Vorwurf § 266a StGB und Scheinselbständigkeit? Hilfe vom Fachanwalt für Strafrecht!

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Ihnen wird vorgeworfen nach § 266a StGB Beiträge als Arbeitgeber veruntreut zu haben? Der Vorwurf lautet, dass Sie Fremdfirmen als lediglich vorgeblich selbstständige Unternehmer beschäftigt hätten, die in Wirklichkeit nur scheinselbstständig sein sollen. Es kommt also für den Vorwurf nach § 266a StGB  maßgeblich darauf an, ob Sie im Rechtssinne die Arbeitgebereigenschaft haben oder ob es sich bei ihren Auftragnehmern tatsächlich um selbstständige Unternehmer handelt. 

Rechtsanwalt Heiko Urbanzyk aus Coesfeld (bei Steinfurt, Stadtlohn, Ahaus) erklärt Ihnen im folgenden Beitrag die wichtigsten Eckpunkte zur Problematik der Scheinselbständigkeit und das notwendige Vorgehen Ihrerseits.


Was ist die zuvor bezeichnete Scheinselbstständigkeit? 

Diese Konstellation ist vor allem gefährlich für Unternehmen, die Subunternehmer beschäftigen. Hierbei kann es vorkommen, dass der vermeintliche Subunternehmer in rechtlicher Hinsicht nicht die Kriterien eines Selbstständigen erfüllt und dementsprechend nicht selbstständig für Sie arbeitet, sondern ein faktisches Arbeitsverhältnis besteht. Demnach ist der Scheinselbstständige ein Arbeitnehmer von Ihnen und Sie müssten den Gesamtsozialversicherungsbeitrag, bestehend aus Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie dem Recht auf Arbeitsförderung gem. § 28d SGB IV, an die zuständige Einzugsstelle abführen.

Unterliegen Sie dem Irrtum, dass es sich bei dem beschäftigten Externen um einen Selbstständigen handelt, werden Sie diese Zahlungen nicht an die Einzugsstelle tätigen und machen sich damit strafbar. Nicht selten erfahren Sie erst durch eine kriegerisch inszenierte  Durchsuchung Ihrer Wohn- und Geschäftsräume u.a. durch das Hauptzollamt von dem Vorwurf.


Wie kann man herausfinden, ob es sich beim Subunternehmer um einen Scheinselbstständigen handelt?

Um Abzugrenzen, ob es sich bei dem von Ihnen beschäftigten Subunternehmer um einen Scheinselbstständigen handeln könnte, ist es erforderlich bestimmte Kriterien zu beachten und anhand derer zu bewerten, inwiefern eine Selbstständigkeit des Subunternehmers tatsächlich besteht oder eben nicht.

Für diese Feststellung kommt es auf das tatsächliche Verhältnis beider Vertragsparteien an. Dieses tatsächliche Verhältnis muss immer in der Gesamtschau aller Umstände betrachtet werden und einer Gesamtabwägung unterzogen werden.

Für die Selbstständigkeit eines Subunternehmers und damit gegen Ihre Arbeitgebereigenschaft spricht z.B.:

  • Der Subunternehmer hat eine Gewerbeanmeldung sowie eine eigene Steuernummer und stellt Rechnungen selbst aus.
  • Die Fremdfirma hat eine eigene Betriebsstätte, eigenes Werkzeug und ggf. eigene Angestellte und/oder Auszubildende. Ein Beispiel wäre, dass ein Handwerker eine eigene Werkstatt hat und dort Sachen für Sie baut. In dieser Konstellation spricht vieles für seine Selbstständigkeit. Sollte der Handwerker jedoch nur in von Ihnen bereitgestellten Räumen arbeiten und nur ihre Materialien nutzen, nährt dies den Verdacht eines Arbeitsverhältnisses.
  • Auf dem Bau ist das Gewerk der Fremdfirma abgrenzbar zum Gewerk Ihrer tatsächlichen angestellten, eigenen Mitarbeiter.
  • Der Subunternehmer unterliegt keiner Weisungsgebundenheit  Ihrerseits. Am Bau kann es dabei einen Unterschied machen, ob lediglich Ihr Bauleiter die Baustelle koordiniert oder ob Ihr Angestellter als Vorarbeiter jeden Handgriff des Subunternehmers dirigiert und überwacht.      
  • Sie haben den Externen nicht in Ihr Unternehmen eingegliedert.
  • Der durch Sie hinzugezogene Selbstständige trägt sein eigenes Unternehmensrisiko.
  • Der Selbstständige kann seine Tätigkeit und Arbeitszeit frei gestalten.
  • Zudem deuten mehrere Auftraggeber, Werbung für den Betrieb, die Möglichkeit der Ablehnung von Angeboten und das eigene Schreiben von Rechnungen ebenfalls auf einen selbstständigen Unternehmer hin.

Anhand dieser kleinen Auswahl wichtiger Kriterien können Sie überprüfen inwiefern eine Selbstständigkeit eines Subunternehmers in rechtlicher Hinsicht tatsächlich vorliegt.


Wer kann Täter des § 266a StGB sein?

Täter dieses Deliktes kann nur sein, wer  Arbeitgeber ist oder dem Arbeitgeber gleichgestellte Personen. Durch § 14 StGB erstreckt sich der Täterkreis nicht nur auf den Arbeitgeber, sondern auch auf Personen, die für den Arbeitgeber handeln (auch Geschäftsführer, Vorstand usw.).

Ob Sie „Arbeitgeber“ im Sinne des § 266a StGB sind, wird unter die tatsächlichen Umstände der Zusammenarbeit subsumiert (siehe bereits oben, was für die Selbstständigkeit der Fremdfirma streitet).  

