Vorladung als Beschuldigter: Wie verhalten Sie sich richtig?

  • 7 Minuten Lesezeit
Vorladung als Beschuldigter - Wie verhalte ich mich richtig

Sie sind Beschuldigter in einem Ermittlungsverfahren und haben einen Brief von der Polizei erhalten. In dem Brief sind Sie zu einer polizeilichen Vernehmung geladen. Sie bekommen Panik und fragen sich, wie Sie darauf richtig reagieren sollten. In diesem Artikel werden alle Ihre Fragen zur weiteren Vorgehensweise beantwortet, damit Sie die Situation bestmöglich meistern. Sie erfahren:

  • Was eine Vorladung als Beschuldigter für Sie bedeutet.
  • Welche Rechte ein Beschuldigter hat
  • Ob Sie zu einer Vorladung erscheinen müssen
  • Ob Sie zu einer Vorladung erscheinen sollten
  • Ob Sie eine Vorladung absagen sollten
  • Weshalb Sie unbedingt auf eine Aussage bei der Polizei verzichten sollten
  • Wie Sie statt dessen vorgehen sollten, um den Schaden zu begrenzen
  • Was ein Anwalt für Sie tun kann

 

Sie haben eine polizeiliche Vorladung als Beschuldigter erhalten?

Nicht hin gehen!

Keine Aussage machen!

Anwalt einschalten!


Was bedeutet eine Vorladung als Beschuldigter?

"Beschuldigt" bedeutet nicht "Angeklagt". Dies geschieht gemäß § 157 StPO erst, wenn ein gerichtliches Verfahren gegen den Beschuldigten eröffnet wird, was zum Zeitpunkt einer Vorladung noch in einiger Ferne liegt.

Dass Sie als Beschuldigter zur polizeilichen Vernehmung geladen werden, bedeutet lediglich, dass ein Anfangsverdacht gegen Sie vorliegt, bzw. in irgendeiner Weise polizeilich gegen Ihre Person ermittelt wird. Durch diesen Punkt unterscheidet sich die Vorladung als Beschuldigter von der Vorladung als Zeuge. Auf den Unterschied, also darauf, als was man zur Vernehmung geladen wird, ist unbedingt zu achten! Dies wirkt sich nämlich auch auf Ihre Rechte aus, da Beschuldigte andere, umfassendere Rechte haben als Zeugen.

Bevor Sie also in Panik verfallen und unbedacht reagieren, heißt es erst einmal: Ruhe bewahren!


Welche Rechte hat ein Beschuldigter?

  • ein Beschuldigter hat das Recht, die Aussage zu verweigern. Dies darf nicht zu seinen Ungunsten ausgelegt (also etwa als Schuldeingeständnis gewertet) werden.

  • ein Beschuldigter hat das Recht,sich durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen.  

  • ein Beschuldigter hat das Recht, Anträge, wie etwa Befangenheitsanträge oder Beweisanträge zu stellen.

  • ein Beschuldigter das Recht, Einspruch gegen das Vorgehen der Behörden einzulegen.


Muss man zu einer polizeilichen Vorladung erscheinen?

Sie sind rechtlich nicht dazu verpflichtet, zu einer Vorladung durch die Polizei zu erscheinen. Eine Verpflichtung besteht nur dann, wenn eine "Erkennungsdienstliche Maßnahme"angeordnet worden ist (wenn Sie also einem Zeugen zur Identifikation gegenübergestellt werden sollen) oder wenn eine ausdrücklicheAnordnung der Staatsanwaltschaft vorliegt (§§ 133, 134, 163a, 230 StPO). Dies ist jedoch in der Regel nicht der Fall.

Es besteht auch keine Verpflichtung, Anhörungsbögen (die schriftliche Variante einer Ladung) auszufüllen und zurück zu schicken.


Sollte man zu einer polizeilichen Vorladung erscheinen?

