Unfallflucht – Fahrerflucht – Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort: Parkrempler und mögliche Folgen

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In Deutschland gibt es ca. 250.000 Ermittlungsverfahren wegen Unfallflucht pro Jahr. Damit ist die Unfallflucht unter den Verkehrsdelikten neben der Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c StGB), der Fahrlässigen Körperverletzung (§ 229 StGB) und der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) das am häufigsten vorkommende Delikt.

Der Tatbestand ist schnell verwirklicht: Nach dem Einkaufen hat man die Einkäufe kurzerhand im Auto verstaut und setzt zum Ausparken zurück. In diesem Moment stößt man rückwärts gegen einen Pkw der nächsten Parkreihe. Man steigt aus, besieht sich den kleinen Lackkratzer am anderen Auto. Da man unter Zeitdruck steht oder keine Lust hat auf den Fahrzeughalter zu warten, entscheidet man sich kurzerhand dazu, einen Zettel mit seinen Kontaktdaten an die Windschutzscheibe zu klemmen und fährt dann mit gutem Gewissen nach Hause.

Tatbestand erfüllt

Wie viele andere hat sich der Fahrer unseres Beispielfalls gerade wegen Unfallflucht strafbar gemacht. Denn der Tatbestand ist erfüllt, wenn Sie sich als Unfallbeteiligter vom Unfallort entfernen, bevor Sie

a) zugunsten des Geschädigten die Feststellung Ihrer Person, Ihres Fahrzeugs, und der Art Ihrer Unfallbeteiligung durch Ihre Anwesenheit und durch Angabe, dass Sie am Unfall beteiligt sind, ermöglicht haben

oder

b) eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet haben, ohne dass jemand bereit war, diese Feststellungen zu treffen.

Warum es nicht ausreicht einen Zettel zu hinterlassen

Auch wenn der Irrtum weit verbreitet ist: Das Hinterlassen des Zettels an der Windschutzscheibe war hier nicht ausreichend. Denn der Fahrer hat gegen seine Wartepflicht verstoßen. Befindet sich der Geschädigte nicht vor Ort, muss der Schädiger eine angemessene Zeit abwarten. Auch wenn es keine starre Zeitgrenze gibt, kann als Faustformel davon ausgegangen werden, dass Wartezeiten von weniger als 30 Minuten in der Regel nicht als angemessen angesehen werden.

Mögliche Folgen einer Unfallflucht - Geldstrafe oder Freiheitsstrafe?

Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt. Wer verurteilt wird, kann mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Als Ersttäter ohne Voreintragungen im Bundeszentralregister wird Unfallflucht regelmäßig mit einer Geldstrafe bestraft. Insbesondere die Unfallfolgen, also die Höhe des Sachschadens oder die Art des Personenschadens beeinflussen die Art der Strafe. Hält das Gericht eine Freiheitsstrafe für angemessen, kann diese häufig zur Bewährung ausgesetzt werden.

Nebenfolge: Verlust der Fahrerlaubnis?

Wurden Sie wegen Unfallflucht verurteilt, entzieht Ihnen das Gericht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass Sie zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet sind. Dies ist immer dann der Fall, wenn Sie wissen oder wissen können, dass bei dem Unfall ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden ist oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist. Insbesondere die zweite Alternative, also ein bedeutender Sachschaden ist schneller erfüllt, als gedacht. Dieser liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen bei ca. 1.300, - Euro. Diese Schadenshöhe ist selbst bei einem Parkrempler schnell erreicht.

Auch wenn der Schaden unter dieser Grenze liegt, kann Ihr Führerschein trotzdem betroffen sein. Das Gericht hat die Möglichkeit, neben der Hauptstrafe als Nebenstrafe ein Fahrverbot von bis zu sechs Monaten auszusprechen.

Der Unterschied zwischen Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis besteht darin, dass Sie nach Ableistung eines Fahrverbotes Ihren Führerschein zurückerhalten und wieder fahren dürfen. Demgegenüber müssen Sie die Fahrerlaubnis nach der Entziehung wieder neu beantragen.

Vorgehen als Betroffener

Wird Ihnen von der Polizei der Vorwurf einer Unfallflucht gemacht, sollten Sie zunächst immer von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und sich anschließend an den Anwalt Ihres Vertrauens wenden.

Der Staatsanwalt entscheidet anhand des Inhaltes der polizeilichen Ermittlungsakte über Ihre Strafbarkeit. Unbedachte Äußerungen gegenüber der Polizei im Vorfeld können – einmal in die Ermittlungsakte gelangt – die Verteidigung erheblich erschweren oder die Erfolgsaussichten vollständig zunichtemachen. Ihr Rechtsanwalt kann für Sie im ersten Schritt Akteneinsicht beantragen und anschließend anhand des Akteninhalts gemeinsam mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie festlegen.

Verhalten gegenüber der Kfz-Haftpflichtversicherung

Auch wenn das Schweigen gegenüber der Polizei im Zweifel zunächst immer das richtige Vorgehen darstellt, birgt ein Schweigen gegenüber der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung stets die Gefahr einer Obliegenheitsverletzung. Als Versicherungsnehmer haben Sie nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen die Pflicht zur Schadensmeldung und zur Aufklärung. Kommen Sie dieser Pflicht aus Angst vor Bestrafung nicht nach, kann dies zum Verlust des Versicherungsschutzes im Innenverhältnis führen. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass Ihre Versicherung den von Ihnen verursachten Schaden zwar an den Geschädigten ausgleicht, diesen jedoch zumindest anteilig von Ihnen erstattet verlangt.

Auch das Vorgehen hinsichtlich Ihrer Versicherung sollten Sie vor der Unfallmeldung mit Ihrem Anwalt abstimmen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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