Vater enterbt seinen Sohn – der Enkel kann seinen Pflichtteil fordern

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Das Oberlandesgericht Hamm (10 U 31/17) hatte darüber zu befinden, ob einem Enkel nach dem Tod seines Großvaters ein Anspruch auf seinen Pflichtteil zusteht.

In der Angelegenheit hatte der Erblasser am 20.04.1989 ein notarielles Testament errichtet. In diesem Testament hatte der Erblasser seine Lebensgefährtin und seinen Bruder als Erben zu je ½ eingesetzt.

Seine beiden Söhne X und Y hatte der Erblasser in seinem Testament von der Erbfolge ausgeschlossen. Er begründete dies in seinem Testament mit dem Umstand, dass seine beiden Söhne rauschgiftsüchtig seien. Außerdem verwies er darauf, dass sein Sohn X sich ihm gegenüber einer gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht habe. Für diese Straftat war der Sohn X auch tatsächlich im Jahr 1987 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden.

Nach dem Ableben des Erblassers im Jahr 2011 teilten sich die Lebensgefährtin und der Bruder des Erblassers das nicht unbeträchtliche Vermögen. Der Bruder erhielt einen Geldbetrag in Höhe von 1,04 Mio. Euro. Die Lebensgefährtin bekam Immobilien.

Im Dezember 2012 erhob ein Sohn des Sohnes X gegen die beiden Erben eine Pflichtteilsklage. Auf Grundlage der von den beiden Erben erteilten Auskunft bezifferte der klagende Enkel seinen Pflichtteil schließlich auf einen Betrag in Höhe von 936.969,50 Euro.

Das OLG Hamm gab dem Enkel Recht. Es verwies in seiner Entscheidung darauf, dass der Pflichtteilsanspruch des Klägers dem Grunde nach gegeben sei, da er mittels der vorgelegten Geburtsurkunde nachgewiesen habe, dass er der Enkel des Erblassers ist.

Weiter sei auch die Enterbung des Sohnes X durch den Erblasser als Voraussetzung für einen Pflichtteilsanspruch des Klägers gegeben und wirksam vom Erblasser in seinem Testament verfügt worden. Durch die Enterbung des Sohnes habe aber der Enkel weder sein Erb- noch sein Pflichtteilsrecht verloren. Dem Testament des Erblassers könne in diesem Zusammenhang nicht entnommen werden, dass der Erblasser auch Abkömmlinge seiner beiden Söhne habe enterben wollen.

Nachdem der geltend gemachte Pflichtteil auch nicht verjährt war, wurde das Urteil erster Instanz vom OLG bestätigt und der Bruder des Erblassers hatte den Pflichtteil in Höhe von knapp einer Million Euro an den Enkel des Erblassers zu bezahlen.

Sebastian Lohse, Rechtsanwalt und Mediator

Fachanwalt für Familienrecht, Spezialist für Erbrecht

Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht


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