Urteil des EUGH vom 21.03.2023 (C-100/21) zum Abgasskandal- Und nun ?

  • 3 Minuten Lesezeit

Um dieses Video anzuzeigen, lassen Sie bitte die Verwendung von Cookies zu.

EuGH Urteil vom 21.03.2023: Schadensersatz im Dieselskandal bei fahrlässiger Handlung.  Mit Urteil vom 21.03.2023 (C-100/21) hat der EuGH entschieden, dass im Dieselskandal betroffene Autokäufer bereits dann Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn der Hersteller fahrlässig gehandelt hat. Was das Urteil konkret für betroffene deutsche Verbraucher bedeutet, erfahrt ihr in diesem Video.

Wer ein Auto mit unzulässiger Abgastechnik gekauft hat, kann künftig leichter Schadenersatz verlangen als bisher, sofern seit dem Kauf weniger als 10 Jahre verstrichen sind.


Nach dem heutigen Urteil des EUGH wird  die Rechtsprechung des BGH erneut in Frage gestellt.


Denn beim Bundesgerichtshof (BGH) hatten Verbraucher bisher nur dann eine Chance auf Schadenersatz, wenn sie vom Hersteller bewusst und gewollt auf sittenwidrige Art und Weise getäuscht wurden.

Diese strengen Kriterien waren offenkundig bislang nur beim VW-Skandalmotor EA189 erfüllt und so waren viele Klagen abgewiesen worden.

Dem EuGH genügt jetzt aber nun fahrlässiges Handeln – was sich leichter nachweisen lässt.

Einzige Voraussetzung : Es muss eine unzulässige Abschalteinrichtung und ein Schaden vorliegen

Im Klartext werden Hersteller hiernach nicht erst nach § 826 BGB, sondern bereits aufgrund einfacher Fahrlässigkeit nach § 823 II BGB haften und auch die Vorteilsausgleichung wird einzuschränken sein, insb. darf die Anrechnung der Nutzungen wohl nicht dazu führen, dass der Kaufpreisschaden vollständig aufgezehrt wird.

Nach der Vorgabe aus Luxemburg werden deutsche Zivilgerichte also die Frage des Nutzungsersatzes neu bewerten müssen.

Tausende Klagen ausgesetzt

Die Richter in Deutschland müssen diese Vorgaben nun umsetzen.

Um das EuGH-Urteil abzuwarten, hatten Gerichte aller Instanzen tausende von Diesel-Verfahren auf Eis gelegt, bei denen es auf diese Frage ankommt.

BGH-Verhandlung im Mai

Der „Dieselsenat“ des BGH hat für den 8. Mai bereits eine Verhandlung terminiert, in der er die sich möglicherweise ergebenden Folgerungen für das deutsche Haftungsrecht erörtern könnte, um den unteren Instanzen möglichst schnell Leitlinien an die Hand zu geben. Denn mit dem EuGH-Urteil sind noch längst nicht alle Fragen geklärt.

Grundsätzlich ist das EuGH-Urteil ein gutes Signal für den Verbraucherschutz

Es bedeutet aber nicht, dass Verbraucher den Kauf eines Fahrzeugs mit Thermofenster automatisch rückabwickeln oder Schadenersatz fordern können. Hierfür muss im Einzelfall festgestellt werden,

  •  dass  eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut wurde  
  • der Hersteller zumindest fahrlässig gehandelt hat und 
  • ein Schaden vorliegt.


Hintergrund des Verfahrens war eine Schadenersatz-Klage aus Deutschland gegen Mercedes-Benz wegen eines sogenannten Thermofensters in einem Mercedes 220 CDI. Thermofenster sind Teil der Motorensteuerung, die bei bestimmten Temperaturen  (auf dem Prüfstand) die Abgasreinigung drosseln.


Autohersteller argumentieren, das sei notwendig, um den Motor zu schützen. Wir sehen darin hingegen einen Trick, der dabei hilft, den Schadstoff-Ausstoß von Autos unter Testbedingungen kleiner erscheinen zu lassen, als sie es im realen Straßenverkehr sind.


Der EuGH entschied bereits in einem früheren Urteil, dass es sich beim Thermofenster um eine unzulässige Abschalteinrichtung handle - ließ aber Ausnahmen zum Schutz des Motors vor plötzlichen Gefahren zu.


Nun erklärte der EUGH für den vorliegenden konkreten Fall müsse das deutsche Gericht selbst feststellen, ob die Technik als unzulässig einzustufen sei.


Also  grundsätzlich ein sehr positives Urteil und es bleibt abzuwarten, was der BGH aus diesen Vorgaben macht.


Wichtig:

Es gibt eine absolute Verjährungsfrist von 10 Jahren, die taggenau berechnet wird. D.h., wenn Sie den PKW am 21.03.2013 gekauft haben sollten, verjährt der Anspruch mit dem heutigen Tag. Seriöserweise müsste man auch den Termin beim BGH am 08.05.2023 abwarten, da der BGH auch in der Vergangenheit oft für Überraschungen gesorgt hat.




Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Ellen Rohring

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten