Wechselmodell – Abänderung BGH, Beschluss vom 19. Januar 2022 - XII ZA 12/21

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Die gemeinsam sorgeberechtigten Kindeseltern hatten 2018 in einer gerichtlich gebilligten Elternvereinbarung für die Betreuung und Versorgung ihres gemeinsamen Kindes das paritätische Wechselmodell vereinbart.

Die Kindesmutter begehrte nach ihrer Ansicht aus dem Kindeswohlinteresse heraus die Aufhebung dieses Wechselmodells mit der Errichtung des Schwerpunktes des Aufenthaltes des Kindes bei ihr. Ihrem Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes als Teil des Sorgerechts gab das Familiengericht statt. Auf die Beschwerde des Kindesvaters hob das OLG Dresden diese Entscheidung auf. Die begehrte Verfahrenskostenhilfe für eine Rechtsbeschwerde beim BGH wurde abgelehnt.

Bis zu seiner Entscheidung vom 1. Februar 2017-XII ZB 601/15 wurde von den Oberlandesgerichten einhellig die Auffassung vertreten, dass für eine richterliche Anordnung eines Wechselmodells, auch wenn es dem Kindeswohl am besten entsprechen sollte, die gesetzliche Grundlage fehle. Der BGH hat in der Entscheidung eine solche im Rahmen einer Umgangsregelung bei gemeinsamer elterlicher Sorge als möglich angesehen.

Ob auch bei nicht gemeinsamer elterlicher Sorge ein Wechselmodell als Umgangsregelung in Betracht kommt, wenn es nicht auf einer Elternvereinbarung beruht, ist hingegen zweifelhaft. Hierzu bedarf es auch einer sorgerechtlichen Entscheidung.

Die Unterscheidung zwischen Sorgerechts- und Umgangsregelung bleibt auch bei einer Abänderung einer Entscheidung oder Vereinbarung dringend zu beachten.

Die Abänderung einer Entscheidung oder gebilligten Elternvereinbarung über § 1696 BGB kann nur in einer gleichartigen Entscheidung des Sorge- oder Umgangsrechtes erfolgen.

Die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechtes ist nicht automatisch mit einer Änderung der Betreuung des Kindes vom Wechselmodell in ein Residenzmodell verbunden.

Ob eine Wechselmodellregelung bei einer vorherigen Sorgerechtsregelung zur Alleinsorge im sachlichen Widerspruch treten kann, sei im Einzelfall zu beantworten.

Die begehrte Abänderung des Wechselmodells wurde nicht in Abrede gestellt und stand nicht auf dem Prüfstand der gerichtlichen Entscheidungen. Allein entscheidend war das nach Auffassung des OLG und des BGH falsch gewählte materielle Kindschaftsrecht und damit den falschen verfahrensrechtlichen Gegenstand.


Auch wenn die weit überwiegende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte der Vorgabe des Bundesgerichtshofes folgt, dass das Wechselmodell eine Umgangsregelung darstelle, gibt es auch „Ausreißer“, wie zum Beispiel die Entscheidung des OLG Frankfurt im Beschluss vom 29. Januar 2020 – 2 UF 301/19 –. Dieser Senat sah in der Anordnung eines paritätischen Wechselmodells des Familiengerichts im Rahmen eines einstweiligen Anordnungsverfahrens eine sorgerechtliche Regelung, die, anders als eine einstweilige Regelung zum Umgangsrecht, nach § 57 Satz 2 Nr. 1 FamFG der Anfechtung unterliege.

Gleichermaßen sprechen Argumente für und gegen die Auffassungen, dass es sich bei einer Entscheidung oder Vereinbarung über ein paritätisches Wechselmodell um eine Umgangsregelung bzw. Sorgerechtsregelung handelt.

Um Klarheit und Rechtssicherheit zu erhalten, wäre die seit Jahren erforderliche und angekündigte Reform des Kindschaftsrecht wünschenswert.


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