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Waschplatz mit Blitzeis - hat der Betreiber eine Verkehrssicherungspflicht?

  • 3 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Der Winter ist endlich da und mit ihm Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. Trotzdem wollen viele Autofahrer auch dann nicht auf ein sauberes Auto verzichten und waschen dieses aus Kostengründen oftmals in sogenannten SB-Waschboxen. Dass es dort im Winter gefährlich glatt sein kann, musste eine Frau in diesem aktuellen Fall erfahren.

Sturz nach Autowäsche

Eine Frau fuhr am 11.02.2013 um ca. 13 Uhr mit ihrem Auto zu einem Selbstbedienungswaschplatz. Nachdem sie ihr Auto mit einer Waschbürste gereinigt hatte, wollte sie noch Papier aus ihrem Kofferraum in einen Mülleimer werfen, der nur einen Meter neben ihrem Auto stand. Auf dem Weg dorthin rutschte sie aus und stürzte so unglücklich, dass sie sich einen Lendenwirbel und die linke Hand brach. Beide Verletzungen mussten operativ versorgt werden und erforderten einen längeren stationären Klinikaufenthalt.

Ursache war Blitzeis

Nach Angaben der Frau herrschten zum Unfallzeitpunkt ca. 0,3 Grad Celsius. Dennoch gab sie als Unfallursache an, dass verspritztes Waschwasser auf dem Boden gefroren sei, zu einzelnen Glättestellen geführt habe und sie deshalb gestürzt sei. Dies habe auch ein Zeuge bestätigt. Aus diesem Grund verlangte sie vom Betreiber der SB-Waschanlage Schadensersatz, Schmerzensgeld und Ersatz zukünftiger Schäden und reichte Klage beim Landgericht Münster ein. Diese Klage hatte keinen Erfolg, sodass die Frau schließlich beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm Berufung einlegte.

Verkehrssicherungspflicht des Betreibers

Grundsätzlich muss jeder, der im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit für Dritte eine Gefahrenquelle schafft, Vorkehrungen zum Schutz dieser Dritten treffen und dafür sorgen, dass niemand zu Schaden kommt, die sogenannte Verkehrssicherungspflicht. Das OLG führte in seinem Urteil aus, dass den Betreiber einer Selbstbedienungswaschanlage eine Verkehrssicherungspflicht grundsätzlich nur für betriebsbedingte Gefahrenquellen trifft, an deren Erfüllung vor allem im Winter erhöhte Anforderungen zu stellen sind.

Besonderheiten im vorliegenden Fall

Dieser Fall hat jedoch zwei Besonderheiten. Zum einen handelt es sich um einen Waschplatz mit Selbstbedienung und zum anderen haben nicht Niederschläge wie Regen oder Schnee zur Glatteisbildung geführt, sondern das Waschwasser aus den Waschboxen. Daher traf den Betreiber schon keine allgemeine Streupflicht. Auch geht die Verkehrssicherungspflicht des Betreibers nicht so weit, dass er bei ständiger Waschplatznutzung nach jeder Wäsche Maßnahmen zur Verhinderung von Blitzeis ergreifen muss. Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht muss der Kunde nämlich nur vor solchen Gefahren geschützt werden, die er in der konkreten Situation trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen oder vermeiden kann. Kann der Verkehrsteilnehmer die Besonderheiten aber erkennen und sich darauf einstellen, so muss nicht vor möglichen Gefahren gewarnt werden.

Mit Glätte ist zu rechnen

Dies war hier der Fall. Der Unfalltag war ein Tag im Februar 2013 und die Temperaturen betrugen nur knapp über 0 Grad Celsius. Die Frau hätte erkennen können und müssen, dass im Bereich der Waschboxen Wasser auf dem Boden verspritzt wird, gefriert und dass es dadurch an einigen Stellen gefährlich glatt sein kann. Außerdem kann bei einer SB-Waschanlage, deren Nutzung lediglich 50 Cent beträgt, nicht mit einem durchgängigen Service bzw. anwesendem Personal gerechnet werden. Auch das Streuen von Salz oder Granulat wäre nicht erfolgreich gewesen, da beide Streumittel durch die ständige Benutzung der Waschplätze ständig weggespült würden.

Keine Verkehrssicherungspflichtverletzung

Der Betreiber muss bei winterlichen Temperaturen seine Kunden nicht darauf hinweisen, dass im Bereich des Waschplatzes Glatteis vorhanden sein kann, wenn das übrige Gelände geräumt und eisfrei ist. Seine Verkehrssicherungspflicht umfasst nur die Warnung vor den Gefahren, die für den Benutzer nicht erkennbar sind und mit denen er nicht zu rechnen braucht. Daher musste der SB-Waschplatzbetreiber seine Kunden nicht auf mögliche Glätte hinweisen. Aus diesem Grund kann auch offenbleiben, ob die Frau ein Mitverschulden nach § 254 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) trifft, indem sie loslief, ohne auf den Zustand des Bodens zu achten. Folglich haftet der Betreiber nicht nach den §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB oder § 823 Abs. 1 BGB.

Fazit: Wer bei winterlichen Temperaturen einen SB-Waschplatz benutzt, sollte immer damit rechnen, dass es dort glatt sein kann, und dementsprechend vorsichtig sein.

(OLG Hamm, Urteil v. 22.05.2015, Az.: I-9 U 171/14)

(WEI)

Foto(s): ©fotolia.de

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