Verkehrssicherungspflicht für Schleichwege?

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Jeder kennt das:

Im Winter muss der Gehsteig vor dem Haus von Schnee geräumt werden. Grundstückseigentümer sind darüber hinaus von vielerlei Verkehrssicherungspflichten betroffen, die mit dem Eigentum einhergehen.

Bei Verletzung der Verkehrssicherungspflicht: Schadensersatz

Wer seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachkommt, riskiert Schadensersatzansprüche gegen sich, falls auf dem Grundstück jemand stürzt oder ausrutscht. 

Diese sogenannten Verkehrssicherungspflichten betreffen grundsätzlich alle Wege und Zufahrten auf dem Grundstück.

Was ist bei Schleichwegen/Abkürzungen?

Fraglich ist jedoch, wie diese Frage bei Schleichwegen oder Abkürzungen zu beurteilen ist.

Solche Schadensfälle waren schon öfter Gegenstand der Rechtsprechung.

Die Rechtsprechung jedenfalls unterscheidet zwischen solchen Wegen, die bestimmungsgemäß dem Zugang oder der Zufahrt dienen und solchen, die bloß als Schleichweg oder Abkürzung genutzt werden.

Bei diesen ist charakteristisch, dass der jeweilige Eigentümer diese Wege nicht als solche angelegt hat, sondern die Nutzung allenfalls duldet.

Geringere Anforderungen

In diesen Fällen sind die Anforderungen an die Sicherungspflicht sehr viel geringer.

Vergleiche OLG Hamm, Urteil vom 16.05.2013, Az. 6 U 178/12:

"An den Inhalt der Sicherungspflichten dürfen im Fall der bloßen Duldung privaten Verkehrs keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden (OLG Brandenburg, OLG-Report 1995, 209). Die Anforderungen, die an die konkreten Sicherungsmaßnahmen auf einem dem allgemeinen (Fußgänger-)Verkehr gewidmeten öffentlichen Gehweg – meist auch auf der Grundlage kommunaler Satzungen – gestellt werden, können hierauf nicht übertragen werden. Für solche öffentlichen Gehwege gibt es in der Regel keine Alternative; der betroffene Fußgänger ist also auf deren Nutzung mehr oder weniger angewiesen. Im Falle der bloßen Duldung einer Nutzung durch Unbefugte muss dagegen in verstärktem Maße gelten, dass der geduldete Nutzer die private Verkehrsfläche grundsätzlich so hinnehmen muss, wie er sie vorfindet; ggf. bleibt ihm die Möglichkeit, von der Nutzung auf Grund der offenbaren Gefahren, die von dem Grundstück ausgehen, abzusehen. Eine Räum- und Streupflicht für private Wege oder Plätze ohne wirkliches Verkehrsbedürfnis mit reiner Abkürzungs- oder Bequemlichkeitsfunktion ist daher in der Regel zu verneinen (mwN)."

Problem: Nicht erkennbare Gefahren

Nach der Rechtsprechung gilt eine Sicherungspflicht bei solchen Wegen nur bei nicht erkennbaren Gefahren (beispielsweise ein nicht erkennbares tiefes Loch).

Vergleiche OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 08.09.2022, Az. 17 W 17/22:

"Es ist nicht Aufgabe der Ag., den Zuweg zu der Terrasse ihres Wohnhauses völlig gefahrlos gegen alle erdenklichen von dem Weg ausgehenden Risiken für die Nutzer auszugestalten. Die Ag. muss vielmehr in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise nur diejenigen Gefahren beseitigen, die für den Nutzer, der selbst die erforderliche Sorgfalt walten lässt, nicht erkennbar sind, mit denen dieser nicht rechnen muss und auf die er sich nicht einzurichten vermag."

Bei den sonstigen üblichen Gefahren (z.B. Glätte, Dunkelheit, Hindernisse) gilt:

Der jeweilige Benutzer muss den Schleichweg so hinnehmen wie er ist und sich auf die entsprechenden Gefahrenlage einstellen.

Die Rechtsprechung will so die Ausuferung von Haftungsrisiken begrenzen. Ansonsten müssten Grundstückseigentümer gegen jede mögliche Gefahrenquelle präventiv tätig werden.

Für jeden, der Schleichwege oder Abkürzungen nutzt, gilt daher: Hier ist besondere Vorsicht geboten, denn im Schadensfall kann es sein, dass der Eigentümer nicht ersatzpflichtig ist.

Robert Nebel, M.A.

Rechtsanwalt

Licenciado en Derecho




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