Urlaubsansprüche sind erblich

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Entscheidung, die vom Europäischen Gerichtshof hierzu getroffen wurde (EuGH, Az. C-569/16 und C-570/16), zugunsten der Erben, hat weitreichende Auswirkungen. Ähnlich wie bei Vermögenswerten wie Autos, Möbeln, Bankguthaben, Immobilien und anderen Vermögenswerten, die dem Verstorbenen gehörten, wird auch der Barwert der nicht genommenen Urlaubstage des Verstorbenen als Teil seines Nachlasses betrachtet und kann von den Erben beim ehemaligen Arbeitgeber des Verstorbenen eingefordert werden. Dies urteilte das Gericht in Luxemburg. "Es ist daher ratsam, dass die Erben von Arbeitnehmern bei der Ermittlung des Nachlassvermögens überprüfen, ob der Verstorbene noch ausstehende Urlaubsansprüche hatte", erklärt Rechtsanwalt und Notar Dr. Philipp Sticherling, Mitglied der AG Erbrecht im DAV. "Falls der Arbeitgeber die Auszahlung der Ansprüche verweigern sollte, können sich die Erben nun auf den Europäischen Gerichtshof berufen."

Die Klage wurde von zwei Witwen eingereicht. Der Ehemann einer Klägerin war bis zu seinem Tod bei der Stadt Wuppertal beschäftigt und hatte Anspruch auf 25 Urlaubstage, die er bis zu seinem Tod nicht genommen hatte, was einer Vergütung von rund 5.800 Euro entsprach. Die andere Klägerin hatte Anspruch auf 32 Urlaubstage, die einen Wert von etwa 3.700 Euro hatten. Die Arbeitgeber weigerten sich jedoch, den Witwen das Geld für die nicht genommenen Urlaubstage auszuzahlen. Daher zogen die beiden Witwen vor Gericht und hatten in der ersten und zweiten Instanz Erfolg. Die Arbeitgeber wollten jedoch Klarheit und legten die Frage der Vergütung für Urlaubsansprüche im Erbfall dem Bundesarbeitsgericht vor, das sie an den Europäischen Gerichtshof verwies.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs klärte nicht nur, dass Urlaubsansprüche im Todesfall automatisch auf die Erben übergehen, sondern auch, dass dies für Nutzerdaten in sozialen Netzwerken wie Facebook gilt, wie der Bundesgerichtshof vor Kurzem entschied (Az.: III ZR 183/17).

Die gesetzliche Grundlage hierfür ist § 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der den Vonselbsterwerb regelt. Dort heißt es: "Mit dem Tod einer Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder mehrere andere Personen (Erben) über." Das bedeutet, dass im Todesfall alle Vermögenswerte des Verstorbenen sowie seine Verbindlichkeiten automatisch auf die Erben übergehen.

Die Frage, ob bestimmte Gegenstände, Forderungen und Rechte tatsächlich zum Nachlass gehören und somit auf die Erben übergehen, muss jedoch gelegentlich vor Gericht geklärt werden. In Bezug auf bis zum Tod aufgelaufene Urlaubsansprüche hat der Europäische Gerichtshof nun zugunsten der Erben entschieden, die somit Ansprüche gegenüber dem früheren Arbeitgeber des Verstorbenen geltend machen können. Dies ist jedoch anders, wenn es um den Abfindungsanspruch im Zusammenhang mit einer betriebsbedingten Kündigung geht, wenn der Arbeitnehmer vor Ablauf der Kündigungsfrist verstirbt. "In diesem Fall ist der Abfindungsanspruch nicht vererbbar, was bedeutet, dass die Erben keinen Anspruch darauf haben", erläutert Rechtsanwalt und Notar Dr. Sticherling. Dies wurde bereits 2007 vom Bundesarbeitsgericht entschieden. Wenn jedoch der Arbeitnehmer nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses verstirbt, ist der Abfindungsanspruch vererbbar.

Um sicherzustellen, dass nichts vom Nachlassvermögen verschenkt wird, ist es in jedem Fall ratsam, sich unmittelbar nach dem Erbfall professionell beraten zu lassen. Die Frist für die Ausschlagung der Erbschaft beträgt lediglich sechs Wochen, und in dieser Zeit müssen die Erben einen Überblick über das gesamte Vermögen des Verstorbenen erhalten, um ihre Rechte zu wahren.

Foto(s): www.kanzlei-steinwachs.de

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Stephan Steinwachs

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten