Was reduziert den Kindesunterhalt (nicht)?

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Wenn Sie Kindesunterhalt berechnen lassen, bemisst sich dessen Höhe nach dem „bereinigten Nettoeinkommen“ des unterhaltspflichtigen Elternteils. Nicht alle, aber manche Elternteile möchten wissen, und sei es rein informativ und fernab jeglicher Tricks beim Kindesunterhalt, durch welche Kostenfaktoren ihr Bruttoeinkommen gemindert werden kann. Da das Kind umgekehrt daran interessiert ist, sich den Kindesunterhalt nicht schmälern zu lassen, kommt es darauf an, welche Kosten abzugsfähig sind und welche nicht. Beim Einkommen und den Kostenfaktoren ist zu unterscheiden, ob der unterhaltspflichtige Elternteil Arbeitnehmer oder selbstständig tätig ist.

Lesen Sie also hier unsere Checkliste zu Abzügen beim unterhaltsrelevanten Einkommen und prüfen Sie, ob Sie für eine faire Unterhaltsberechnung schon an Folgendes gedacht haben!

15 Dinge, die den Kindesunterhalt beim Einkommen von Arbeitnehmern reduzieren, (wenn...)



Abzugsfähige PositionNicht (mehr) abzugsfähig, wenn…
Lohn- und Einkommensteuern
Sozialversicherungsbeiträge, wie Arbeitslosen-, Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
Kirchensteuern…es sich um Abgaben an eine Freikirche handelt und diese den üblichen Kirchensteuersatz übersteigen (BGH FamRZ 2018, 1766).
Vorsorgeaufwendungen für die private Altersvorsorge (auch Einmalzahlungen). Deren Form ist dem Elternteil freigestellt.… sie einen Betrag in Höhe von 4 % des Bruttoeinkommens des Vorjahres übertreffen (BGH FamRZ 2005, 1822), sie nicht tatsächlich geleistet wurden oder der Mindestbedarf des minderjährigen Kindes durch den Abzug nicht mehr gedeckt wäre.

Werbungskosten. Dazu gehören Fahrtkosten zum Arbeitsplatz, Arbeitskleidung, Beiträge für Gewerkschaften oder Berufsverbände.


Info: Meist wird ein pauschaler Betrag für berufsbedingte Aufwendungen anerkannt. Dieser beträgt 5 % des Nettoeinkommens, mindestens 50 EUR und höchstens 150 EUR monatlich (BGH FamRZ 2006, 110). Höhere Aufwendungen sind konkret darzulegen.
…der Unterhaltsschuldende an jedem Tag des Jahres gefahren sein will, da Arbeitnehmer im Jahr nur etwa 215 bis 220 Tage zur Arbeit fahren, so dass Urlaubs-, Feier- und Krankheitstage abzuziehen sind. Teils verweist die Rechtsprechung auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und erkennt nur die in dieser Höhe verursachten Fahrtkosten an. Die Nutzung eines PKWs muss in jedem Falle verhältnismäßig sein.
Umzugskosten…der Umzug nicht erforderlich war.
Prämien für eine Berufsunfähigkeitsversicherung (OLG Hamm FamRZ 2001, 625)

…es sich um Prämien für die Hausrats-, Rechtsschutz-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung handelt, ebenso

Lebensversicherungsprämien (BGH FamRZ 1984, 151), es sei denn, die Vermögensbildung ist als private Altersvorsorge anzuerkennen (siehe oben).
Kostenaufwand für ein häusliches Arbeitszimmer… der Unterhaltspflichtige nicht zwingend darauf angewiesen ist/war, zuhause zu arbeiten. Die Kostenfaktoren sind anteilig auf die Fläche des Arbeitszimmers bezogen für Miete, Strom, Gas und Wasser, Gebäudeversicherung, Hausratversicherung anzusetzen.
Fortbildungskosten, sofern sie beruflich veranlasst sind (KG FamRZ 1979, 66)…es sich um Weiterbildungskosten handelt (OLG Saarbrücken NJW-RR 1990, 1028).
Gesundheitsbedingte Mehraufwendungen, z.B. für eine medizinisch notwendige Diät eines Diabetikers oder den Eigenanteil an Arzt- und Arzneimittelkosten, Brillen, Zahnbehandlungskosten und Zahnprothesen (BGH FamRZ 19 86,663).
Aufwendungen für eine Haushaltshilfe (BGH FamRZ 1984, 154)
Umgangskosten, die in Wahrnehmung des Umgangsrechts mit dem Kind entstehen, können zu einer Erhöhung des notwendigen Selbstbehalts führen und das unterhaltsrelevante Einkommen reduzieren (BGH FamRZ 2014, 917). Fahrt- und Übernachtungskosten sind einkommensmindernd anerkennungsfähig.
Betreut der unterhaltspflichtige Elternteil selbst noch ein Kind, sind die Betreuungskosten abzugsfähig.…die Betreuung durch Dritte nicht infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist.
Ist der Elternteil berufstätig, erfolgt ein Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Einkommen.

Welche Schulden sind bei Arbeitnehmern in punkto Unterhalt (nicht) berücksichtigungsfähig?

Da ein minderjähriges Kind bei der Deckung seines Lebensbedarfs auf den Kindesunterhalt angewiesen ist, muss bei der Abwägung von Verbindlichkeiten vs. Unterhaltszahlungen in besonderem Maße darauf geachtet werden, dass der Kindesunterhalt als Mindestunterhalt gezahlt werden kann (BGH FamRZ 1990, 266). Insoweit hat der Unterhaltspflichtige nur Anspruch darauf, dass ein Anwachsen der Schulden vermieden wird. Deshalb sind nur Kreditzinsen, nicht aber Tilgungen zu berücksichtigen. Schulden sind daher bei gesteigerter Unterhaltspflicht nur eingeschränkt abzugsfähig (BGH FamRZ 1990, 266).

Altschulden?

Altschulden sind berücksichtigungsfähig, soweit sie

  • tatsächlich monatlich bedient werden,
  • in der Zeit des Zusammenlebens der Eltern zum Zweck der gemeinsamen Lebensführung eingegangen wurden
  • und nicht nur zur Wahrnehmung persönlicher Bedürfnisse des unterhaltspflichtigen Elternteils (BGH FamRZ 2019, 1415).
  • Eine Grenze ergibt sich dort, wo es um den Mindestbedarf des Kindes geht.

Neuschulden?

Hat der Elternteil neue Verbindlichkeiten begründet, ist in Anbetracht der Unterhaltsverpflichtung eine Anrechnung nach einer umfassenden Interessenabwägung möglich, soweit die Verschuldung unausweichlich notwendig war. Voraussetzung ist ferner ein angemessener Tilgungsplan, so dass der Elternteil den Gläubiger nicht ohne Rücksicht auf den Unterhaltsanspruch bedienen darf. Die Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger sind unter billigem Ermessen gegeneinander abzuwägen (BGH FamRZ 2003, 447).

Kredite für Konsumzwecke, mit denen

  • Möbel,
  • Pkw oder
  • Haushaltsgegenstände

angeschafft werden, sind unterhaltsrechtlich nicht relevant (OLG Nürnberg FamRZ 1992, 683). Ein Autokredit ist also nicht unterhaltsmindernd, ebenso wenig sind es Spielschulden (OLG Hamm FamRZ 1992, 1179).

Was muss der Arbeitnehmer außerdem von seinem Selbstbehalt bestreiten?

Kosten, die die allgemeine Lebenshaltung betreffen, sind keine abzugsfähigen Aufwendungen. Dazu gehören Aufwendungen für

  • Essen und Trinken,
  • Kleidung,
  • Wohnen,
  • Urlaub,
  • Mitgliedsbeiträge im Verein oder Eintrittsgelder für kulturelle Veranstaltungen.

Diese Aufwendungen sind aus dem Selbstbehalt zu bestreiten (BGH FamRZ 1982, 250). Nicht abzugsfähig sind darüber hinaus Beiträge für Zeitwertkonten. Diese gelten, bereinigt um die anteiligen Sozialversicherungsbeiträge sowie um die Einkommensteuer, als unterhaltsrelevantes Einkommen (OLG Brandenburg FamRZ 2022, 442).

Was reduziert den Kindesunterhalt beim Einkommen von Selbstständigen (nicht)?

