Videoüberwachung auf Autobahnen

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Mit Beschluss vom 11.08.2009 – 2 BvR 941/08 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Videoaufzeichnungen zur Geschwindigkeitsmessung nicht auf einen ministeriellen Erlass gestützt werden dürfen. Dieser ist keine geeignete Rechtsgrundlage für den hiermit verbundenen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des hiervon Betroffenen. Hierunter fällt auch das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und in welchem Umfang persönliche Sachverhalte und Daten offenbart und verwendet werden.


Vorliegend wurden von einer Autobahnbrücke aus alle durchfahrenden Fahrzeuge verdeckt gefilmt, ohne dass etwa anhand eines konkreten Tatverdachts eine Auswahl der eines Verkehrsverstoßes Verdächtigen erfolgte. Eine derartige Datenerhebung in Gestalt der technischen Aufzeichnung von Bildmaterial zur Identifizierung von Fahrzeug und Fahrer stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt insbesondere auch denjenigen, der sich bewusst in die Öffentlichkeit begibt. Allerdings handelt es sich um kein schrankenloses Grundrecht. Eine Einschränkung ist im überwiegenden Allgemeininteresse zulässig, bedarf jedoch einer gesetzlichen, bereichsspezifischen Rechtsgrundlage, die Anlass, Zweck und Grenzen des Eingriffs klar und präzise festlegt.


Diesen Anforderungen entsprach im vorliegenden Fall der – i.Ü. der Überwachung des Sicherheitsabstandes nach § 4 StVO dienende - Erlass des Wirtschaftsministeriums Mecklenburg-Vorpommern vom 01.07.1999 nicht. Dieser stellt lediglich eine Verwaltungsvorschrift im Sinne einer verwaltungsinternen Anweisung dar und genügt daher nicht den an ein Gesetz im Sinne des Art. 20 Abs. 3, Art. 97 Abs. 1 GG zu stellenden Anforderungen. Hiermit fehlt es an einer formellgesetzlichen Grundlage, welche die Voraussetzungen und den Umfang der Beschränkung eindeutig festlegt.


Die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Geldbuße in Höhe von 50,00 EUR wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit verstieß daher gegen das Willkürverbot des Art. 3 Abs. 1 GG, da eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Geschwindigkeitsmessung nicht vorlag und dieses Urteil deshalb unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar war, mithin auf sachfremden Erwägungen beruhte.


Die Entscheidung wird richtungweisend sein für die weitere Entwicklung der richterlichen Überprüfung von Bußgeldbescheiden aufgrund elektronisch gefertigter Datenaufzeichnungen aus systematischer Verhaltensüberwachung zur Informationsgewinnung über Ordnungswidrigkeiten.


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