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Der Fahrradunfall und seine rechtlichen Folgen – Gefahren mit dem Zweirad

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Der Fahrradunfall und seine rechtlichen Folgen – Gefahren mit dem Zweirad

Experten-Autor dieses Themas

Es vergeht leider kaum ein Tag, an dem wir nichts von Verkehrsunfällen hören. Besonders schlimm trifft es oft die Fahrradfahrer auf unseren Straßen. Laut einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes gab es im Jahr 2021 über 91.000 Unfälle mit Fahrradbeteiligung.* Auch wenn die Zahl zum Vorjahr leicht zurückgegangen ist, ist sie trotzdem erschreckend. 

Es gibt viele mögliche Ursachen für Fahrradunfälle: teils vom Fahrradfahrer selbst verschuldet, teils von einem Pkw oder von anderen Verkehrsteilnehmern verursacht. „Vorsicht und gegenseitige Rücksichtnahme“ kennen wir aus § 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO). Jedoch ließe sich der eine oder andere Verkehrsunfall sicherlich vermeiden, wenn wir uns alle täglich erneut daran erinnerten. 

* Beteiligte an Unfällen mit Personenschaden nach Art der Verkehrsbeteiligung. Destatis, 2022. 

Fahrradunfall und Versicherung

Oft stellt sich nach einem Unfall, in den ein Fahrrad involviert war, die Frage, wer für die Schäden aufkommt. Wie auch bei einem anderen Verkehrsunfall haftet grundsätzlich der Unfallverursacher, also derjenige, der Schuld an dem Unfall hat. Sind die Unfallursache und die Schuldfrage nicht eindeutig und die Parteien sind sich uneinig, wird meist ein Gutachter hinzugezogen, um das aufzuklären. Es haftet also die private Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers für die Schäden beim Unfallgegner. Bei Verletzungen zahlt diese Haftpflichtversicherung auch Schmerzensgeld. 

Sollten Sie über keine private Haftpflichtversicherung verfügen, kann so ein Fahrradunfall, den Sie verursacht haben, sehr schnell sehr teuer werden. Sie müssen für sämtliche Schäden am fremden Eigentum aufkommen und eventuell zu zahlendes Schmerzensgeld aus eigener Tasche bezahlen. Haben Sie einen unverschuldeten Fahrradunfall auf dem Weg zur oder von der Arbeit, dann greift hier die gesetzliche Unfallversicherung (Arbeitgeber). Diese übernimmt auch etwaige medizinische Behandlungskosten und kommt für Lohnersatzzahlungen auf. 

Sollte beim Fahrradfahrer Alkohol mit im Spiel gewesen sein, können die Versicherungsleistungen teilweise oder sogar komplett gestrichen werden. Ebenso können der Verlust des Führerscheins, die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Untersuchung (umgangssprachlich „Idiotentest“) oder sogar das Verbieten des Radfahrens die Folge sein. Übrigens: Auch Kinder können bereits ab zehn Jahren haften, wenn deren Einsichtsfähigkeit gegeben ist (die Fähigkeit des Kindes, Gefahren zu erkennen und Schäden zu vermeiden). 

Fahrradunfall mit einem Auto: So verhalten Sie sich richtig

Ein Fahrradunfall mit Beteiligung eines Pkw kommt leider immer wieder vor. Besonders jetzt, wo es immer früher dunkel wird, ist erhöhte Vorsicht geboten. So sehen abbiegende Autos den Fahrradfahrer oftmals nicht oder erst zu spät. Fahrradfahrer wiederum fahren teilweise ohne ausreichende Beleuchtung oder auch mal über eine rote Ampel. Doch egal, wer den Unfall verursacht hat: Jeder Unfall ist einer zu viel. Wie verhält man sich nun, wenn es so einen Verkehrsunfall mit Beteiligung eines Fahrradfahrers und eines Autofahrers gegeben hat? 

Hier muss man grundsätzlich genauso vorgehen wie bei einem Autounfall: 

  • Ruhe bewahren 

  • die Unfallstelle absichern 

  • Erste Hilfe leisten (sollte es Personenschäden geben), und wenn nötig, den Notruf (112) wählen 

  • gegebenenfalls die Polizei verständigen (bei großen Sachschäden oder Personenschäden) 

Ansonsten ist es immer ratsam, zur späteren Klärung von etwaigen Ansprüchen die Daten des Unfallgegners aufzunehmen und den Unfallhergang so gut und genau wie möglich zu dokumentieren. Dafür sollten unbedingt aussagekräftige Fotos erstellt werden. Die Versicherung des Unfallverursachers bzw. bei einem Arbeitsunfall (der sogenannte Wegeunfall) die zuständige Berufsgenossenschaft sollte ebenfalls zeitnah informiert werden. Sollten Verletzungen vorliegen, müssen diese ärztlich attestiert und der Versicherung gemeldet werden. 

