Umgangsrecht: Eltern können auch gegen ihren Willen zum Umgang verpflichtet werden!

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Das Bundesverfassungsgericht urteilte bereits im Jahre 1995, dass das Umgangsrecht dem Elternteil, bei dem das Kind nicht ständig lebt, ermöglichen soll, sich mit eigenen Augen vom Befinden und der Entwicklung des Kindes zu überzeugen und die verwandtschaftliche Beziehung zu pflegen!

Doch was, wenn dieses Elternteil den Umgangskontakt mit dem Kind ablehnt? In diesem Rechtstipp greifen wir eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 11.11.2020, Az.: 3 UF 156/20) auf, in dem ein Vater wegen starker beruflicher Auslastung den Umgang zu seinen drei Söhnen verweigerte.

 

1. Die Eltern sind zum Umgang verpflichtet!

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Elternteil auch gegen seinen erklärten Willen verpflichtet ist, Umgangskontakte mit seinen Kindern wahrzunehmen. Denn der regelmäßige Austausch mit beiden Elternteilen dient dem Wohlbefinden und der Entwicklung des Kindes. Dieser Gesichtspunkt ist nach ständiger Rechtsprechung auch verfassungsrechtlich verankert.

Der oben angesprochenen Entscheidung des OLG Frankfurt am Main lag der folgende Sachverhalt zu Grunde: Ein getrenntlebendes Ehepaar, von denen beide Elternteile sorgeberichtigt sind, hat drei Söhne. Als der Vater aus der Ehewohnung auszog, ist sein Kontakt zu den Kindern nahezu eingeschlafen. Da es dem erklärten Wunsch der Söhne entsprach, den Umgangskontakt zum Vater auszubauen, leitete die Mutter schließlich ein gerichtliches Verfahren ein. Ziel war es, den Vater zu regelmäßigen Umgangskontakten mit den Söhnen zu verpflichten.

Diesem Ansinnen widersetzte sich der Vater mit folgender, in der Praxis häufig anzutreffender Begründung: Er arbeite bis zu 120 Stunden wöchentlich und bekäme täglich nur wenige Stunden Schlaf. Daneben habe er mit seiner neuen Freundin ein neugeborenes Kind, für das er sorgen müsse.

Schon in erster Instanz ließ sich das erkennende Amtsgericht hiervon nicht überzeugen und beschloss unter anderem, dass der Vater seine Söhne mindestens einen Sonntag im Monat zu sich nehmen muss!

 

 2. Verfassungsrechtliche Elternpflichten 

Der Vater, der sich mit der amtsgerichtlichen Entscheidung offenbar nicht abfinden mochte, legte Beschwerde ein. Ohne Erfolg, denn auch das OLG bestätigte die elterliche Umgangspflicht des Vaters. In seiner Begründung führte das Gericht unter anderem aus, dass das Kind des Schutzes und der Hilfe seiner Eltern bedarf, um zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit heranzuwachsen.

Mit der Verpflichtung der Eltern gegenüber dem Kind, es zu pflegen und zu erziehen, geht auf der Kehrseite auch das Recht des Kindes auf Pflege und Erziehung durch seine Eltern einher. Das verfassungsrechtlich garantierte Erziehungsrecht ist im Interesse des Kindes auszuüben. Demnach komme es dem Kindeswohl am nächsten, wenn das Kind durch regelmäßigen Umgang mit beiden Elternteilen die Möglichkeit hat, seine persönliche Bindung zu ihnen aufrechtzuerhalten und zu intensivieren.

 

3. Verstoß gegen die elterliche Erziehungspflicht

Die Richter am OLG erkannten weiter: Wer den Umgang mit seinem Kind verweigert, vernachlässigt grundsätzlich auch seine elterlichen Erziehungspflichten! Die enorme Arbeitsbelastung und privaten Verpflichtungen des Kindsvaters entschuldigen diese Vernachlässigung der Kinder nicht, so das OLG. Statt sich dem regelmäßigen Umgang mit seinen Kindern zu entziehen, solle der Vater sich vielmehr bemühen, seine Prioritäten neu auszurichten, ermahnten ihn die Richter in ihrem Beschluss.

 

4. Fazit

  • Eine Analyse des aktuellen Urteils zeigt, dass die Rechtsprechung im Umgangsrecht konsequent am Wohl des Kindes orientiert ist. Hierzu gehört in der Regel der Umgang mit beiden Elternteilen. So sieht es auch das Gesetz in § 1626 BGB vor. 
  • Die Eltern haben nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zum Umgang mit dem Kind. 
  • Das Umgangsrecht der Eltern ist Bestandteil des verfassungsrechtlich verbürgten Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 GG.


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