Täteridentifizierung mit Foto trotz schlechter Qualität des Bildes? (KG, Beschl. v. 18.08.2020 – 3 Ws (B) 152/20)

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Immer wieder kommt es in der Praxis vor, dass Blitzer-Fotos aufgrund von äußeren Einflüssen wie Wetterverhältnisse (Sonneneinstrahlung, Schnee, Regen) nur von mäßiger Qualität sind und der Fahrer nicht eindeutig identifizierbar ist.

So stellt man sich die Frage, wie weit die Befugnisse eines Richters bei der Beweiswürdigung in einem etwaigen Prozess während der Hauptverhandlung wischen dem Lichtbild in den Akten sowie dem Beschuldigten sind.

Ein Lichtbild ist trotz mäßiger Qualität nicht generell ungeeignet zur Fahreridentifizierung.

Grundsätzlich gilt:

Die Würdigung der Beweise ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Rechtsfehlerhaft ist die Beweiswürdigung dann, wenn sie in sich widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist. Der freien Beweiswürdigung durch den Tatrichter sind indessen auch hinsichtlich der Identifizierung eines Betroffenen Grenzen gesetzt. So kann sich die Überzeugungsbildung hinsichtlich der Identifizierung durch den Vergleich mit dem Erscheinungsbild des in der Hauptverhandlung anwesenden Betroffenen anhand eines unscharfen oder das Gesicht des Fahrers nur zu einem geringen Teil abbildenden Fotos als willkürlich erweisen.

Zum Fall:

Das Kammergericht Berlin (KG Berlin, Beschl. v. 18.08.2020 – 3 Ws (B) 152/20) führte in einem ähnlich gelagerten Fall wie folgt aus: Das Belegfoto muss überhaupt geeignet sein, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Insoweit reicht die deutlich und zweifelsfrei (BGH NStZ-RR 2016, 178) zum Ausdruck gebrachte Bezugnahme auf das in den Akten befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG aus. Bestehen danach Zweifel an der Eignung eines qualitativ schlechten Bildes zur Identifikation des Betroffenen, so müssen die Urteilsgründe aufzeigen, warum dem Tatrichter die Identifizierung gleichwohl möglich erscheint. Dabei sind umso höhere Anforderungen an die Begründung zu stellen, je schlechter die Qualität des Fotos ist. Die auf dem Foto erkennbaren charakteristischen Merkmale, die für die richterliche Überzeugungsbildung bestimmend waren, sind zu benennen und zu beschreiben. Das Kammergericht gelangte zur Überzeugung, dass das streitgegenständliche Bild tatsächlich den Betroffenen zeigte. Unter Darlegung und Beschreibung von verschiedener Identifikationsmerkmalen (wie Dichte und Farbe des Haares, Farbe der Augenbrauen, Bartwuchs, Gesichtsform, Nasen- und Augenpartie, Größe der Ohrläppchen) ist dies möglich, auch wenn man um Beispiel die Augen wegen einer Spiegelung nicht eindeutig erkennt. Angesichts weiterer Identifikationsmerkmale sowie des Umstandes, dass auf dem Foto weitestgehend das ganze Gesicht der Person uneingeschränkt zu sehen ist, sei das Bild zur Identifizierung geeignet.

Empfehlung: 

Die oben gemachten Ausführungen gelten nicht nur in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren. Vielmehr sind sie insbesondere auch im Strafverfahren entsprechend anwendbar. Wird Ihnen der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Ordnungswidrigkeitengesetz gemacht? Haben Sie ein Anhörungsbogen mit Blitzer-Foto von der Bußgeldstelle erhalten? Sind Sie auf dem Bild eindeutig identifizierbar? Ich berate und vertrete Sie gern im Rahmen von Verstößen gegen das Ordnungswidrigkeitengesetz sowie im Rahmen eines Strafverfahrens. Zögern Sie nicht mich in jeder Lage des Verfahrens zu kontaktieren. Gemeinsam können wir nach erfolgter Akteneinsicht eine zielgerichtete und erfolgsorientierte Strategie zu Ihrer Verteidigung entwickeln.


Mit freundlichen Grüßen


André Rosner

Rechtsanwalt

Internet: www.anwalt-rosner.de

E-Mail: rosner@anwalt-rosner.de


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