Fahrerflucht/Unfallflucht bei Fahrradunfall

Immer wieder hören wir von Fällen, in denen beispielsweise ein Fahrradfahrer einem abbiegenden Pkw ausweichen musste und in der Folge dann stürzte. Leider halten in diesen Fällen einige Autofahrer nicht an. Und damit wiederum hat der Autofahrer möglicherweise gleich zwei Straftaten begangen: zum einen die sogenannte „Fahrerflucht“ (unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB), zum anderen hat der Autofahrer sich unter Umständen auch der unterlassenen Hilfeleistung (§ 323c StGB) strafbar gemacht. 

Oft hört man vor Gericht dann die Aussage, dass ja gar nichts passiert sei oder das Geschehen gar nicht bemerkt wurde. Doch man macht sich bei einem Verkehrsunfall der Fahrerflucht/Unfallflucht strafbar, wenn man sich vom Unfallort entfernt, ohne dem Betroffenen seine Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen, oder wenn man keine angemessene Zeit abwartet, um ihm diese geben zu können. Hier drohen unter anderem Geld- oder Freiheitsstrafe sowie ein Punkt für das Punktekonto in Flensburg. 

Kann auch ein Fahrradfahrer, der keine Fahrerlaubnis besitzt, strafbare Unfallflucht begehen?

Die Antwort lautet: ja, auf jeden Fall! Es kann sogar ein Fußgänger auf dem Supermarktparkplatz mit seinem Einkaufswagen Unfallflucht begehen. In einem Fall (Urteil des OLG Koblenz MDR 1993, 366) rollte ein Einkaufswagen eines Kunden gegen ein parkendes Auto, als der Kunde seine Einkäufe in sein Auto lud. Der Einkaufswagen rollte gegen ein anderes Fahrzeug und beschädigte es. Hier wurde entschieden, dass der Einkaufswagenbenutzer eine angemessene Frist auf den Autofahrer des beschädigten Autos hätte warten müssen, um diesem seine Kontaktdaten zu übermitteln. Wenn die angemessene Wartezeit überschritten wird und der Geschädigte nicht auftaucht, muss die Polizei gerufen werden. Da dies nicht erfolgte, lag nach Ansicht des OLG eine Unfallflucht vor. 

Auch Fahrradfahrer, die mit ihrem Rad beispielsweise gegen einen Pkw straucheln oder deren Lenker ein Auto schrammt, dürfen nicht einfach weiterfahren. Auch wenn sie selbst keinen Schaden feststellen können, müssen sie dennoch auf den Autofahrer warten, um ihm gegenüber Angaben zur eigenen Person machen zu können. 

Fahrradunfall ohne Helm

Fahrradfahrer haben im Gegensatz zum Autofahrer keine Knautschzone. Ohne einen schützenden Helm kann ein Fahrradunfall tragische Folgen haben. Im Artikel des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr vom 06. September 2019* sagte Anika Wichmann, Unfallchirurgin im Unfallkrankenhaus Berlin: „Ich verstehe nicht, warum Menschen die Gefahren so ausblenden. Bei jedem zweiten getöteten Radfahrer sind Kopfverletzungen die Ursache. Mit einem Helm kann ich das Risiko extrem minimieren. Und es muss ja nicht immer der Tod sein. Es reicht ja schon, wenn man lebenslange Schäden davonträgt.“ 

Gesetzlich betrachtet gibt es in Deutschland aber keine Helmpflicht, auch wenn diese immer mal wieder diskutiert wird. Und so trifft den Fahrradfahrer ohne Helm bei einem unverschuldeten Unfall grundsätzlich auch keine Teilschuld. Doch auch wenn von einer grundsätzlichen Mitschuld nicht ausgegangen werden darf (Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17.06. 2014, Az.: VI ZR 281/13), fallen verschiedene Gerichtsurteile dazu nicht immer einheitlich aus. 

Fahrradfahren hat zahlreiche positive Effekte auf unseren Körper und unsere Seele. Fahren Sie aber bitte umsichtig, um die hier aufgezeigten juristischen Folgen zu vermeiden. Und nun wünsche ich „Allzeit gute Fahrt“. 

* Kopflose Radfahrende: Was eine Unfallärztin über Fahrradhelme denkt. In: Runter vom Gas, 2019. 

Foto(s): ©Adobe Stock/standret

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