Top 10 Irrtümer im Straßenverkehr – Teil 1

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Eines vorweg

Auch, wenn die Regeln im Straßenverkehr eindeutig und unzweifelhaft gesetzlich fixiert sind, sollten Sie nicht gezwungen auf Ihr Recht beharren. Agieren Sie im Sinne der gegenseitigen Rücksichtnahme und verständigen Sie sich mit anderen Autofahrern, um Streitigkeiten und Verkehrsunfällen Abhilfe zu schaffen. Das steht sogar im Gesetz, § 1 StVO.


1. Der Stau auf der Autobahn: Darf ich den Seitenstreifen befahren?


§ 2 Absatz 1 Satz 2 StVO: Seitenstreifen sind nicht Bestandteil der Fahrbahn.

Die Nutzung des Seitenstreifens ist ausschließlich Pannenfahrzeugen vorbehalten! Das gilt auch im Falle eines Staus. Den Seitenstreifen zu nutzen, um den Stau zu umgehen, die nächste Ausfahrt oder die nächste Raststätte anzufahren ist verboten. Befahren Sie den Seitenstreifen dennoch, begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit. Es droht Geldbuße und ein Punkt in Flensburg.

Einzige Ausnahme: Die Nutzung des Seitenstreifens wurde durch Verkehrszeichen oder durch die Polizei explizit erlaubt.

Übrigens:

§ 18 Absatz 9 StVO: Während eines Staus auf der Autobahn dürfen Sie auch nicht aus dem Auto aussteigen und die Fahrbahn betreten!

Einzige Ausnahme: Zur Sicherung einer Unfallstelle. Allerdings werden die Polizeibeamten vor Ort bei längeren Störungen in aller Regel Nachsicht zeigen und es Ihnen erlauben, sich in unmittelbarer Nähe Ihres Fahrzeugs die Beine zu vertreten und frische Luft zu schnappen.

Und noch was:

§ 18 Absatz 7 StVO: Wenden und Rückwärtsfahren sind strikt verboten.

Einzige Ausnahme: Die Polizei fordert Sie bei langwierigen Vollsperrungen zum Wenden und/oder Rückwärtsfahren auf, um den Verkehr von der Autobahn umzuleiten.


2. Das Reißverschlussverfahren: Wie ging das noch gleich?


Der Blick ins Gesetz hilft: § 7 Absatz 4 StVO

Verengen sich zwei Fahrspuren zu einer, weil eine Fahrspur endet oder aufgrund einer Baustelle nicht weiter befahrbar ist, müssen Autofahrer bis zum Ende der Spur fahren und sich dort in den Verkehr auf den verbleibenden Spuren einfädeln.

Autofahrer, die auf der endenden Fahrspur an Ihnen vorbeifahren, um sich unmittelbar vor der Verengung auf den durchgehenden Fahrstreifen einzufädeln, drängeln sich also nicht an Ihnen vorbei.

Ganz im Gegenteil: Sie halten sich an das Gesetz!

Hinzukommt, dass die Autofahrer auf dem durchgehenden Fahrstreifen keine Vorfahrt haben, sondern den Fahrbahnwechsel ermöglichen müssen.


3. Darf ich mich als Fußgänger auf einen Parkplatz stellen und diesen freihalten?


Nein, sagt das Gesetz: § 12 Absatz 5 StVO

Auch, wenn die Versuchung groß ist - Sie dürfen sich als Fußgänger nicht auf einen freien Parkplatz stellen und diesen gegenüber heranfahrenden Autofahrern blockieren, um ihn für einen Freund/Bekannten/etc. freizuhalten. Ein vehementes Blockieren erfüllt den Straftatbestand der Nötigung gem. § 240 StGB.

Es gilt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – und das nur für Autofahrer!

Die Rechtsprechung erlaubt es Autofahrern sogar, blockierende Passanten langsam und ohne Gefährdung (!) mit dem Auto zurückzudrängen, da diese die Parklücke rechtswidrig blockieren.


4. Gilt „rechts vor links“ auf Parkplätzen?


Jein: § 8 Absatz 1 StVO

Zwar findet die StVO auch auf öffentlichen Parkplätzen Anwendung, jedoch gilt ein Parkplatz nicht als Fahrbahn oder Straße. Rechts vor links gilt nur an Kreuzungen und Einmündungen. Ein Parkplatz ist keines von beidem.

Eine (seltene) Ausnahme: Parkplätze mit deutlich markierten Fahrspuren; diese können als Straßen gewertet werden.

Auf Parkplätzen gilt daher grundsätzlich das Rücksichtnahmegebot gem. § 1 StVO. Fahren Sie vorsichtig und verhalten Sie sich rücksichtsvoll. „Rechts vor links“ kann hier als Richtlinie dienen.


5. Parkbeschränkungen an Werktagen: Gilt das auch für Samstag?


Nach deutscher Rechtslage ist auch der Samstag ein Werktag: § 3 Absatz 2 BurlG.

Lediglich Sonntage und Feiertage sind keine gesetzlichen Werktage. Das ist auch logisch, da es zahlreiche Arbeitnehmer gibt, die auch samstags regulären Arbeitszeiten nachgehen.

Einzige Ausnahme: Werktage, also auch der Samstag, fallen mit gesetzlichen Feiertagen zusammen. Dann gilt keine Parkbeschränkung.


Benötige ich einen Anwalt?

Wie so oft steckt der Teufel im Detail und eine rechtliche Beurteilung eines jeden Einzelfalls innerhalb weniger Zeilen ist faktisch nicht möglich. 


Vor allem dann, wenn viel Geld im Spiel, die Beweislage unklar ist, ein etwaiger Schadensersatz im Raum steht und die Kommunikation mit dem Unfallgegner oder der Versicherung keine Früchte trägt, ist die Hinzuziehung eines Anwalts anzuraten, der sich für Ihre Rechte einsetzt, Ihnen aber vor allem die Erfolgsaussichten Ihres Anliegens konkret darlegen kann.



Etinger & Cazan Rechtsanwälte

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/stra%C3%9Fe-autobahn-verkehr-autofahren-1453311/


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