Vorladung der Polizei – was mache ich jetzt als Beschuldigte(r)?

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Für die meisten Menschen ist es ein regelrechter Schock, wenn sie den Briefkasten aufmachen und darin ein Schreiben der Polizei vorfinden, in dem es sinngemäß heißt:

Vorladung

Sehr geehrte(r) Herr / Frau …

in der Ermittlungssache wegen vorsätzlicher Körperverletzung (o.ä.)

ist Ihre Vernehmung / Anhörung als Beschuldigte(r) erforderlich. 

Sie werden daher gebeten, am … bei der oben angeführten Dienststelle, Zimmer … vorzusprechen. 

  • Was bedeutet das?
  • Was will die Polizei von mir?
  • Muss ich zu dem Termin hingehen?
  • Was sollte ich tun?

Diese oder ähnliche Fragen stellen sich fast jedem Adressaten derartiger unliebsamer Post. Wir geben mit diesem Artikel die nötigen Antworten.


1.) Warum kam es zu einer polizeilichen Vorladung?

Die Polizei hat – häufig ausgelöst durch eine Strafanzeige von Dritten – den Anfangsverdacht, dass Sie sich in strafbarer Weise verhalten haben. Damit ist noch nichts darüber gesagt, ob dies auch tatsächlich der Fall ist und später angeklagt wird. Aber immerhin werden Sie nun förmlich als Beschuldigte(r) in einem Ermittlungsverfahren geführt. Dieser Umstand sollte zwar nicht zu Panik führen, dennoch aber zu besonnenem und umsichtigen Verhalten aufrufen.


2.) Muss ich den Vorladungstermin wahrnehmen oder sollte ich das tun?

Hinsichtlich einer polizeilichen Vorladung lautet die Antwort auf beide Fragen klipp und klar: NEIN!

Es besteht – anders als bei einer Vorladung durch die Staatsanwaltschaft oder den Ermittlungsrichter – keine rechtliche Pflicht, einer Vorladung der Polizei zu einem Vernehmungstermin als Beschuldigte(r) Folge zu leisten.

Nahezu ausnahmslos ist auch davon abzuraten, trotzdem „freiwillig“ zur Polizei zu gehen. Denn erfahrungsgemäß sind Beschuldigte meist höchst nervös, wissen Sie doch regelmäßig bis zum Beginn des Gesprächs in den Räumen der Polizei keinerlei Details darüber, was man ihnen eigentlich vorwirft. Sich gleichwohl und oft vorschnell und unüberlegt dazu zu äußern, ohne zu wissen, was die Polizei an Informationen und Fakten in der Akte hat, gleicht der Operation eines Arztes, bei der das Skalpell angesetzt wird, ohne den Patienten zuvor untersucht zu haben.

Insbesondere sollten Sie sich nicht einreden lassen, es würde zu Ihren Gunsten berücksichtigt, wenn Sie sich kooperativ zeigen. Entscheiden wird über den weiteren Verfahrensverlauf nicht die Polizei, sondern die Staatsanwaltschaft und ggf. das Gericht. Das Inaussichtstellen von Vorteilen durch die Polizei ist somit alles andere als verlässlich und sehr häufig nicht mehr als ein vernehmungstaktisches Mittel, um nach Möglichkeit zu einer Aussage zu gelangen, mit der der/die Beschuldigte sich mehr schadet als nützt.

Das Nicht-Erscheinen zum Vernehmungstermin kann auch ebenso wie das Schweigen an sich nicht negativ ausgelegt werden, denn es ist ein Verfassungsrecht jedes Bürgers, sich nicht selbst belasten zu müssen, wenn er von den staatlichen Verfolgungsorganen einer Straftat beschuldigt wird. Insofern verweisen wir auf unseren gesonderten Rechts-Tipp „Schweigen ist Gold – die wichtigste Grundregel für Beschuldigte im Strafverfahren“.

Auch wenn der Mensch von Natur aus harmoniebedürftig ist, sollte dies niemals so weit gehen, eigene Nachteile zu generieren, nur um den Vorstellungen der Polizei gerecht zu werden.

Bedenken Sie bitte, dass alles, was Sie bei der Polizei erwähnen, auch protokolliert wird und in den allermeisten Fällen nachträglich nicht mehr aus der Akte zu bekommen und auch nicht zu relativieren ist. Hierauf ist mit aller Deutlichkeit hinzuweisen, denn in unserer täglichen Praxis bekommen wir regelmäßig zu hören, dass Mandanten bestimmte Aussagen so gar nicht getroffen oder zumindest nicht so gemeint hätten, wie es in der Akte protokolliert steht. Dieses stetige Problem sollte auch Beschuldigte, die sich keinerlei Schuld bewusst sind, von gut gemeinten, aber oft nicht gut „gemachten“ Aussagen abhalten.

3.) Was ist die bessere Alternative?

Statt sich alleine in die sprichwörtliche Höhle des Löwen zu begeben und bei völlig ungleich verteilten Kenntnissen über den Hintergrund der Beschuldigung von geschulten Beamten vernehmen zu lassen, sollten Sie dringend einen Rechtsanwalt für Strafrecht beauftragen.

Er wird der Polizei Ihre Verteidigung anzeigen und mitteilen, dass Sie nicht zu dem Vernehmungstermin erscheinen, sowie auch bis auf weiteres von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen werden. Damit wird die Höflichkeit gewahrt und zugleich der/die Mandant(in) „aus der Schusslinie genommen“.

Aufgrund des zusätzlich zu stellenden Antrags auf Akteneinsicht wird irgendwann die amtliche Ermittlungsakte beim Verteidiger eintreffen, deren Inhalt dann geprüft und in aller Ruhe mit Ihnen besprochen wird. Somit wird eine Situation geschaffen, in der eine faire Auseinandersetzung mit Polizei und Staatsanwaltschaft möglich ist, weil alle einen ähnlichen Kenntnisstand haben.

Der Anwalt wird sodann einen Vorschlag für die weitere Vorgehensweise unterbreiten. Ob dann beispielsweise eine gemeinsam abgestimmte schriftliche Einlassung oder ein Telefonat mit der Staatsanwaltschaft sinnvoll erscheint, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalls. In jedem Fall aber wird der Verteidiger Möglichkeiten für eine etwaige Einstellung des Verfahrens prüfen und verfolgen und im Übrigen bereits zu einem frühen Zeitpunkt wertvolle Ratschläge erteilen, was vorbereitend zu tun ist, um etwaige strafrechtliche Konsequenzen auf ein Minimum zu beschränken.

Dr. Sven Hufnagel
Rechtsanwalt

Dr. Sven Hufnagel ist Rechtsanwalt für Strafrecht. Mit eigener Kanzlei in Aschaffenburg hat er bereits seit 2003 bundesweit zahlreiche Beschuldigte in Strafsachen verteidigt. Schwerpunktmäßig geschieht dies bei Tatvorwürfen aus dem allgemeinen Strafrecht, dem Verkehrsstrafrecht, dem Betäubungsmittelstrafrecht sowie dem Jugendstrafrecht. Nähere Informationen: www.anwalt-strafrecht.com .


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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