Gerade als Unschuldiger verspürt man den Drang, den Sachverhalt durch eine Aussage bei der Polizei schnell aufzuklären. Doch insbesondere durch Aufregung und polizeilichen Druck können unbedachte Antworten bei der Vernehmung zusätzlichen Schaden anrichten. Die Wahrscheinlichkeit, als Unschuldiger durch eine wahrheitsgemäße Aussage die Sache "aus der Welt schaffen" zu können, tendiert gen Null. Sie müssen sich darüber im Klaren sein, dass Ihre Vernehmung als Beschuldigter nicht darauf abzielt, den Verdacht der Ermittlungsbehörden gegen Sie zu entkräften, sondern ihn zu erhärten. Es ist sogar gängige Praxis, wenn etwa mehrere Vorwürfe wegen verschiedener Straftaten gegen einen Beschuldigten im Raum stehen, ihn nur aufgrund des strafrechtlich geringsten Vorwurfes vorzuladen, und erst im Laufe der Anhörung auf die schwerwiegenden Anschuldigungen zu sprechen zu kommen. Sie können also nicht wissen, ob hinter der Vorladung nicht womöglich noch andere Vorwürfe stecken, als auf dem Papier steht. Dieses Vorgehen ist perfide, aber legal.

Daher sollten Sie nicht zu einer Vorladung erscheinen, und keine Aussagen zur Sache machen, weder in mündlicher noch in schriftlicher Form.


Sollte man eine Vorladung absagen?

Wenn Sie nicht zur Vorladung erscheinen, sei es, weil Sie an diesem Termin keine Zeit haben, oder weil Sie einfach nicht hingehen wollen, können Sie den Termin bei der Polizei aus Höflichkeit absagen und angeben, dass Sie keine Angaben zur Sache machen werden. Es besteht jedoch keine Pflicht, einen Vernehmungstermin abzusagen, und es ist auch nicht dazu zu raten. Es ist in Ihrem Interesse, jeden Kontakt mit der Polizei zu vermeiden, und sich zu keiner Gelegenheit (wie etwa am Telefon) in ein Gespräch verwickeln zu lassen. Im folgenden erfahren Sie, warum.


Warum sollte man auf eine Aussage gegenüber der Polizei verzichten?

Ob unschuldig oder nicht, aus verfahrenstaktischen Gründen ist dringend davon abzuraten, zu einer polizeilichen Vorladung zu erscheinen und eine Aussage zu machen.    

1. Ihr Schweigen darf nicht zu Ihrem Nachteil ausgelegt werden. Es macht Sie nicht verdächtiger. Nicht auszusagen ist also niemals schlechter für Sie als auszusagen.

2. Die Verdachtsmomente und Indizien, die gegen Sie vorliegen, werden in einer Ermittlungsakte gesammelt. Diese können Sie jedoch nicht einsehen. Sie wissen also bei einer Vernehmung nicht, was (und wieviel) man eigentlich gegen Sie in der   Hand hat. Daher laufen Sie Gefahr, sich mit einer Aussage unnötig zu belasten: Sie kann den Ermittlern Informationen zu Ihren Ungungsten liefern, die diese eigentlich noch gar nicht hatten. Sie kann den Verdacht gegen Sie erhärten und die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass es zum Prozess und einer Verurteilung kommt.

3. Um Ihnen etwas zu ihrem Nachteil zu entlocken, sind die Vernehmungsmethoden der Polizei trickreich. Jemandem etwa zu entlocken, was derjenige eigentlich so nicht sagen will, ist das tägliche Brot eines Vernehmungsbeamten. Das Gesagte     kann nicht wieder zurückgenommen werden.

4. Ihre Aussage kann im schlimmsten Fall im Vernehmungsprotokoll verzerrt festgehalten werden.

5. Eine Aussage können Sie jederzeit nachreichen, wenn diese mit einem guten Anwalt abgesprochen wurde. Es bedarf also, wenn Sie als Unschuldiger selbst Klärungsbedarf empfinden, dafür keiner Vernehmung.

Vermeiden Sie außerdem Smalltalk-Situationen mit der Polizei: Auch an neutralen Orten wie auf der Straße kann jedes Wort von einem Polizisten gegen Sie verwendet werden. Daher ist auch von einer Absage des Termins abzuraten.


Wie sollte man nach einer Vorladung vorgehen?