Die Eigenschaft als Arbeitgeber zeigt sich insbesondere durch die Verteilung weisungsgebundener Arbeit an andere Personen, die in persönlicher Abhängigkeit zu Ihnen stehen. Das Weisungsrecht des Arbeitgeber umfasst Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung der Arbeit. Der Beschäftigte ist fest in den Betrieb eingegliedert. Dies lässt sich auch anhand der Vergütung manifestieren. Eine Vergütung unabhängig vom Ergebnis der Tätigkeit ohne mögliche Abzüge wegen Schlechtleistung sowie die Bezahlung nach Stundensätzen deuten auf Ihre Stellung als Arbeitgeber hin. Das genaue Erfassen der Arbeitszeiten durch den Unternehmer sowie das verpflichtende Tragen von Firmenkleidung sind typische Gegebenheiten für ein Arbeitsverhältnis.

Zusammenfassend kann man festhalten, dass ein Arbeitgeber jemand ist, der Arbeit unmittelbar an andere vergibt und über deren Arbeitskraft, Einstellung, Verwendung und Entlassung verfügen kann.


Strafzumessung und Verjährung

Die Strafe für eine solche Straftat beläuft sich auf eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Das Delikt verjährt gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB innerhalb von fünf Jahren. Die Verjährung bezüglich der Ansprüche auf die Beiträge nach Sozialversicherungsrecht beträgt bei einer vorsätzliche Begehung 30 Jahre gem. § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV.

Die Verhängung eines Berufsverbotes infolge Verurteilung droht. Je nach Bundesland könnte die Eintragung ins Korruptions- bzw. Vergaberegister eine weitere Folge sein. Dies führt z.B. zum Ausschluß von öffentlichen Aufträgen.  

Schwerwiegend ist ebenfalls, dass bei Verurteilung zu mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe eine Sperre besteht, die es dem Verurteilten für fünf Jahre verbietet, Mitglied im Vorstand einer Aktiengesellschaft zu sein oder Geschäftsführer einer GmbH zu werden.

In Anbetracht dieser vor allem für die berufliche Zukunft entscheidenden Faktoren ist es unablässig bei Beschuldigung einer solchen Tat einen erfahrenen Strafverteidiger zu engagieren, der Sie unterstützt damit der Vorwurf fallen gelassen wird oder eine möglichst milde Strafe erreicht wird, um etwaige Berufsverbote und Ausschlüsse zu verhindern.


Vorsatzfragen

In der Praxis ist die Feststellung der Arbeitgebereigenschaft bzw. Scheinselbständigkeit im Einzelfall anhand obiger Kriterien manchmal recht klar, manchmal sehr schwierig. Vermeintliche Indizien können widerlegt werden. Deuten jedoch äußerlich viele Umstände auf Scheinselbständigkeit, kommt es noch auf den Vorsatz des vermeintlichen Arbeitgebers an. 

Bei der irrigen Vorstellung, nicht Arbeitgeber zu sein, soll Vorsatz trotz Irrtum schon dann gegeben sein, wenn der Beschuldigte wenigstens die Umstände (siehe Aufzählung oben) kennt, die eine Beurteilung seiner Stellung als Arbeitgeber begründen.

Vorsicht: In den Vorsatz quatscht man sich also selbst völlig unwissentlich hinein, wenn man z.B. als Geschäftsführer „das klärende Gespräch“ beim Hauptzollamt sucht. Kein Wort also zu niemandem, ohne zuvor einen Rechtsanwalt in Strafsachen um Rat zu fragen. Das gilt vor allem auch dann, wenn Sie durch eine Betriebsdurchsuchung überrascht werden – kein „Smalltalk“ mit den Zollbeamten!    


Verteidigerhonorar ist Betriebsausgabe

Zu erwähnen ist noch, dass das Honorar für einen Strafverteidiger, welches durch das Unternehmen für die Verteidigung eines Geschäftsführers oder Vorstandes gezahlt wird, als Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann.  

    

Bei Vorwurf § 266a StGB: 

Unbedingt schweigen! Strafverteidiger beauftragen!   

Liegt Ihre Arbeitgebereigenschaft im juristischen Sinne vor? Kann die Scheinselbständigkeit Ihrer Subunternehmer nachgewiesen werden? Hatten Sie Vorsatz bezüglich Ihrer Arbeitgeberstellung und kann dieser nachgewiesen werden? All dies kann durch einen erfahrenen Strafverteidiger nach Akteneinsicht und Beratung mit Ihnen geprüft und eine Verteidigungsstrategie erarbeitet werden.

Deshalb ist es wichtig bei dem Vorwurf einer solchen Straftat schnellst möglich einen erfahrenen Strafrechtsspezialisten zu engagieren, der Ihnen hilft und entlastende Umstände gegenüber den Behörden Vorbringen kann. Dies sollte schon im Ermittlungsverfahren geschehen, um eine drohende Anklage zu verhindern.

Rechtsanwalt H. Urbanzyk mit Kanzlei in Coesfeld (bei Münster, Borken, Dülmen, Bocholt) ist Fachanwalt für Strafrecht. Er hat bundesweit Erfahrung in der Verteidigung von Arbeitgebern und Geschäftsführern, auch in Familienbetrieben, wegen des Vorwurfs angeblicher Veruntreuung/Vorenthalten von Arbeitsentgelt. Eine Kontaktaufnahme ist unkompliziert online oder per Telefon möglich.

Foto(s): Heiko Urbanzyk

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