Was ist ein Prokurist?

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Die Prokura ist als handelsrechtliche Vollmacht zu verstehen. Sie ist in §§ 48 ff. des Handelsgesetzbuches geregelt. Das bedeutet aber nicht, dass nur Kaufleute Prokuristen sein können. Prokuristen können auch in einem Arbeitsverhältnis zur Firma stehen. Dies ist sogar eher der Regelfall. Wenn der Prokurist in den Betrieb des Unternehmens eingegliedert ist und einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, ist er in den meisten Fällen Arbeitnehmer.

Unabhängig hiervon ist die Erteilung der Prokura. Sie wird in der Regel schriftlich erteilt. Sie kann im Innenverhältnis beschränkt werden, jedoch nicht im Außenverhältnis. Das bedeutet, dass der Prokurist natürlich nicht alle Geschäfte für die Firma tätigen darf, wenn ihm dies gar nicht erlaubt ist. Eine Überschreitung der Befugnisse kann sogar im Einzelfall zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Eine Beschränkung der Prokura im Innenverhältnis ist zwar nicht notwendig, aber der Arbeitgeber hat möglicherweise ein Interesse daran, sie zu beschränken, dies muss aber dann natürlich gegenüber dem Angestellten Prokuristen ausreichend klarstellen.

Im Außenverhältnis ist die Prokura nicht beschränkbar. Die Prokura berechtigt zur Vornahme aller Geschäfte, die der Betrieb eines Handelsgeschäftes mit sich bringt. Einzige Ausnahme: Die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken.

Der Prokurist verwendet bei der Unterschrift gemäß § 51 HGB einen die Prokura andeutenden Zusatz („ppa“, per procuram alterius).

Was ist eine Gesamtprokura?

Das Unternehmen kann die Prokura dahin beschränken, dass der Prokurist nur gemeinsam mit einem weiteren Prokuristen oder mit einem Organmitglied (Geschäftsführer) handeln darf. Dann spricht man von Gesamtprokura, im 1. Fall von der echten, im 2. Fall von der gemischten Gesamtprokura.

Kann die Prokura auch wieder entzogen werden?

Die Prokura kann jederzeit widerrufen werden. Für den Widerruf der Prokura gibt es keine sonstigen Bedingungen. Es gilt der Grundsatz der freien Widerruflichkeit, § 52 HGB.

Darf der Prokurist Arbeitnehmerkündigungen aussprechen?

Ja, die Prokura berechtigt auch zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Dies muss auch nicht durch gesonderte Vollmacht beim Ausspruch der Kündigung nachgewiesen werden. Prokuristen sind im Handelsregister eingetragen. Jeder kann sich im Handelsregister darüber informieren, wer Prokurist ist. Allerdings kann der Prokurist nur bei der Erteilung einer Einzelprokura ohne Mitwirkung einer anderen Person handeln, siehe oben zur Gesamtprokura.

Das Bundesarbeitsgericht sieht es so:

Wird die Kündigung von einem Prokuristen des Arbeitgebers ausgesprochen, dessen Prokura im Handelsregister eingetragen und vom Registergericht gemäß § 10 HGB Abs. 1 HGB bekannt gemacht worden ist, bedarf es für die Wirksamkeit der Kündigung nicht der Vorlage einer Vollmachtsurkunde durch den Prokuristen nach Maßgabe des § 174 Satz 1 BGB. Vielmehr hat der Arbeitgeber in einem solchen Fall seine Belegschaft im Sinne von § 174 Satz 2 BGB über die von der Prokura umfasste Kündigungsberechtigung in Kenntnis gesetzt; der Gekündigte muss die Prokuraerteilung gemäß § 15 Abs. 2 HGB gegen sich gelten lassen. Dies gilt auch, wenn der Prokurist entgegen § 51 HGB nicht mit einem die Prokura andeutenden Zusatz zeichnet.

Bundesarbeitsgericht v. 11.07.1991 – gerichtl. Aktenz. 2 AZR 107/91

Sollte sich der Prokurist angesichts dieser großen Verantwortung gegen etwaige Haftungsrisiken versichern?

Der Prokurist sollte sich überlegen, ob er in eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung, die berufliche Risiken abdeckt, eintreten kann. Prokuristen können in eine D&O-Versicherung einbezogen werden. Eine Berufsrechtsschutzversicherung deckt derartige Risiken nicht ab.

Dr. Bert Howald

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Anwaltksanzlei Gaßmann & Seidel, Stuttgart


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