Vorteile und Nachteile des Strafbefehls

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Das Strafbefehlsverfahren bietet, außer der häufig genannten Ersparung der Hauptverhandlung, im Sinne der Vermeidung der öffentlichen Hauptverhandlung auch andere Vorteile. Ich erinnere daran, dass die Strafe im Strafbefehlsverfahren (die Anzahl der Tagessätze) einem geständigen Angeklagten angepasst ist, weil sonst sich nicht erklären ließe, warum das Verschlechterungsverbot, für das Strafbefehlsverfahren nicht gilt. Ein weiterer Vorteil ist der Strafklageverbrauch.

Allerdings hat der Gesetzgeber speziell für das Strafbefehlsverfahren eine Möglichkeit der Wiederaufnahme geschaffen. Handelt es sich um ein Verbrechen, dann gilt Paragraf 373a der Strafprozessordnung. Das Verfahren kann unter den erleichterten Bedingungen wiederaufgenommen werden.

Tatsächlich ist bei der Mehrzahl der Strafbefehle die Höhe des Tagessatzes geschätzt und sie entspricht nicht den realen Einkommensverhältnissen des Angeklagten. Nach Rechtskraft kann der Verurteilte im Falle der Zahlungsunfähigkeit nicht mit diesem Aspekt kommen. Selbst wenn er beweisen kann, dass sein Einkommen im Zeitpunkt der Zustellung des Strafbefehls wesentlich niedriger war, also die Schätzung falsch war, wird er nicht gehört werden.

Zwar gibt es die Möglichkeit der Ableistung durch Arbeit, aber meines Erachtens kommt diese Arbeit, einer Zwangsarbeit gleich und wäre verfassungswidrig. Tatsächlich ist verglichen mit anderen Ländern (zum Beispiel der Schweiz) die Möglichkeit der Verhängung einer Geldstrafe unter Bewährung, eher selten in Deutschland. Man kennt nur das Rechtsinstitut der Verwarnung mit Strafvorbehalt. Wenn man bedenkt, dass die Forderung der Strafverteidigervereinigung, bei Verhängung von Geldstrafen über 90 Tagessätzen einen Fall der notwendigen Verteidigung zu sehen, existiert, wird man in diesem Bereich auch bei ausländischen Verurteilten ein faires Verfahren garantieren können.

Die Belehrung am Ende des Strafbefehls ist ein großes Problem. Welches intellektuelle Niveau können wir von einem Angeklagten erwarten? Was können wir von einem ausländischen Angeklagten, der aus einem anderen Kulturkreis/Rechtskreis entstammt, erwarten, wie er die Übersetzung versteht. Man müsste sozusagen einen Text (er)finden, der alle Ansprüche in einfacher Sprache beleuchtet, und der zum Beginn des Strafbefehls stehen müsste, und nicht am Ende.

Ein Ansatz wäre, in der Belehrung auch die Probleme, die im Zusammenhang mit der Zustellung des Strafbefehls stehen, speziell zu erklären. Mit modernen Medien im Internet kann dieses Problem ausreichend erklärt werden. Im Falle von Personen, die die deutsche Sprache nicht können, wäre es möglich, ohne zur Hilfenahme eines Rechtskundigen, klarzumachen, dass immer noch nach Ablauf der Zweiwochenfrist Einspruch eingelegt werden kann.

Ein weiteres Problem im Strafbefehlsverfahren ist, dass bei ausländischen Beschuldigten, sollten die Sprachkenntnisse des Beschuldigten nicht bekannt sein, immer unterstellt wird, er beherrsche die deutsche Sprache, sodass häufig ohne Übersetzung zugestellt wird.

Die Probleme werden nach Rechtskraft des Strafbefehls in der Haft – bei Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe – nicht unbedingt gelöst. Denn ein Fall der notwendigen Verteidigung wird nach Rechtskraft des Urteils verneint, weil es sich um eine einfache strafvollstreckungsrechtliche Angelegenheit handele.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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