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Umgangsrecht bei Ausgangssperre wegen Corona?

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Die mit dieser Problematik zusammenhängende Rechtsfragen sind noch völlig ungeklärt, da wir eine solche Situation bekanntlich noch nicht hatten. Es sind dem Verfasser auch keine einschlägigen Gerichtsentscheidungen bekannt.

Zumindest für Bayern ist in Kürze mit der Verhängung einer Ausgangssperre zu rechnen. Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat am 19.03.2020 im Landtag, wie mehrere Medien berichten, Folgendes erklärt:

„Wenn sich viele Menschen nicht freiwillig beschränken, dann bleibt am Ende nur die bayernweite Ausgangssperre als einziges Instrumentarium, um darauf zu reagieren. Das muss jedem klar sein.“

Daher ist dies Thema natürlich bei uns Familienrechtlern im Moment brandaktuell. Die vorläufige Rechtsauffassung des Verfassers lautet:

Das Aufenthaltsrecht als Teil der elterlichen Sorge nach § 1626 BGB umfasst auch nach § 1685 BGB entscheiden zu können, mit wem das Kind Umgang hat. Der andere Elternteil hat grundsätzlich kein Recht den dauerhaften Aufenthalt des Kindes zu verändern und die Herausgabe des Kindes nach Beendigung des Umgangszeitraums zu verweigern. Jedoch kann es zu einer Situation kommen, dass bei einer Corona-Erkrankung bzw. Verdachtsfall des umgangsberechtigten Elternteils, des Kindes oder anderer im dortigen Haushalt lebenden Personen durch die Gesundheitsbehörden Quarantäne angeordnet werden würde. In diesem Fall dürfte das vorübergehende „Behalten“ des Kindes bis zur Beendigung dieser Maßnahmen zulässig sein, weil hier der Gesundheitsschutz der Bevölkerung in der Gesamtabwägung der verschiedenen Interessen die Rechte der Eltern überwiegen dürften.

Diese Grundsätze dürften auch dann Anwendung finden, wenn es um die zwangsweise Durchsetzung von gerichtlichen Beschlüssen oder Umgangsvereinbarungen geht, nämlich dann, wenn der betreuende Elternteil aus vorgenannten Gründen die Herausgabe des Kindes an den umgangsberechtigten Elternteil verweigert.

Im Fall einer behördlich verordneten Ausgangssperre dürfte eine Pflicht zum Zurückbringen des Kindes zum betreuenden Elternteil bestehen, wenn im Übrigen die bereits bisher bekannten Ausnahmen bestehen, seine Wohnung verlassen zu dürfen, um zur Arbeit zu kommen oder andere dringende Erledigungen zu machen, wie z. B. Arztbesuche oder der Einkauf von Lebensmitteln.

Problematisch ist jedoch, dass, wenn der Vater das Kind behalten sollte trotz Beschleunigungsgebot in Kindschaftssachen nach § 155 FamFG, schnelle gerichtliche Hilfe nicht zu erwarten ist. Die Gerichte arbeiten bis auf Weiteres im Notbetrieb, d. h., es werden nur dringende Angelegenheiten bearbeitet und derzeit auch so gut wie alle anstehenden Gerichtstermine aufgehoben und frühestens Ende April/Mai 2020 neu terminiert. Aufgrund der derzeit extrem dynamischen Ausbreitung des Virus kann jedoch keiner sagen, wann der „Normalbetrieb“ wieder aufgenommen werden kann.

Es ist daher im Zweifel durch den betreuenden Elternteil selbst abzuwägen, ob das Kind zum Zwecke des Umgangs an den anderen Elternteil herausgegeben wird.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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