Wann ist der richtige Zeitpunkt für den Scheidungsantrag?

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Die Zustellung des Ehescheidungsantrages hat gestaltende Wirkungen und ist Voraussetzung für das Entstehen von Ansprüchen. Jeder Ehegatte sollte daher für die eigenen Interessen Für und Wider abwägen.

Auswirkungen beachten

Der Zeitpunkt der Zustellung des Ehescheidungsantrages ist entscheidend für die Folgesachen Versorgungsausgleich und Zugewinnausgleich und hat Auswirkungen auf das Steuerrecht und das Erbrecht, das Entstehen von Altersvorsorgeunterhalt, den Unterhaltsanspruch und den Status eines noch ungeborenen nichtehelichen Kindes.

Zugewinnausgleich

Im Rahmen des Zugewinnausgleichs sind die Vermögen der Ehegatten auszugleichen, sodass jeder Ehegatte an der Vermögensbildung während der Ehe zu gleichen Teilen partizipiert. Der Tag der Zustellung des Ehescheidungsantrages ist der Stichtag für die Berechnung des Endvermögens. Sind beim Antragsgegner Vermögensverschiebungen zu befürchten, sollte der Ehescheidungsantrag so schnell wie möglich bei Gericht eingereicht werden oder ein Antrag auf vorzeitigen Zugewinnausgleich erwogen werden.

Steuererstattungen oder Steuernachzahlungen wirken sich auf das Endvermögen aus, je nachdem sollte der Ehescheidungsantrag noch vor dem Jahresende des abgelaufenen Veranlagungszeitraums oder erst im neuen Jahr eingereicht werden.

Ab dem Zeitpunkt der Trennung sind gemeinsame Schulden von den Ehegatten je zur Hälfte zu erfüllen. Schulden und Forderungen gegen den jeweils anderen Ehegatten sind ebenfalls im Rahmen des Zugewinnausgleichs als Forderung und Verbindlichkeit einzustellen. Erst ab Zustellung des Ehescheidungsantrages bleiben Forderungen bestehen und neutralisieren sich nicht (mehr)im Rahmen des Zugewinnausgleichs.

Versorgungsausgleich

Bis zum Monatsletzten der vor Zustellung des Ehescheidungsantrages sind die Rentenanwartschaften, die in der Ehe gebildet wurden, auszugleichen. Derjenige, der geringere Rentenanwartschaften bildet, hat kein Interesse daran, den Ehescheidungsantrag schnell zu stellen.

Bei Lebensversicherungen mit Rentenwahlrecht oder bei Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht sollte daran gedacht werden, dieses auszuüben. Erfolgt hier keine Beratung, kann dies zu gravierenden Nachteilen führen.

Altersvorsorgeunterhalt

Altersvorsorgeunterhalt ist Teil eines einheitlichen Unterhaltsanspruches, der erst mit Zustellung des Ehescheidungsantrages entsteht. Davor partizipiert der Ehegatte im Rahmen des Versorgungsausgleichs an den Rentenanwartschaften des höher Verdienenden.

Unterhalt

Der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt entsteht ab Rechtskraft der Ehescheidung. Ein Trennungsunterhalt unterliegt günstigeren Voraussetzungen. Hier sollte ein Scheidungsantrag verschoben werden.

Geburt eines nichtehelichen Kindes

Erwartet die Ehefrau ein Kind von einem anderen Partner, ist es zur Vermeidung einer Anfechtungsklage günstig, den Scheidungsantrag noch vor der Geburt des Kindes einzureichen. Hier gelten besondere Regelungen gemäß § 1599 Abs. 2 BGB, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und der Vater spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses die Vaterschaft anerkennt.

Frühester Zeitpunkt für den Scheidungsantrag

Der Ehescheidungsantrag kann frühestens 1 bis 2 Monate vor Ablauf des Trennungsjahres gestellt werden. Wird er zu früh gestellt und das Trennungsjahr ist noch nicht abgelaufen, wird der Ehescheidungsantrag, da er noch nicht zulässig ist, abgewiesen. Das hat zur Folge, dass entsprechende Rechtsanwalts- und Gerichtskosten entstehen und zu tragen sind.

Härtefallscheidung vor Ablauf des Trennungsjahres

Es ist grundsätzlich das Trennungsjahr abzuwarten, es sei denn es liegen die Voraussetzungen einer Härtefallscheidung vor. Gemäß § 1565 Abs. 2 BGB kann die Ehe, wenn die Ehegatten noch nicht ein Jahr getrennt leben, nur geschieden werden, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde. Das Gesetz mutet den Eheleuten grundsätzlich eine Prüfungs- und Bedenkfrist ab der Trennung von einem Jahr zu. Diese Frist soll nur dann entfallen, wenn gravierende Umstände durch den anderen Ehegatten hervorgerufen werden, die dem Antragsteller einen Ehescheidungsantrag und somit eine Aufhebung der Ehe vor diesem Zeitpunkt ermöglichen sollen. In die Beurteilung fließt das subjektive Empfinden des jeweiligen konkreten Antragstellers. Weiter ist ebenso darzulegen und auszuführen, dass ein besonnener Dritter bei ruhiger Abwägung aller Umstände in der gleichen Situation ebenfalls einen Ehescheidungsantrag einreichen würde. In der Rechtsprechung werden unterschiedlich hohe Anforderungen gestellt.

Typische Fallgestaltungen sind Misshandlungen und Gewalttätigkeiten des einen Ehegatten gegenüber dem anderen über einen längeren Zeitraum hinweg, auch die Aufforderung zum Geschlechtsverkehr zu dritt oder schwere Beleidigungen, grobe Ehrverletzungen und demütigende Beschimpfungen in Verbindung mit Tätlichkeiten oder ernsthaften Bedrohungen.

Eine Überprüfung des Einzelfalls ist hier geboten.

Sollten Sie Fragen oder Beratungsbedarf haben, freue ich mich über Ihre Kontaktaufnahme.

Anett Wetterney-Richter

Rechtsanwältin

Fachanwältin für Familienecht


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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