Testamentskopie als Original?

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I. Das Thema

Ein Testament soll den letzten Willen des Erblassers dokumentieren und Zweifel hieran nach Möglichkeit ausschließen.

Daher wird von den Gerichten zum Nachweis der gewillkürten Erbfolge in aller Regel auch die Vorlage eines Originaltestaments verlangt – eine bloße Kopie soll nicht ausreichen.

Dass es davon auch Ausnahmen geben kann, hat das OLG Köln in einer bemerkenswerten Entscheidung aus dem Dezember 2016 ausgesprochen.

II. Der Fall

Der Fall lag – verkürzt – wie folgt: Die Erblasserin war im April 2015 verstorben. Ihr Ehemann war bereits 2014 verstorben. Die Erblasserin hatte allein und gemeinsam mit ihrem Ehemann im Lauf der Jahre diverse Testamente und Erbverträge errichtet. Mit ihren Kindern hatten sie jeweils notarielle Erbverzichtsverträge mit Abfindungsvereinbarungen geschlossen.

Bereits 1995 hatten die Eheleute einen als „gemeinschaftliches, wechselbezügliches Testament“ bezeichneten letzten Willen errichtet. In diesem Testament setzten sich die Eheleute zunächst wechselseitig als Alleinerben ein. Schlusserbe nach dem Tod des zuletzt versterbenden Ehepartners sollte ein gemeinnütziger Verein werden.

Nach dem Tod des Ehemanns errichtete die Ehefrau dann am 30. Mai 2014 ein weiteres Testament, in dem sie das Testament aus dem Jahr 1995 widerrief und nunmehr ihren Enkel als alleinigen Erben einsetzte.

Nach dem Tod der Erblasserin beantragte der Verein einen Erbschein und argumentierte, das zeitlich spätere Testament der Erblasserin sei unwirksam, da die Erblasserin durch das gemeinsame Testament gebunden gewesen sei.

Der Erbschein wurde dem Verein vom Nachlassgericht – trotz Protests des Enkels – erteilt. Diese Entscheidung wurde vom OLG auch gebilligt. Nach Erteilung des Erbscheins an den Verein meldete sich der Enkel der Erblasserin erneut. Er legte nun eine Kopie eines weiteren, auf den 26.04.2011 datierten Testaments vor. Er beantragte die Einziehung des alten Erbscheins und die Erteilung eines neuen Erbscheins für sich als Alleinerbe. 

Dieses neue Testament war von der Erblasserin verfasst und von ihrem damals noch lebenden Ehemann augenscheinlich mitunterzeichnet worden. Auch in diesem Testament setzte die Erblasserin ihren Enkel als alleinigen Erben ein.

Die Tatsache, dass dieses Testament aus dem Jahr 2011 nur in Kopie und nicht im Original vorgelegt werden könne, stünde, so der Enkel, der Wirksamkeit des letzten Willens nicht entgegen. Ein Wille der Erblasserin und ihres Ehemanns, dieses Testament zu vernichten, könne jedenfalls nicht festgestellt werden.

Der Verein trug vor, dass die Testamentskopie gegebenenfalls eine Fälschung sein könne.

Das Nachlassgericht lehnte die Anträge des Enkels abermals ab. So zog der Enkel der Erblasserin vor das OLG. Das OLG gab dem Enkel schließlich Recht und hob die Entscheidung des Nachlassgerichts auf.

Seine Entscheidung begründete das OLG mit dem Umstand, dass es das Nachlassgericht unterlassen habe, zu ermitteln, ob das – nur in Kopie vorliegende – Testament aus dem Jahr 2011 von der Erblasserin und ihrem Ehemann in der Absicht, diesen letzten Willen aufzuheben, vernichtet worden war.

Ein nicht mehr vorhandenes Testament sei, so das OLG, nicht allein wegen seiner Unauffindbarkeit ungültig. Das Nachlassgericht müsse vielmehr ermitteln, ob das Testament aus dem Jahr 2011 zum einen wirksam errichtet und nachfolgend nicht wieder aufgehoben worden sei.

Dabei habe grundsätzlich der Enkel den Beweis zu führen, dass das fragliche Testament errichtet und nicht wieder aufgehoben wurde. An einen solchen Beweis seien auch strenge Maßstäbe anzulegen. Gelinge aber der Nachweis, dann könne auch eine Kopie eines Testaments ausreichend sein, um die Erbfolge zu dokumentieren.

III. Das Fazit

Ein Testament muss grundsätzlich im Original vorgelegt werden, um wirksam zu sein. Liegt dem potenziellen Erben aber nur eine Kopie des Testaments vor, kann der Erbnachweis unter bestimmten Voraussetzungen dennoch gelingen. 

Da der Kopieinhaber dann beweispflichtig ist, geht es darum, die Überzeugung des Gerichts zu gewinnen.

Wenn Sie in einer derart schwierigen Lage sind, sollten Sie nicht experimentieren. Lassen Sie sich daher von vornherein kompetent beraten, um zu Ihrem Recht zu kommen.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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