Wann kann der Käufer beim Immobilienkauf einen Ersatz fiktiver, also noch nicht entstandener, Mängelbeseitigungskosten verlangen?

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Der Bundesgerichtshof (BGH) entscheidet, dass der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung anhand fiktiver Mängelbeseitigungskosten bemessen werden kann.

Dem Urteil des BGH vom 12.03.2021 (BGH V ZR 33/19) lag die Klage von Käufern einer Eigentumswohnung zugrunde, die unter Ausschluss der Sachmängelhaftung eine Immobilie erworben haben. Allerdings verpflichtete sich der Verkäufer in dem Kaufvertrag vom 27.02.2014 bestimmte Arbeiten durchzuführen und dafür die Gewährleistung nach den Regeln des Werkvertragsrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zu übernehmen. Zudem verpflichtete er sich die Feuchtigkeit, die es bereits in der Vergangenheit gab, auf eigene Kosten zu beheben, sollte diese bis zum 31.12.2015 erneut auftreten. Die Käufer rügten Feuchtigkeitsschäden gegenüber dem Verkäufer und forderten ihn unter Fristsetzung zur Beseitigung auf. Der Verkäufer reagierte nicht. Die Kläger klagten auf Ersatz der sog. fiktiven Mangelbeseitigungskosten, also Kosten, die zwar noch nicht entstanden sind aber bei Vornahme der Mängelbeseitigung voraussichtlich entstehen würden, sowie der Anwaltskosten und obsiegten in I. Instanz vor dem Landgericht. Die Berufung des Verkäufers der Eigentumswohnung, der als Beklagter sich gegen die Klageforderung verteidigte, wies das Oberlandesgericht zurück. Auch in der Revisionsinstanz scheiterte der Beklagte mit seinem Begehren, die Abweisung der Klage zu erreichen.

Auslegung der Vertragsklausel als Grundlage der Einordnung der Mängelrechte beim Immobilienkaufvertrag

Die Gerichte haben die streitgegenständliche Regelung des Immobilienkaufvertrags dahingehend ausgelegt, dass der Beklagte für die Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden gerade keine werkvertragliche Herstellungspflicht übernommen, sondern sich einer kaufrechtlichen Sachmängelhaftung unterworfen hat. Daher haftet der Beklagte nach den Bestimmungen des Kaufrechts für die festgestellten Feuchtigkeitsmängel und ist zum Schadensersatz statt der Leistung (sog. kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 BGB verpflichtet.

Fiktive Mängelbeseitigungskosten als Bemessungsgrundlage der kaufrechtlichen Sachmängelhaftung

Dabei könnten die Käufer der Immobilie den kaufvertraglichen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung anhand der voraussichtlich erforderlichen, aber (noch) nicht aufgewendeten („fiktiven“) Mängelbeseitigungskosten bemessen (BGH, Urteil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19). Dem steht auch nicht entgegen, dass der VII. Zivilsenat mit seinem Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 seine langjährige Rechtsprechung für den werkvertraglichen Anspruch auf den kleinen Schadensersatz, nach der der Schaden anhand der voraussichtlich erforderlichen Mängelbeseitigungskosten bemessen werden konnten, aufgegeben hat. Insoweit kann nach höchstrichterlicher Rechtsprechung der Schadensersatzanspruch im Werkvertragsrecht nur bereits aufgewandte, im Kaufvertragsrecht hingegen auch die voraussichtlichen aber noch nicht gezahlten, fiktiven Mängelbeseitigungskosten umfassen. Dies beruhe auf den bestehenden Unterschieden in der Ausgestaltung der werkvertraglichen und kaufvertraglichen Mängelrechte.

Fazit für die Parteien eines Kaufvertrags über eine Immobilie

Das Urteil des V. Zivilsenats stärkt die Rechte des Käufers einer Immobilie und veranschaulicht das Risiko, dass ein ungenau formulierter Immobilienkaufvertrag für den Verkäufer birgt. Den fiktiven Schadensersatzanspruch des Käufers, der Gegenstand des Urteils ist, leitet der BGH aus einem vertraglichen Anspruch ab, der aufgrund des Wortlauts des Kaufvertrags über die Eigentumswohnung den Bestimmungen des Kaufrechts und nicht den Bestimmungen des Werkvertragsrechts folgt. Anderenfalls hätte der Käufer die fiktiven Mängelbeseitigungskosten nicht verlangen können. 

Daher ist eine kompetente anwaltliche Beratung im Immobilienrecht vor Abschluss eines Immobilienkaufvertrags unerlässlich und angezeigt, um Risiken vorzubeugen. Notwendig ist auch eine anwaltliche Prüfung des Immobilienkaufvertrags nicht nur nach allgemeinem Vertragsrecht, sondern auch unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen des Kaufrechts und Werkvertragsrechts und ihrer Unterschiede, wie vorliegend im Hinblick auf die fiktiven Mängelbeseitigungskosten als Grundlage für den Anspruch auf Schadenersatz.

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