Verfahrenskostenhilfe - Scheidung bei finanziellen Engpässen?

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Das Scheidungsverfahren kostet oftmals nicht nur Nerven sondern auch Geld. Es fallen zum einen Gerichtskosten an, da für die rechtskräftige Scheidung ein Beschluss des Familiengerichts erforderlich ist. Zum anderen besteht in Ehesachen Anwaltszwang, sodass auch Anwaltsgebühren fällig werden. Nach unserem Grundgesetz sind jedoch alle Menschen vor dem Gesetz gleich! Dementsprechend ist niemand gezwungen, an einer gescheiterten Ehe festzuhalten, nur weil die wirtschaftlichen Verhältnisse ein Scheidungsverfahren nicht zulassen. Der Staat hält für diese Fälle die Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe (PKH) bereit.

In diesem Rechtstipp gehen wir auf die staatliche Unterstützung im Scheidungsverfahren ein, erläutern, was die Kostenhilfe im Einzelnen abdeckt und wem sie zusteht.

1. Was ist Prozess- bzw. Verfahrenskostenhilfe?

Prozesskostenhilfe - kurz: PKH - ist der Grundkonzeption nach Sozialhilfe vor Gericht. In einem Rechtsstaat muss es jedem Menschen möglich sein, gerichtlichen Schutz beanspruchen zu können, selbst wenn er nicht über das für die Gerichts- und Anwaltskosten erforderliche Geld verfügt.

Auf Antrag kann das Gericht ratenfreie PKH bewilligen, sodass die einkommens- und vermögenslose Partei prinzipiell keine Gerichts- und Anwaltskosten begleichen muss. Das Anwaltshonorar übernimmt dann die Staatskasse! PKH erstreckt sich allerdings nicht auf die Kosten des Gegners. Verliert die bedürftige Partei also ihren Prozess, so muss sie die dem Gegner entstandenen Kosten erstatten. Das Gericht kann aber auch anordnen, dass der Antragsteller im Rahmen einer Raten- oder Einmalzahlung an den Kosten beteiligt wird.

Im familiengerichtlichen Verfahren nennt sich eine solche finanzielle Unterstützung des Staates Verfahrenskostenhilfe.

2. Wann bekomme ich Prozesskostenhilfe?

Um PKH erhalten zu können, müssen verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein.

Zunächst einmal ist ein entsprechender Antrag unter Verwendung der amtlichen Vordrucke bei Gericht zu stellen. Zuständig ist das Gericht, das sich auch mit dem Rechtsstreit - also dem Verfahren, für das Kostenhilfe beantragt wird - befassen wird. Übrigens: In die Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erhält der Prozessgegner keinen Einblick!

Darüber hinaus müssen die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. der begehrte Scheidungsantrag auch hinreichende Aussicht auf Erfolg haben und dürfen nicht mutwillig erscheinen. Dies überprüft das Gericht im Rahmen des sogenannten PKH-Verfahrens überblicksartig, um zu vermeiden, dass Steuergelder grundlos verwertet werden. Dabei muss lediglich hinreichende Erfolgsaussicht bestehen! Erfolgsgewissheit ist demgegenüber nicht erforderlich. Der Maßstab für die Bewilligung wird in der Praxis zwar nicht allzu streng angelegt. Im Einzelfall kann es jedoch an den hinreichenden Erfolgsaussichten fehlen.

Beispiel aus dem Scheidungsrecht

Wird ein Scheidungsantrag vor Ablauf des Trennungsjahres eingereicht, ist dieser grundsätzlich verfrüht gestellt. Mit Ausnahme eng umgrenzter Härtefälle nämlich wird das Gericht die Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres nicht scheiden. Eine dafür beantragte Verfahrenskostenhilfe ist daher wegen fehlender Erfolgsaussicht zu versagen (OLG Bamberg Beschl. v. 3.7.2019 – 2 WF 150/19).

Weiterhin müssen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse offengelegt werden. Hintergrund ist, dass zur Rechtsverfolgung zunächst einmal das persönliche Vermögen herangezogen werden soll, soweit es Ihnen zumutbar ist. Auch diese Entscheidung trifft das Gericht im PKH-Verfahren anhand der Angaben, die Sie bei Antragsstellung über Ihre finanziellen Mittel machen mussten. Während die genaue Berechnung der wirtschaftlichen Bedürftigkeit im Einzelfall schwierig sein kann, richtet sie sich im Grunde nach der Höhe des Nettoeinkommens.

3. Wie wird die Bedürftigkeit berechnet?

Ausgangspunkt bei der Bewertung der Bedürftigkeit des Antragstellers ist das Einkommen, wovon u.a. folgende Posten abgezogen werden:

  • Steuern, Werbungskosten und Vorsorgeaufwendungen
  • Grundfreibeträge für den Antragsteller
  • Freibeträge für Erwerbstätige und Unterhaltsberechtigte
  • Wohnkosten

Nach Abzug dieser Posten verbleibt das sogenannte „einzusetzende Einkommen“. Bleibt dieses hinter einem Betrag von 20 Euro zurück, kann der Partei ratenfreie Prozesskostenhilfe gewährt werden. Anderenfalls wird in der Regel eine Ratenzahlung angeordnet, die maximal auf eine Dauer von 48 Monaten angelegt ist und deren Höhe das Gericht festsetzt.

4. Fazit

Mit Verfahrens- bzw. Prozesskostenhilfe haben Sie die Möglichkeit Ihre gescheiterte Ehe scheiden zu lassen, auch wenn Sie sich in einem finanziellen Engpass befinden. Je nach Art der Bewilligung werden Anwalts- und Gerichtskosten von der Staatskasse gezahlt. Die Kostenhilfe kann einerseits als Darlehen gewährt werden. Je nach der Situation des Antragstellers ist aber andererseits auch eine finanzielle Unterstützung ohne Rückzahlungspflicht denkbar. Nehmen Sie bei Fragen zum Thema Scheidung und Verfahrenskostenhilfe jederzeit gerne Kontakt zu uns auf!


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