Vorwurf der Patentverletzung: Keine Kosten für Händler

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Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat entschieden, dass ein Händler nicht auf Schadensersatz haftet, wenn er Ware vertreibt, die unter Verletzung von fremden Patentrechten hergestellt worden ist (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.2006, Az. I-2 U 32/04).

Das Oberlandesgericht  Frankfurt a.M hatte jüngst einen Fall zu entscheiden, in dem 400 Fachhändler wegen einer Patentverletzung abgemahnt worden sind (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 28.10.2021 – 6 U 161/11) und die Rechtsanwaltsgebühren deutlich reduziert.

In einer ähnlichen Angelegenheit, bei dem eine nahezu gleichlautende Abmahnung in einer hohen Zahl (dort wegen Filesharing) versandt worden ist, hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass jeder Abgemahnte nur einen sehr geringen Teil der geforderten Rechtsanwaltskosten zu tragen hat, wenn die Abmahnungen im Großen und Ganzen gleich sind (BGH, Urteil vom 06.06.2019 - I ZR 150/18, MIR 2020, Dok. 014 - Der Novembermann).

Was war geschehen?

Fall des Oberlandesgerichts Düsseldorf:

Die Klägerin ist eingetragene Inhaberin eines europäischen Patents und nimmt die Beklagte wegen einer angeblichen Patentrechtsverletzung in Anspruch. Sie begehrt Unterlassung und Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, welcher ihr bereits entstanden ist und in Zukunft entstehen wird.

Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, sie bestritte die gesamte von der Klägerin gegebene Darstellung des technologischen Hintergrundes und die gesamten technischen Zusammenhänge der angeblichen Patentverletzung mit Nichtwissen. Sie habe keine Kenntnis über die in den vertriebenen Mobilfunktelefonen enthaltenen Magnete und könnten auch nicht aufgrund eigener Wahrnehmung feststellen, ob sie aus einem Material bestünden, welches in dem Patentanspruch des Klagepatents beschrieben sei.

Urteil: Keine Haftung für den Händler bei Patentverletzung

Das Gericht lehnte vorliegend eine Haftung des Händlers auf Schadensersatz ab.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass es nach der Verkehrsauffassung keineswegs zu den Pflichten eines Verkäufers gehöre, eine technische Konstruktion in allen Einzelheiten darauf hin zu untersuchen, ob diese unter Patentschutz stünde und ob der Patentinhaber selbst der Fabrikant gewesen sei oder ob er seine Zustimmung zur Herstellung gegeben habe. Wenn man dem Verkäufer vor jedem Geschäftsabschluss eine Überprüfung der Patentlage zumuten, so würde man ihn praktisch zur Einrichtung eines eigenen Patentbüros oder zur Inanspruchnahme eines Patentanwalts zwingen, was zu einer untragbaren Verteuerung und Verzögerung des Handels führen müsste. Gesamtwirtschaftlich sei dies nach Auffassung des Gerichts unsinnig und würde dazu führen, dass jeder Händler Sachverständige (Rechtsanwälte, Techniker, Ingenieure, usw.) hinzuziehen müsse, die technisch und rechtlich prüfen, ob eine Rechtsverletzung vorliege. All das wäre mit erheblichem Aufwand und erheblichen Kosten verbunden.

Die Nachforschung nach entgegenstehenden Patenten ist dem Verkäufer nicht zuzumuten, weil der Prüfmaßstab des Fabrikanten sehr hoch sei. Der Verkäufer müsse sich daher in der Regel darauf verlassen dürfen, dass der Fabrikant seiner Prüfungspflicht genügt und keine Konstruktion herausbringe, welche von einem fremden Patent Gebrauch macht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.2006, Az. I-2 U 32/04).

Die Prüfungspflichten sind einfacher und angebrachter auf Herstellerebene zu erfüllen. Der Händler von Produkten dürfe sich daher in aller Regel auf die Hersteller verlassen und dass diese die Schutzrechtslage beachtet haben. Vom Hersteller könne Kenntnis über die Erteilung der Schutzrechte erwartet werden. Ein Händler braucht ohne besondere Umstände nicht anzunehmen, dass Rechte Dritter verletzt sein könnten. Das gelte hier auch für die Beklagte. Sie sei keine Herstellerin, sondern eine Händlerin. Das nötige technologische und rechtliche Wissen müsse bei ihr nicht vorausgesetzt werden. Es habe für sie auch kein Anlass zur Überprüfung etwaiger Schutzrechtsverletzungen bestanden. Die Klage habe daher abgewiesen werden müssen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.02.2006, Az. I-2 U 32/04).

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Sie sollten zunächst Ruhe bewahren und die Abmahnung keinesfalls ignorieren. Allein der Erhalt einer Abmahnung bedeutet nicht, dass Sie den Vertrieb einstellen müssen. In einigen Fällen kann es sich um eine unberechtigte Abmahnung handeln. Aufgrund der Komplexität der Materie empfiehlt sich eine anwaltliche Prüfung, um zu klären, ob tatsächlich eine Patentverletzung vorliegt. Wir prüfen für Sie, wie weit der Schutz des zugrundeliegenden Patents reichts und ziehen hierfür die Patentschrift heran. Eine Patentschrift zu verstehen und diese richtig zu deuten, ist für einen Laien oft schwer möglich. Im Anschluss prüfen wir, inwieweit Ihre Handlungen on den Schutzberiech des Patents fällt und dieses verletzt. Sollte keine Patentverletzung vorliegen, können Sie die Abmahnung zurückweisen und Ihre Anwaltskosten vom Abmahnenden zurückverlangen.

Haben Sie eine Abmahnung wegen einer Patentrechtsverletzung erhalten oder noch weitere Fragen? Dann rufen Sie uns an unter 089 / 21543877 oder 08333 / 9269360 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an info@europajurist-schenk.com. Wir beraten Sie gerne! 

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