Verstoß gegen Unterlassungserklärung: Wie reagieren, Vertragsstrafe und eine neue Unterlassungserklärung gefordert wird?

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Bei einem Wettbewerbsverstoß, einer Verletzung von Markenrecht, Design-Recht, Patentrecht, Urheberrecht, etc. wird im Rahmen einer Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert.

Hintergrund ist, dass die sogenannte Wiederholungsgefahr nur dann entfällt, wenn sich der Abgemahnte auf der einen Seite verpflichtet, den gerügten Verstoß zukünftig zu unterlassen, er auf der anderen Seite für den Fall der Zuwiderhandlung dem Abmahner eine Vertragsstrafe verspricht.

Aus diesem Grund heißt es auch strafbewehrte Unterlassungserklärung.

In einer Abmahnung wird zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. Die Abmahnung dient zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens. In der Regel soll dem Abgemahnten zunächst die Möglichkeit gegeben werden, ein gerichtliches Verfahren durch Abgabe einer Unterlassungserklärung zu vermeiden. Selbst wenn eine Abmahnung berechtigt ist, besteht jedoch keine Verpflichtung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Wird keine Unterlassungserklärung abgegeben, kann der Abmahner die Ansprüche gerichtlich durchsetzen. Eine derartige Reaktion ist für den Abgemahnten häufig eine günstigere Alternative, insbesondere dann, wenn die Einhaltung einer Unterlassungserklärung nicht 100%ig gewährleistet werden kann.

Dies gilt insbesondere für ganz grundsätzliche Verstöße, die immer wieder vorkommen können. Dazu gehört z.B. die Angabe von Grundpreisen, grundsätzliche Informationspflichten z.B. nach Textilkennzeichnungsverordnung beim Angebot von Kleidung oder Textilien, beim Angebot von Lebensmitteln, Lampen, Leuchten und sonstiger weißer Ware.

Immer dann, wenn aufgrund des Verstoßes und den angebotenen Produkten quasi bei jedem Produkt die Informationspflicht enthalten sein muss, kann es hoch riskant sein, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. In der Praxis ist es so, dass ein Anbieter von Lebensmitteln oder Textilien wegen fehlender Informationen (z.B. Grundpreise oder Textilkennzeichnungsverordnung) ja nicht nur ein Produkt aus dieser Branche anbietet, sondern häufig ausschließlich derartige Produkte. Hinzukommt, dass sich die Unterlassungsverpflichtung nicht nur auf die abgemahnte Plattform bezieht, sondern ganz grundsätzlich. Wer z.B. aufgrund eines Verstoßes bei Amazon abgemahnt wurde, muss natürlich auch darauf achten und dafür Sorge tragen, dass es nicht zu entsprechenden Verstößen auf anderen Plattformen, wie eBay, dem eigenen Internetshop, etc. kommt.

Eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung ist sehr lange wirksam. Nur in den seltensten Fällen ist es möglich, aus einer einmal abgegebenen Unterlassungserklärung z.B. über eine Kündigung oder Anfechtung wieder herauszukommen, wie dies z.B. teilweise von der Rechtsprechung bei einer Unterlassungserklärung gegenüber dem IDO – Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. angenommen wird (ganz aktuell zum IDO siehe hier vom OLG Rostock).

Gerade gegenüber sogenannten Abmahnvereinen, bei denen die Abmahnkosten relativ gering sind, wird häufig unbedacht eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben. Da diese Verbände sich mutmaßlich über Vertragsstrafen finanzieren, ist die Gefahr einer Vertragsstrafe sehr hoch.

Verstoß gegen Unterlassungserklärung: Vertragsstrafe und erneute Abmahnung

Die Motivation eines Abmahners, eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung zu überprüfen und im Falle des Verstoßes eine Vertragsstrafe geltend zu machen, ist hoch.

Immerhin gibt es für den Fall der Zuwiderhandlung Geld, und zwar in die Kasse des Abmahners.

Im Vergleich dazu ist die Motivation bei einem Unterlassungstitel, sei es eine einstweilige Verfügung oder einem Urteil ein Ordnungsgeld zu beantragen, bei Weitem nicht so hoch, da ein Ordnungsgeld in die Staatskasse geht. Vereinfacht gesagt hat der Abmahner von einem Ordnungsgeld keine finanziellen Vorteile.

Höhe der Vertragsstrafe

Die Höhe der geltend gemachten Vertragsstrafe hängt von mehreren Faktoren ab:

Zum einen kommt es darauf an, mit welcher Formulierung in der Vergangenheit eine Vertragsstrafe eingeräumt wurde. Hier gibt es zwei Alternativen: Entweder es wurde eine Vertragsstrafe mit einer festen Summe eingeräumt („für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die vorstehende Unterlassungserklärung an den Unterlassungsgläubiger einen Betrag in Höhe von 5.000,00 Euro zu zahlen…“).

Die andere Alternative ist eine Unterlassungserklärung nach dem sogenannten Hamburger Brauch. Bei einem Hamburger Brauch wird im Rahmen der Unterlassungserklärung keine feste Vertragsstrafe eingeräumt, sondern eine angemessene Vertragsstrafe, die für den Fall, dass die Parteien sich nicht einigen, in die Überprüfung eines Gerichtes gestellt werden kann.

Die Höhe der geltend gemachten Vertragsstrafe hängt im Übrigen von vielen Faktoren ab:

  • Um wie viele Verstöße handelt es sich?
  • Wird eine Vertragsstrafe für einen Verstoß oder für mehrere Verstöße geltend gemacht? Handelt es sich eher um einen Bagatellverstoß oder um eine weitreichende markenrechtliche Unterlassung z.B. In Fällen, in denen im Rahmen der Unterlassungserklärung eine feste Vertragsstrafe versprochen wurde, ist das Verhandeln über die Höhe der Vertragsstrafe häufig nicht einfach.

