Veröffentlicht von:

Verjährung von Rückforderungsansprüchen bei überzahlter Beamtenversorgung

  • 3 Minuten Lesezeit

Die Besoldungs- und Versorgungsgesetze des Bundes und der Länder bestimmen einheitlich, dass sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung regelt, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist.

Danach gilt: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet“ (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB). „Die Verpflichtung zur Herausgabe oder zum Ersatz des Wertes ist ausgeschlossen, soweit der Empfänger nicht mehr bereichert ist“ (§ 818 Abs. 3 BGB). Die Herausgabepflicht ist somit ausgeschlossen, wenn der Empfänger entreichert ist. Ein typischer Fall der Entreicherung ist der Verbrauch des Erlangten.

Der Rückforderungsanspruch des Dienstherrn unterliegt allerdings der Verjährung. Dies ist vor allem dann zu beachten, wenn die Überzahlung auf Fehlern der Besoldungsstellen oder Versorgungsbehörden beruht und die Behörde den Fehler hätte vermeiden oder die Überzahlung erkennen können. Die Behörde kann sich nicht auf fehlende Kenntnis von der Überzahlung berufen, wenn diese Unkenntnis ihrerseits auf grober Fahrlässigkeit beruht. Eine Überzahlung kann z.B. dadurch entstehen, dass Rentenansprüche, die ein Beamter aus früheren Beschäftigungsverhältnissen erworben hat, nicht auf die Versorgung angerechnet werden. Die Anrechnung von Rentenansprüchen auf die beamtenrechtliche Versorgung ist gesetzlich vorgeschrieben und zwar selbst dann, wenn der Beamte die Rente nicht beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht hat zu einem solchen Fall mit Urteil vom 15.11.2016 entschieden, dass eine Behörde grob fahrlässig handelt, wenn sie konkrete Anhaltspunkte dafür hat, dass der Beamte aus früheren Beschäftigungen außerhalb des Beamtenverhältnisses Rentenansprüche erworben hat, die den Versorgungsanspruch mindern können und diese Ansprüche nicht aufklärt. Die Behörde muss aktiv Nachforschungen zum Bestehen und der Höhe eines Rentenanspruchs anstellen, wenn sich die Notwendigkeit solcher Nachforschungen förmlich aufdrängt.

BVerwG – 15.11.2016 – 2 C 9.15

Unterlässt sie solche Nachforschungen pflichtwidrig, hat dies Auswirkungen auf den Beginn der Verjährungsfrist. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger (also die Behörde) von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB). Die Behörde muss sich also so behandeln lassen, als hätte sie von Anfang an Kenntnis davon gehabt, dass die Versorgung falsch berechnet und zu hoch ausgezahlt wurde.

Dieser Rechtsprechung hat sich auch das Verwaltungsgericht Hannover in einem Urteil vom 26.08.2021 angeschlossen. Der Kläger war Beamter im Landesdienst. Er trat zum 01.02.2006 in den Altersruhestand. Vor der Berufung in das Beamtenverhältnis hatte er einige Jahre in der Wirtschaft gearbeitet und aus dieser Zeit Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Vor Eintritt in den Ruhestand teilte er der Versorgungsstelle seine früheren Beschäftigungszeiten mit und legte auch eine Auskunft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte über seine Rentenanwartschaften vor. Anhand dieser Auskünfte hätte der Behörde klar sein müssen, dass die Versorgung unter Berücksichtigung der Rentenansprüche zu kürzen ist. Gleichwohl wurde die Versorgung ungekürzt ausgezahlt. Der Beamte hatte dadurch keinen wirtschaftlichen Vorteil, denn die gesetzliche Rente hatte er zunächst gar nicht in Anspruch genommen. Erst im Zuge einer internen Prüfung durch den Landesrechnungshof im Jahr 2019 fiel die Überzahlung auf. Von dem Beamten wurden knapp 32.000,00 EUR zurückgefordert.

Im Klageverfahren stellte das Verwaltungsgericht fest, dass die Behörde bei der Nichtberücksichtigung der Rentenanwartschaften grob fahrlässig gehandelt habe. Die Behörde habe frühzeitig Kenntnis von dem Rentenanspruch gehabt. Die Nichtberücksichtigung dieses Anspruchs erfülle den Tatbestand der grob fahrlässigen Unkenntnis im Sinne der Verjährungsvorschriften. Das Gericht errechnete eine Verjährung der Ansprüche für die Zeit bis einschließlich 31.12.2016. Die Rückforderungssumme wurde entsprechend reduziert.

VG Hannover – Urteil vom 26.08.2021 – 2 A 3742/21


Dieser Beitrag dient zur allgemeinen Information und entspricht dem Kenntnisstand zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Eine individuelle Beratung wird dadurch nicht ersetzt. Jeder einzelne Fall erfordert fachbezogenen Rat unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände. Ohne detaillierte Beratung kann keine Haftung für die Richtigkeit übernommen werden. Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung des Verfassers.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Peter Koch

Beiträge zum Thema