Ungleichbehandlungen von ungeimpften Personen | am Arbeitsplatz oder öffentlichen Leben

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Handlungsmöglichkeiten von Ungeimpften bei Benachteiligungen, aufgrund des Impfstatus

Mit dem Auslauf des bisherigen Infektionsschutzgesetzes am 19. März 2022 wurde vom Bundestag und Bundesrat für die Zeit ab dem 20. März ein neues Infektionsschutzgesetz beschlossen. Mit diesem sollen die individuellen Bundesländer bekräftigt werden, eigene Schutzvorkehrungen zu beschließen. 

Der Katalog an möglichen Maßnahmen ist jedoch maßgeblich auf Bereiche wie zum Beispiel den öffentlichen Personenverkehr, Unterkünfte für Geflüchtete und medizinische Einrichtungen, darunter Krankenhäuser, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste, Arztpraxen etc., beschränkt. In diesen Bereichen können Maßnahmen wie die Maskenpflicht weiterhin angeordnet werden. 


Diskriminierung Ungeimpfter - Keine Lohnfortzahlung bei Krankheitsfällen mit Corona?

Ungeimpfte Personen können, auch nach der neuen Verabschiedung des Infektionsschutzgesetzes und dem damit einhergehenden Wegfall vieler Corona-Schutzmaßnahmen, Benachteiligungen erfahren. 

Ein Beispiel für Benachteiligungen ungeimpfter Personen wäre es, wenn der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung im Falle eines Krankheitsfalls wegen Corona verweigert. Eine entsprechende Entschädigung kann bereits seit dem 1. November 2021 nicht mehr durch das Infektionsschutzgesetz erlangt werden. Entsprechend § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG erhalten Betroffene keine Entschädigung, die durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können. Ausnahmen von dieser Regelung bilden Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen konnten und dies durch ein entsprechendes Attest belegen können.

Personen, die an Covid-19 erkranken und nicht geimpft sind, können weiterhin einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung und Krankheitsgeld gem. § 3 Abs. 1 Entgeltfortzahlungsgesetz geltend machen. Hierfür spielt es keine Rolle, dass hinsichtlich der Erkrankung eine Quarantäne behördlich angeordnet wurde. Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung kann jedoch gefährdet sein, wenn die Erkrankung vom Betroffenen selbst verschuldet wurde. Für ein Nichtbestehen des Anspruchs ist es noch nicht ausreichend, dass beispielsweise eine Reise in ein Risikogebiet getätigt wurde. Dies vor allem dann, wenn die empfohlenen Verhaltensregeln eingehalten wurden. Es muss zusätzlich darauf ankomme, ob der betroffene Arbeitnehmer die Erkrankung leichtfertig oder sogar vorsätzlich herbeigeführt hat. Wann ein solcher Fall vorliegt, hängt jedoch von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab.

Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) können sich hinsichtlich Benachteiligungen aufgrund des Impfstatus nicht unmittelbar ergeben, da der Impfstatus als solcher nicht unter die, in § 1 AGG, geschützten Merkmale fällt. Gegebenenfalls können Ansprüche entstehen, wenn es zu Benachteiligungen wegen einer fehlenden Impfung kommt, jene aber zum Beispiel aufgrund einer Schwangerschaft oder sonstiger medizinischer Gründe nicht wahrgenommen werden konnte. In einem solchen Falle könnte eine mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts angenommen werden. Ob eine mittelbare Benachteiligung vorliegt, ist anhand der Umstände des Einzelfalls von einem Gericht zu bestimmen.


Zutrittsverbote zum Arbeitsplatz für ungeimpfte Arbeitnehmer?

Ebenfalls könnte es zu Diskriminierungen ungeimpfter Arbeitnehmer kommen, indem jenen der Zutritt zum Arbeitsplatz erst gewährt wird, wenn diese einen Impfnachweis vorlegen. Ein solcher Fall könnte vorkommen, wenn Arbeitgeber von ihrem Hausrecht Gebrauch machen. Durch dieses ist es Arbeitgebern möglich, im Einzelfall zu entscheiden, wem Zutritt zum Betrieb gewährt wird. 