Sehr viel mehr Möglichkeiten zu Verhandlung hat der Abgemahnte bei einer Vertragsstrafenregelung nach Hamburger Brauch. Hier bietet es sich durchaus an, über die Höhe der Vertragsstrafe zu verhandeln.

Wir beraten Sie, wenn Ihnen gegenüber eine Vertragsstrafe geltend gemacht wurde und begleiten Sie bei Verhandlungen mit dem Abmahner.

Erneute Abmahnung

In der Rechtsprechung wird angenommen, dass bei einem Verstoß gegen eine abgegebene Unterlassungserklärung die sogenannte Wiederholungsgefahr wieder auflebt. Folge ist, dass wegen des Verstoßes, aufgrund dessen nunmehr eine Vertragsstrafe geltend gemacht wird, in der Regel auch noch einmal eine neue Abmahnung ausgesprochen wird.

Für diese Abmahnung werden Abmahnkosten geltend gemacht. Es wird zudem erneut eine Unterlassungserklärung gefordert.

Höhere Vertragsstrafe in der weiteren Unterlassungserklärung

Soweit ursprünglich eine Unterlassungserklärung mit einer festen Vertragsstrafe abgegeben wurde, nimmt die Rechtsprechung an, dass die sogenannte Wiederholungsgefahr bei der jetzt neu geforderten Unterlassungserklärung nur durch Einräumung einer höheren Vertragsstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung ausgeräumt werden kann. Vereinfacht gesagt war die ursprünglich abgegebene Unterlassungserklärung nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr auszuschließen. Dies kann somit nur durch die Einräumung einer höheren Vertragsstrafe in der weiteren Unterlassungserklärung erfolgen.

Wenn ursprünglich eine Unterlassungserklärung nach dem sogenannten Hamburger Brauch abgegeben wurde, hat der Abmahner ebenfalls einen Anspruch auf Abgabe einer erneuten Unterlassungserklärung. Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH, Urteil vom 01.12.2022, Az.: I ZR 144/21 „Wegfall der Wiederholungsgefahr III“) reicht es jedoch auch in diesen Fällen aus, wiederum eine Unterlassungserklärung nach Hamburger Brauch abzugeben. Eine Mindestsumme in dieser neuen Unterlassungserklärung ist nicht notwendig.

Weitere Unterlassungserklärung abgeben oder nicht?

Wichtig:

Niemand muss eine Unterlassungserklärung abgeben.

Eine Abmahnung mit der Aufforderung, zur Abgabe einer Unterlassungserklärung dient lediglich zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens. Die Behauptung, eine Abmahnung sei berechtigt und der Abgemahnte müsse eine Unterlassungserklärung abgeben, ist somit schlichtweg falsch.

Wenn aufgrund eines Verstoßes gegen eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung eine Vertragsstrafe geltend gemacht wird, sollte unbedingt die Frage geklärt werden, warum es zu einem Verstoß gegen die Unterlassungserklärung kam. Unsere These aus der Beratungspraxis ist, dass, wenn es einmal zu einem Verstoß gegen eine Unterlassungserklärung kam, dies auch wieder passieren kann.

Es kann daher eine gute Alternative sein, bei einer weiteren Abmahnung aufgrund eines Verstoßes gegen eine Unterlassungserklärung keine weitere Unterlassungserklärung abzugeben.

Der Abmahner kann die Unterlassungsansprüche zwar gerichtlich durchsetzen, dies kann jedoch im Endergebnis und langfristig betrachtet, eine günstigere Alternative sein.

Unbedingt sollte jedenfalls geklärt werden, warum es zu dem behaupteten Verstoß kam und wie dieser zukünftig vermieden werden kann.

Immerhin wird aus der Aufforderung zur Zahlung einer Vertragsstrafe deutlich, dass der Abmahner die einmal abgegebene Unterlassungserklärung auf dem Schirm hat und diese auch überprüft.

Zu mir und meiner Tätigkeit:

Ich berate als Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz in meiner Kanzlei Internetrecht-Rostock.de tagtäglich Abgemahnte wie Sie und verfüge daher über Erfahrung aus einer Vielzahl von Abmahnverfahren.

Die Kanzlei Internetrecht-Rostock.de informiert auf ihrer gleichnamigen Internetseite seit mehr als 20 Jahren mit inzwischen über 3.000 Beiträgen über Themen für Online-Händler und berät eine Vielzahl von Online-Händlern bei der Absicherung ihrer Auftritte.

Ich berate Sie bundesweit auch kurzfristig telefonisch. Im Rahmen meiner Beratung erörtere ich mit Ihnen die Rechtslage und die verschiedenen Handlungsalternativen mit den jeweiligen Vor- und Nachteilen. Selbstverständlich erhalten Sie von mir auch konkrete Empfehlungen für das weitere Vorgehen.  

Sie sollen eine Vertragsstrafe zahlen und neue weitere Unterlassungserklärung abgeben?

Wenn auch Sie  eine Vertragsstrafe zahlen und neue weitere Unterlassungserklärung abgeben sollen, können Sie sich über die angegebenen Kontaktdaten unkompliziert mit mir in Verbindung setzen:

  • Rufen Sie mich einfach an (Tel. 0381-260 567 30).
  • Schicken Sie mir eine E-Mail (rostock@internetrecht-rostock).
  • Oder lassen Sie mir über die Funktion „Nachricht senden“ eine Mitteilung zukommen.




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