnahes" Geschehen wiedergeben müssen. Dieses abgestufte Schutzkonzept des § 184b StGB soll dem Umstand Rechnung tragen, dass von Letzteren gegenüber sonstigen kinderpornographischen Schriften - wie beispielsweise kinderpornographischen Romanen, Zeichnungen und Zeichentrickfilmen - die erhöhte Gefahr ausgeht, einen Anreiz dafür zu bilden, Kinder zur Herstellung solcher Darstellungen sexuell zu missbrauchen. Auch liegt bei bildlichen oder videographischen Darstellungen sowie authentischen Tonaufnahmen eine erhöhte Gefährlichkeit darin, dass dem Betrachter das Missbrauchsgeschehen unmittelbar „vor Augen geführt" wird, was bei Menschen mit entsprechenden Neigungen einen ungleich höheren Reiz, solches Geschehen selbst mit Kindern nachzustellen, auslösen dürfte, als Beschreibungen, Trickfilme oder Erzählungen, welche das Geschehen für den Empfänger stets nur mittelbar wiedergeben können.

Weiterhin hat der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung bestätigt, dass bereits die elektronische Übermittlung einer Email mit kinderpornographischem Inhalt - im Text der Email oder in einem ihr beigefügten Dateianhang - an einen anderen den Tatbestand der Drittbesitzverschaffung im Sinne von § 184b Abs. 2 StGB erfüllt. Für die Besitzverschaffung ist es danach ausreichend, dass die Email - wenn auch nur vorübergehend - in den Arbeitsspeicher des Empfängers gelangt. Auf die konkrete Kenntnisnahme des Empfängers kommt es dagegen nicht an. Ebenso ist im Unterschied zu der Tatbestandsvariante der Verbreitung gem. § 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB für eine Strafbarkeit nach § 184b Abs. 2 StGB gerade nicht erforderlich, dass die inkriminierte Schrift einem größeren Personenkreis zugänglich gemacht wird; ausreichend ist bereits das Versenden einer solchen Schrift in geschlossenen Benutzerräumen oder in Zwei-Personen-Verhältnissen.

6. Gibt es trotz nachweisbarer Bilder im Sinne des § 184b StGB immer eine öffentliche Hauptverhandlung?

Neben der gewählten Verteidigungsstrategie und Verteidigungstaktik ist hierbei u. a. die Frage von Bedeutung, ob die Bilder „nur" besessen oder auch verbreitet wurden. Gleiches gilt für die Anzahl und den Inhalt der Bilder bzw. Videos. Die Praxis der Strafverteidigung bei § 184b StGB (Kinderpornographie) bzw. § 184c StGB (Jugendpornographie) zeigt indes, dass in einer Vielzahl von Fällen strafrechtliche Lösungen ohne Hauptverhandlung - teilweise auch ohne eintragungspflichtige Vorstrafe - möglich sind. Allgemeine Ausführungen können an dieser Stelle allerdings keine einzelfallbezogene Rechtsberatung ersetzen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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