In diesen Fällen besteht jedoch Uneinigkeit, ob einem Arbeitgeber ein solches Fragerecht bezüglich des Impfstatus seiner Arbeitnehmer zusteht.  Hierbei kommt es vor allem zu datenschutzrechtlichen Problemen, weil die geforderten Informationen zum Impfstatus des Arbeitnehmers schützenswerte Gesundheitsdaten gem. Art. 9 Datenschutz-Grundverordnung sind. Folglich könnte der Arbeitgeber gegen das gesetzliche Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB verstoßen. Demzufolge ist eine Benachteiligung von Beschäftigten untersagt, wenn diese zulässigerweise ihre Rechte ausüben. Dadurch, dass derzeit keine rechtsverbindliche Impfpflicht in Deutschland besteht, könnte eine durch § 612a BGB untersagte Benachteiligung vorliegen, wenn Arbeitnehmern der Zugang zum Arbeitsplatz nur durch das Vorlegen eines Impfausweises gestattet wird.


Diskriminierung durch Arbeitskollegen

Diskriminierungen oder Mobbing können am Arbeitsplatz auch durch Arbeitskollegen getätigt werden. In einem solchen Fall sollten jegliche diskriminierenden Handlungen dokumentiert werden und zuerst mit dem Arbeitgeber über die Situation gesprochen werden. 

Ungeimpfte Personen, die wegen ihres Impfstatus Diskriminierungen oder Mobbing erfahren, stehen mögliche Ansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz nicht unmittelbar zu. Nach dem AGG werden unmittelbar die in § 1 AGG aufgeführten Merkmale vor Ungleichbehandlungen geschützt. Der Impfstatus als solcher ist nicht umfasst. Allenfalls können sich Ansprüche aus dem AGG ergeben, wenn eine Person eine Impfung beispielsweise wegen einer Schwangerschaft oder anderer medizinischer Gründe nicht wahrnehmen konnte. Solche mittelbaren Diskriminierungen sind vom Schutz des AGG umfasst. In diesen Fällen sollten Betroffene vermeintliche Diskriminierungen dokumentieren und Kontakt mit einem Anwalt aufnehmen. 

Nehmen die diskriminierenden Handlungen ein verschärftes Maß an, zum Beispiel, wenn Betroffene körperlich verletzt/misshandelt werden, könnten Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld beispielsweise gem. §§ 823ff., 249 ff. und 253 II BGB begründet werden. Ob die Bedingungen für einen solchen Anspruch vorliegen, ist anhand des Einzelfalls zu prüfen.


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Quellen

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/was-wir-machen/projekte/Corona/geimpft_genesen/geimpft_genesen_node.html#:~:text=aus%20zwingenden%20medizinischen%20Gr%C3%BCnden%20nicht,besondere%20Diskriminierungsschutz%20des%20AGG%20nicht.

https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/was-wir-machen/projekte/Corona/geimpft_genesen/geimpft_genesen_node.html#:~:text=aus%20zwingenden%20medizinischen%20Gr%C3%BCnden%20nicht,besondere%20Diskriminierungsschutz%20des%20AGG%20nicht

https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/aenderung-ifsg-maskenpflicht-hausrecht-supermaerkte-unternehmen-corona-rechtsfragen-praktische-probleme/

https://verfassungsblog.de/privilegien-diskriminierung-oder-was/

https://www.nzz.ch/meinung/corona-impfpass-der-vorwurf-der-diskriminierung-greift-zu-kurz-ld.1590674

https://www.arbeitnehmerkammer.de/service/bam/ausgaben/ausgabe-septemberoktober-2016/arbeitsrechts-infos-rund-um-das-coronavirus.html

https://rechtsanwaltkaufmann.de/allgemeinrecht/diskriminierung-ungeimpfter

Foto(s): Foto von Yan Krukov von Pexels

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