Was tun bei Tod des Unterhaltspflichtigen?

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Ein Todesfall im nahen Umfeld ist immer ein Einschnitt im Leben. Verstirbt ein Unterhaltspflichtiger, ist dieser Verlust womöglich nicht nur emotional, sondern auch finanziell spürbar. Immerhin hilft Unterhalt, den Lebensbedarf abzusichern. Was geschieht also mit dem Anspruch auf Unterhalt, wenn der Unterhaltspflichtige stirbt? Soweit die Erben in der Verantwortung stehen, ist zu unterscheiden, ob es um Kindesunterhalt, Betreuungsunterhalt für den nichtehelichen Elternteil, Trennungsunterhalt oder nachehelichen Ehegattenunterhalt geht.

Was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige stirbt?

Stirbt der Unterhaltspflichtige, geht der gesamte Nachlass auf den bzw. die Erben über. Die Erben übernehmen den Nachlass mit allen Rechten und Pflichten, die in der Person des unterhaltspflichtigen Erblassers (Unterhaltsschuldner) begründet waren. Zu den Pflichten gehören auch die Nachlassverbindlichkeiten. Dies sind alle Schulden, die in der Person des Erblassers auf gesetzlicher oder vertraglicher Grundlage begründet waren.

Wer erbt Unterhaltsschulden?

War der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes verpflichtet,

  • Kindesunterhalt,
  • Betreuungsunterhalt,
  • Trennungs- oder Ehegattenunterhalt

zu leisten, ist zu klären, ob ein solcher Unterhaltsanspruch zu den Nachlassverbindlichkeiten gehört, für den der Erbe weiterhin haftet oder ob die Ansprüche mit dem Tod des unterhaltspflichtigen Erblassers erlöschen. Das Gesetz beantwortet die Frage unterschiedlich.

Kindesunterhalt nach dem Tod des Unterhaltsschuldners

War der Unterhaltsschuldner (Erblasser) gegenüber einem Kind unterhaltspflichtig, erlischt mit seinem Tod der Anspruch des Kindes auf Zahlung des Kindesunterhalts (§ 1615 BGB). Eine Ausnahme besteht für bereits fällige, aber noch nicht bezahlte Beträge oder Unterhalt für die Vergangenheit, soweit der Unterhaltsschuldner in Verzug gesetzt wurde. Kindesunterhalt ist fällig, wenn der Anspruch rechtsverbindlich in einer

  • Jugendamtsurkunde,
  • einem gerichtlichen Beschluss,
  • einem gerichtlichen Vergleich
  • oder in einer notariell beurkundeten Scheidungsfolgenvereinbarung

dokumentiert wurde. Aus einem solchen Titel kann dann notfalls auch die Zwangsvollstreckung gegen den Erben betrieben werden.

Unterhalt für die Vergangenheit, der bislang nicht rechtsverbindlich festgesetzt wurde, kann nur noch eingefordert werden, wenn der Unterhaltsschuldner aufgefordert worden war, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen oder er zur Zahlung von Kindesunterhalt angemahnt oder der Unterhaltsanspruch bei Gericht im Wege einer Unterhaltsklage geltend gemacht wurde (§ 1613 BGB).

Liegen die Voraussetzungen für die Inverzugsetzung des Unterhaltsschuldners nicht vor, haften die Erben zumindest für den Unterhalt im Monat des Todes, da der Anspruch auf Kindesunterhalt jeweils monatlich im Voraus zu zahlen ist (§ 1612 Abs. III BGB).

Betreuungsunterhalt, wenn der Unterhaltsschuldner stirbt

Wird ein Kind außerhalb einer bestehenden Ehe geboren, ist der Vater der nicht verheirateten Mutter verpflichtet, für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren (§ 1615l BGB). Er muss zudem für die Kosten, die außerhalb dieses Zeitraums infolge der Schwangerschaft oder der Entbindung entstehen, aufkommen. Der Unterhaltsanspruch betrifft auch die Situation, dass die Mutter aus schwangerschafts- oder entbindungsbedingten Gründen außerstande ist, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Außerdem hat die Mutter Anspruch auf Betreuungsunterhalt, wenn sie das Kind bis zu drei Jahre nach der Geburt pflegt und erzieht und eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Der Zeitraum für den Betreuungsunterhalt verlängert sich, wenn das Kind über das dritte Lebensjahr hinaus besonderen Betreuungsbedarf hat. Soweit der Vater das Kind nach der Geburt betreut, steht ihm gleichfalls Anspruch auf Betreuungsunterhalt gegenüber der Mutter zu (§ 1615l Abs. IV BGB).

Das Gesetz bestimmt ausdrücklich, dass der Anspruch der nichtehelichen Mutter mit dem Tod des unterhaltspflichtigen Vaters nicht erlischt (§ 1615l Abs. III BGB). Gleiches gilt für den Anspruch des Vaters auf Betreuungsunterhalt, wenn die Mutter stirbt. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die Unterhaltspflicht zur Nachlassverbindlichkeit wird und die Erben den Unterhalt der Mutter oder des Vaters gewährleisten müssen.

