Urlaubsabgeltung bei langer Krankheit des Arbeitnehmers – so schützen Sie sich als Arbeitgeber mit nur zwei Schritten

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Wenn ein lange Zeit erkrankter Mitarbeiter das Unternehmen verlässt, dann müssen Sie als Arbeitgeber den nicht genommenen Urlaub auszahlen, § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BurlG). Diese Folge lässt sich nicht durch eine Regelung im Arbeitsvertrag ausschließen. Je nach Einkommen und Dauer der Erkrankung kann die zu zahlende Urlaubsabgeltung durchaus einen fünfstelligen Betrag erreichen und gerade kleinere Betriebe an den Rand der Leistungsfähigkeit bringen. Erfahren Sie, wie Sie in zwei Schritten auf Basis der aktuellen Rechtsprechung rechtzeitig handeln und dass für Sie Mögliche tun.

Erster Schritt: Aktualisieren Sie Ihren Arbeitsvertrag

Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts bezieht sich immer nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub nach dem Bundesurlaubsgesetz. Viele Arbeitnehmer erhalten aber darüber hinaus noch zusätzlichen Urlaub, 30 Urlaubstage pro Jahr sind häufig.

Unterscheiden Sie daher in Ihrem Arbeitsvertrag zwischen dem Mindesturlaub und dem zusätzlichen vertraglichen Urlaub. Schreiben Sie also nicht: „Der Mitarbeiter erhält jährlich 30 Arbeitstage Erholungsurlaub“, sondern differenzieren sie deutlich zwischen den beiden Varianten. Dann gelten nicht automatisch die Regeln des BUrlG auch für den vertraglichen Anspruch. Sie können  regeln, dass der vertragliche Zusatzurlaub immer erlischt, beispielsweise am Jahresende oder zu einem bestimmten Zeitpunkt im Folgejahr. Auch die Abgeltung des Zusatzurlaubs dürfen Sie ausschließen.

Zweiter Schritt: Informieren Sie Ihre Mitarbeiter über den Urlaubsverfall am Jahresende

Der Europäische Gerichtshof und das Bundesarbeitsgericht haben entschieden, dass Urlaub am Jahresende nur verfällt, wenn Arbeitgeber ihre Mitarbeiter klar und deutlich auf diese Konsequenz hingewiesen haben. Dieser Hinweis muss sich auf ein konkretes Jahr beziehen, also individuell gegeben werden. Damit ist es ausgeschlossen, dies bereits im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung zu regeln (BAG, Urteil vom 19.02.2013 – 9 AZR 423/16).

Ganz aktuell hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, wie zügig diese Information gegeben werden muss und damit ein praktisches Problem gelöst (BAG, Urteil vom 31.01.2023 - 9 AZR 107/20): Wenn ein Mitarbeiter im Laufe des Jahres krank wurde und es für den Rest des Jahres blieb, dann konnten viele Arbeitgeber nicht mehr informieren; beispielsweise, weil die Information immer erst im Herbst gegeben wurde. Der Urlaub dieses Jahres verfiel dann nicht.

Jetzt gilt: Sie sollten Ihre Arbeitnehmer unverzüglich zu Beginn des Urlaubsjahres auf den Verfall ihres Urlaubs hinweisen, wenn sie diesen nicht im Laufe des Jahres in Anspruch nehmen. „Unverzüglich“ bedeutet nach der Rechtsprechung „binnen einer Woche“. Entscheidend ist dabei der Zugang der Information bei Ihren Mitarbeitern. Wenn Sie zu Beginn des Jahres Betriebsferien haben, verschiebt sich der Beginn der Wochenfrist nach hinten.

Wenn Sie die Wochenfrist verpassen, so hat das keine unmittelbar nachteiligen Folgen. Der Urlaub bleibt ihren Mitarbeiter nur in dem Umfang erhalten, wie sie ihn in dem Zeitraum zwischen Erhalt der Information und der Krankheit hätten nehmen können. Wenn Sie also beispielsweise die Information erst am 20. Januar geben, dann könnte der Mitarbeiter ab dem 21. Januar 30 Tage Urlaub nehmen. Würde er am 1. Februar krank, dann wäre nur die denkbaren Urlaubstage zwischen dem 21. und dem 31. Januar verfallen, die restlichen Tage blieben erhalten, weil er sie aufgrund der Krankheit nicht nehmen könnte. Würde der Mitarbeiter am 1. April krank, so hätte er bis zu diesem Zeitpunkt seinen kompletten Jahresurlaub nehmen können, nicht genommener Urlaub würde damit vollständig verfallen.

Alles Theorie, oder? Nützt mir das in der betriebliche Praxis?

Sicher. Hier geht es darum, die Rechtslage zu Ihren Gunsten zu gestalten und für künftige Fälle vorzusorgen. Sie wissen zwar nicht, was in der Zukunft geschieht. Aber Sie können Zeit auch nicht zurückdrehen und Fehler in der Vergangenheit korrigieren, wenn von Ihnen Urlaubsabgeltung verlangt wird.

Für aktuelle Fälle müssen Sie im Einzelfall prüfen, für welche Jahre Urlaubsabgeltung gezahlt werden muss. Hier können sich aufgrund von Länge der Arbeitsunfähigkeit, Beendigungsdatum und Ausschlussfristen erhebliche Abweichungen von geforderter und tatsächlich zu zahlender Urlaubsabgeltung ergeben.

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