Zunächst einmal meiden Sie jeden Kontakt zu den Ermittlungsbehörden. Ignorieren Sie deren schriftliche Vorladungen. Wenn man Sie anruft, weisen Sie sofort darauf hin, dass Sie die Aussage verweigern, und legen Sie dann auf! Um in der Sache eine Chance zu haben, und auf Augenhöhe mit den Ermittlungsbehörden agieren zu können, müssen Sie erfahren, was genau gegen Sie vorliegt. Dazu müssen Sie Einsicht in die Ermittlungsakte nehmen. Doch auf eigene Faust Akteneinsicht zu beantragen, ist zwar möglich, aber nicht ratsam. Als juristischer Laie fehlt Ihnen das Fachwissen, um die Situation wirklich einschätzen zu können.

Daher sollten Sie einen Rechtsanwalt kontaktieren. Am besten gleich einen Fachanwalt für Strafrecht, bzw. das juristische Gebiet, um das es bei den gegen Sie erhobenen Vorwürfen geht. In der Regel ist eine juristische Ersteinschätzung Ihres Falles völlig unverbindlich und kostenlos. Durch die Ersteinschätzung erhalten Sie einen besseren Überblick über Ihr Ermittlungsverfahren und das mögliche Strafmaß, wenn es tatsächlich zum Prozess und einer Verurteilung kommen sollte.


Was kann ein Anwalt für mich tun?

Ihr Strafverteidiger übernimmt, wenn Sie sich entschließen, ihm Ihr Mandat zu übergeben, sämtliche Korrespondenz mit den Behörden. Konkret teilt er der Staatsanwaltschaft mit, dass er Sie vertritt, dass Sie sich bis auf weiteres nicht zur Sache äußern, und dass alle weiteren Schritte und der Kontakt zwischen Ihnen und den Ermittlungsbehörden über die Kanzlei abzulaufen hat. Somit haben Sie keine Zudringlichkeiten durch die Polizei zu befürchten. 

Falls eine Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft angeordnet werden sollte (zu der Sie erscheinen müssten), wird Ihr Anwalt Sie begleiten, und im Gespräch mit den Beamten unterstützen und beraten.

Sodann beantragt Ihr Rechtsanwalt Akteneinsicht, und prüft die erhobenen Vorwürfe und Beweise aus den Ermittlungsakten detailliert. Im besten Falle gelangt er zu dem Ergebnis, dass die Vorwürfe gegen Sie unhaltbar sind, oder die Beweislage nicht für ein Gerichtsverfahren ausreicht, und kann die Einstellung des Ermittlungsverfahrens erwirken. Ist dies nicht möglich, wird er auf der Basis der Akte eine möglichst wirksame Strategie zu Ihrer Verteidigung erarbeiten, und Ihnen bei einem Gerichtsverfahren als Strafverteidiger zur Seite stehen.

Des weiteren kann nach erfolgter Akteneinsicht besprochen werden, ob und wenn ja, wie Sie sich zur Sache äußern möchten. Hier ist es - im Gegensatz zur polizeilichen Vorladung - von Bedeutung, ob Sie auf Ihrer Unschuld beharren. Mit der Unterstützung durch einen Strafverteidiger können Sie, ohne die Gefahr, durch ungeschickte Formulierungen in juristische Fallstricke zu tappen, oder Suggestivfragen auf den Leim zu gehen, Ihre Version der Dinge zum Ausdruck bringen.

In der Regel wird dazu eine schriftliche Stellungnahme durch den Anwalt verfasst, die sogenannte Verteidigerschrift. Im günstigsten Fall bewirkt der Anwalt die Einstellung des Strafverfahrens. So bleibt Ihnen eine kraftraubende und in den meisten Fällen öffentliche Gerichtsverhandlung erspart. Falls Sie doch vor Gericht müssen, wird Ihr Strafverteidiger Ihre Interessen gegenüber der Staatsanwaltschaft vertreten, und sich dafür einsetzen, dass Sie das bestmögliche Ergebnis im Verfahren erzielen.

Als bundesweit erfahrener Anwalt, der auf das Strafrecht spezialisiert ist, sind solche Fälle eine Routinesituation für mich. Ich kann Ihnen zunächst zügig, kostenlos und unverbindlich eine Ersteinschätzung zu ihrem Fall erteilen. Alles weitere kann dann besprochen werden, wenn Sie einen ersten Überblick über das Ermittlungsverfahren gegen Sie von mir erhalten haben. Sie können mich jederzeit telefonisch, oder per WhatsApp erreichen.

Beachten Sie auch unseren Rechtsblog-Artikel zum Thema: Vorladung von der Polizei

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