Trennungsunterhalt nach dem Tod des Unterhaltsschuldners

Leben die Ehepartner im Zeitpunkt des Todes eines Partners getrennt und wurde die Scheidung noch nicht beantragt, erlischt der Anspruch auf Trennungsunterhalt mit dem Tode des Unterhaltsschuldners (§ 1361 BGB). Es gelten die gleichen Regelungen wie für den Kindesunterhalt. Da das Gesetz hier mit einer Reihe von Querverweisungen arbeitet, ist im Einzelfall immer im Detail zu prüfen, ob und inwieweit ein Anspruch noch besteht.

Anders ist es, wenn die Ehepartner im Zeitpunkt des Erbfalls getrennt leben und der verstorbene Unterhaltsschuldner die Scheidung bereits beantragt oder dem Scheidungsantrag des Partners zugestimmt hatte. In diesem Fall der erlischt der Unterhaltsanspruch nicht. Es gelten die gleichen Regelungen wie für den nachehelichen Ehegattenunterhalt.

Ehegattenunterhalt nach dem Tod des Unterhaltsschuldners

Hat der Ehegatte Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt, erlischt sein Anspruch nicht mit dem Tod des Unterhaltsschuldners (§ 1586b BGB). Die Unterhaltspflicht ist Nachlassverbindlichkeit und verpflichtet die Erben, den Unterhalt auch nach dem Tod des Unterhaltsschuldners zu bezahlen.

Allerdings beschränkt das Gesetz die Haftung der Erben auf den Betrag, der dem Pflichtteil entspricht, der dem Unterhaltsschuldner zustünde, wenn die Ehe nicht geschieden worden wäre. Dazu wird fiktiv (theoretisch) auf den Fortbestand der Ehe abgestellt und geprüft, in welcher Höhe ein Pflichtteil bestehen würde. Die Besonderheiten des Güterstandes (Zugewinngemeinschaft, Gütertrennung, Gütergemeinschaft) bleiben dabei außer Betracht.

Der Anspruch des überlebenden Ehepartners gegen den Erben des Unterhaltsschuldners bleibt nur so lange bestehen, bis die Zahlungen die Höhe des fiktiv berechneten Pflichtteils erreicht haben:

  • Damit der unterhaltsberechtigte Ehepartner seinen Anspruch gegen den Erben auch beziffern kann, steht ihm ein Auskunftsrecht gegenüber den Erben zu (§ 2314 BGB).
  • Die Erben müssen über den Wert und den Bestand des Nachlasses Auskunft erteilen.
  • Daraus errechnet sich dann der Pflichtteil, der wiederum Maßstab für die Bezifferung des Unterhaltsanspruchs ist.

Voraussetzung für den fortbestehenden Unterhaltsanspruch ist allerdings, dass der überlebende Ehegatte weiterhin finanziell bedürftig ist. Hat der Ehegatte bei der Scheidung im Wege des Versorgungsausgleichs oder Zugewinnausgleichs Leistungen erhalten, sind diese bei der Berechnung seines Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen.

Tipp:  Wurde der Unterhaltsanspruch rechtsverbindlich festgestellt (tituliert), braucht der Titel zum Zwecke der eventuell erforderlichen Zwangsversteigerung nicht auf den Namen des oder der Erben umgeschrieben werden. Auch braucht der überlebende Ehepartner seinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt nicht erneut gerichtlich geltend zu machen. Zweck ist, den Geschiedenen über den Tod des Unterhaltsschuldners hinaus abzusichern und einen Ausgleich für den durch die Scheidung entstandenen Verlust seiner erbrechtlichen Ansprüche zu ermöglichen. Insoweit hat auch derjenige, der erbrechtlich nicht zum Zuge kommt, einen Unterhaltsanspruch gegen den Erben.

Wer muss den Unterhalt nach Tod des Unterhaltsschuldners zahlen?

Ergibt die Prüfung, dass die Erben den Unterhaltsanspruch nach dem Tod des Unterhaltsschuldners weiterhin erfüllen müssen, ist zu klären, wie der oder die Erben in Anspruch genommen werden können. Ist der Erbe Alleinerbe, ist die Haftung offensichtlich. Hinterlässt der Unterhaltsschuldner jedoch mehrere Erben, bilden alle Erben eine Erbengemeinschaft.

Für Nachlassverbindlichkeiten haften die Miterben als sogenannte Gesamtschuldner. Dies bedeutet, dass der Unterhaltsberechtigte den vollen Unterhaltsanspruch auch nur von einem einzigen der Erben verlangen kann. Er braucht die einzelnen Miterben also nicht anteilig oder entsprechend der Erbquote in Anspruch zu nehmen. Wird ein bestimmter Erbe in Anspruch genommen, bleibt es ihm überlassen, sich seinerseits mit den übrigen Miterben im Innenverhältnis auseinanderzusetzen.

Fazit

Unterhaltsrecht ist eine Herausforderung. Noch schwieriger wird es, wenn der Unterhaltsanspruch unter erbrechtlichen Gesichtspunkten geltend zu machen ist. Lassen Sie sich daher am besten anwaltlich beraten, wenn Sie als hinterbliebener Unterhaltsempfänger oder Erbe betroffen sind.

Foto(s): iurFRIEND

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