Verschweigen schwerer oder chronischer Erkrankungen – keine Leistungen aus der Versicherung

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Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte mit seinem Urteil darüber zu befinden, ob das Verschweigen schwerer oder chronischer Erkrankungen in der Berufsunfähigkeitsversicherung die Annahme einer Täuschung rechtfertigt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 05.02.2013 – 12 U 140/12).

Der Sachverhalt in Kürze

Der Versicherungsnehmer (Kläger), von Beruf Bauschlosser und Lagerarbeiter, beantragte im Januar 2001 bei der Beklagten eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Auf die Gesundheitsfrage im Antragsformular, ob er in den letzten 10 Jahren an Krankheiten, gesundheitlichen Störungen oder Beschwerden gelitten habe oder leide, antwortete er mit „Nein“. Auf die Frage nach Arztbesuchen gab er für den Januar 2001 „Angina“ und den Arzt an; auf die Frage nach Arzneimitteln in den letzten 12 Monaten die Einnahme eines Antibiotikums über 4 Tage.

Tatsächlich war der Versicherungsnehmer in dem nachgefragten Zeitraum arbeitsunfähig, 1994 4 Tage wegen Schulterbeschwerden und eines Überlastungssyndroms und 3 Tage wegen Konjunktivitis, 1996 13 Tage wegen einer Hämorrhoidalthrombose, 1997 insgesamt 8 Tage wegen Lumbago, 1998 34 Tage wegen einer Analthrombose mit einer Öffnung und einem ambulanten Schnitt, 1999 26 Tage wegen einer Perianalvenenthrombose mit späterer Perforation, eines Perianalekzems und Hämorrhoiden.

Die Berufsunfähigkeitsversicherung wurde antragsgemäß policiert. 2011 hat der Versicherungsnehmer bei dem Berufsunfähigkeitsversicherer Leistungen wegen Berufsunfähigkeit unter Hinweis auf „Rückenprobleme (Bandscheibe)“ beantragt.

Anfechtung wegen arglistiger Täuschung

Bei ihren Erkundigungen erfuhr die Versicherung von den Erkrankungen des Versicherungsnehmers vor Antragstellung und der Arbeitsunfähigkeit und hat deshalb die Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung erklärt.

Der Versicherungsnehmer wandte ein, dass er sich nicht mehr an die zur Arbeitsunfähigkeit führenden Vorerkrankungen habe erinnern können, außerdem sei ihm nicht klar gewesen, dass diese hätten angegeben werden müssen. Rückenschmerzen würden von medizinischen Laien nicht als Krankheiten angesehen.

Die Klage auf Zahlung einer monatlichen Berufsunfähigkeitsrente von ca. 900,00 EUR hat das Landgericht abgewiesen, weil der Versicherungsnehmer die Berufsunfähigkeitsversicherung mittels eines Betrugs erlangt habe.

Keine nachvollziehbare Begründung für das Verschweigen von Erkrankungen

Das Oberlandesgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Es führte im Wesentlichen aus, dass von einem arglistigen Verhalten schon dann auszugehen ist, wenn der Täuschende weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass er unzutreffende Angaben macht, und dass dadurch bei dem Empfänger seiner Erklärung eine falsche Vorstellung entsteht und diese ihn zu einer Erklärung veranlasst, die er bei richtiger Kenntnis der Dinge nicht oder nicht so abgegeben haben würde.

Für die Schulter- und Rückenbeschwerden hat der Versicherte Gründe für die Nichtangabe nicht nachvollziehbar dargelegt. Er mag die Beschwerden für sich genommen nicht für sehr bedeutsam und für eine Folge berufsbedingter Überlastung angesehen haben; bei mehrfachem Auftreten hätte sich ihm aber die Erkenntnis aufdrängen müssen, dass derartig überlastungsbedingte Beschwerden für den Versicherer erheblich sind.

Für die Arglist sprach nach Auffassung des Gerichts insbesondere die Nichtangabe der Thromboseerkrankungen, bei denen zweimal eine längere Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist und die bei Antragstellung noch nicht sehr lange zurücklagen. Nachvollziehbare Gründe für das Verschweigen hat der Versicherungsnehmer nicht genannt. Der Versicherer hätte bei Kenntnis der arglistig verschwiegenen Umstände den Versicherungsantrag nicht angenommen.

Ob die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch den Versicherer berechtigt ist, hängt immer vom Einzelfall ab. Der Versicherer ist zudem beweispflichtig für die Arglist des Versicherten. Der Versicherte ist daher gut beraten, seine Ansprüche rechtlich prüfen zu lassen, bevor er seine Ansprüche gegenüber dem Versicherer geltend macht. Gerichtsverfahren sind teuer und lassen sich meist auch vermeiden.

Als Anwältin für Versicherungsrecht in Hamburg vertritt sie Rechtsanwältin Anssari in allen Versicherungssparten in Hamburg und bundesweit.


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