Bei selbstständig Tätigen ergibt der Gewinn der letzten drei Jahre das Einkommen. Auch der Gewinn ist zu bereinigen. Insoweit kommen die gleichen Kostenfaktoren in Betracht wie bei Arbeitnehmern (siehe oben). Auch Beiträge zur Krankheitsvorsorge in üblicher Höhe wirken sich unterhaltsreduzierend aus.

Betrieblich veranlasste Kosten sind regelmäßig als Betriebsausgaben erfasst und haben Eingang in die Einnahmenüberschussrechnung oder in die Bilanz gefunden. Bei selbstständig Tätigen gilt jedoch eine Reihe von Besonderheiten.

Abflussprinzip für die Steuerbegleichung

Der Gewinn ist wie bei Arbeitnehmern um die persönlichen Einkommenssteuern zu bereinigen. Diese sind meist als Steuervorauszahlungen zu leisten. Maßgebend sind die tatsächlich gezahlten Steuern (BGH FamRZ 1987, 37). Dabei gilt das Abflussprinzip: Nicht der Zeitpunkt ist relevant, an dem die Steuern fällig sind, sondern jener, an dem die Steuern tatsächlich bezahlt werden.

Wie geben Selbstständige ihr Einkommen an?

Der selbstständige Unterhaltspflichtige gibt sein Einkommen indes meist dadurch wieder, dass er die vollständigen Einnahmenüberschussrechnungen mit Kontennachweisen und die vollständigen Steuerbescheide für den Unterhaltszeitraum vorliegt (OLG Schleswig FamRZ 2015, 1118). Soweit sich die Einkommensermittlung trotzdem als schwierig gestaltet, kann das Familiengericht im Rahmen einer umfassenden Beweiswürdigung die vom Unterhaltspflichtigen vorgelegten Unterlagen auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit hin überprüfen. Bei Widersprüchen oder Ungereimtheiten können entsprechende Positionen von vornherein außer Betracht bleiben (BGH FamRZ 1993, 789). Soweit der Unterhaltspflichtige aus dem Gewinn Privatentnahmen tätigt, sind diese ein guter Ausgangspunkt für die Ermittlung der unterhaltsrechtlich relevanten Einkünfte. Sie spiegeln nämlich den Lebenszuschnitt des Unterhaltspflichtigen wider (OLG Dresden FamRZ 1999, 850).

Altersvorsorge

Der selbstständige Unterhaltspflichtige kann einen angemessenen Betrag für die Altersvorsorge in Höhe der gesetzlichen Rentenversicherung zuzüglich einer Zusatzversorgung aufwenden. Es gelten diejenigen Beträge als angemessen, die ein Arbeitnehmer an die gesetzliche Rentenversicherung abführen müsste. Insoweit werden höchstens bis zu ca. 23 % des Gewinns veranschlagt (BGH FamRZ 2003, 860). Es ist dem Unterhaltspflichtigen überlassen, in welcher Form er Vorsorge trifft. Nur fiktive Aufwendungen sind nicht berücksichtigungsfähig.

Gewerbesteuern

Gewerbesteuern, sofern diese bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht bereits als Betriebsausgabe berücksichtigt sind, schmälern den Gewinn.

Die Schwierigkeit besteht oft darin, dass steuerlich bedingte Abzüge vom Einkommen unterhaltsrechtlich nicht oder nur teilweise anzuerkennen sind. Hinzu kommt, dass der selbstständige Unterhaltspflichtige vielerlei Möglichkeiten hat, seinen Gewinn steuerlich optimal zu gestalten.

Gut zu wissen:

Ein zu geringer privater Eigenverbrauch oder durch betriebliche Ausgaben ersparte Aufwendungen im privaten Lebensbereich gelten nicht als Ausgaben und sind dem Gewinn hinzuzurechnen (OLG Koblenz FamRZ 2018, 259).

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iurFRIEND ruft Sie anschließend an, um offene Punkte zu klären und Ihnen den Preis für die Leistung zu übermitteln. Erst wenn Sie dann zugesagt haben, beginnen wir mit der Berechnung.

Unsere Unterhaltsberechnungen finden komplett online statt, erweisen Ihnen die höchste Kostentransparenz und erfolgen zuverlässig und zeitnah. Sie finden unser Online-Unterhaltsformular hier:

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Foto(s): iurFRIEND

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