Wer ist Eigentümer einer Windkraftanlage?

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Da es sich bei Windkraftanlagen um teure und langfristige Anlageobjekte handelt, kommt auch der Frage der Eigentumsverhältnisse hinsichtlich solcher Anlagen eine gewichtige Bedeutung zu. Vielfach wird die Anlage nicht vom Grundstückseigentümer errichtet und betrieben, sondern der Betreiber schließt zumeist einen Pachtvertrag mit dem Grundstückseigentümer ab. Weiterhin verlangen meist die finanzierenden Banken eine Übereignung der Windkraftanlage zur Besicherung des Finanzierungskredits.

Es stellt sich daher die Frage, ob eine Windkraftanlage und auch ihre Bestandteile sonderrechtsfähig sind, oder ob der Grundstückseigentümer durch die Verbindung der Anlage mit dem Grundstück automatisch Eigentümer der Anlage wird. Würde der Grundstückseigentümer und Verpächter automatisch mit der Errichtung der Anlage auch deren Eigentümer, dann hätte der Pächter und Betreiber der Anlage sein Eigentum an den Anlagebestandteilen verloren und die Sicherungsübereignung des Pächters an die Bank wäre auch unwirksam.

Nach § 946 BGB erstreckt sich das Eigentum an einem Grundstück automatisch auch auf eine bewegliche Sache (oder eine Sachgemeinschaft), wenn diese mit dem Grundstück dergestalt verbunden ist, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird. Es fragt sich daher, ob die Windkraftanlage ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist.

Nach § 94 BGB gehören zu den wesentlichen Bestandteilen eines Grundstücks die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude. (Bei dem Begriff „Gebäude“ ist zu beachten, dass dieser wesentlich enger ist als der Bauwerksbegriff, der eine Rolle bei der Bestimmung der Verjährungsfrist spielt.)

Zwar kann man eine Windkraftanlage – vor allem aufgrund des massiven Fundaments – als fest mit dem Boden verbunden ansehen, jedoch ist die Ausnahme des § 95 I 1 BGB zu beachten: „Zu den Bestandteilen eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind.

Es kommt also darauf an, ob eine Windkraftanlage nur zu einem vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 I 1 BGB mit dem Grundstück verbunden wurde.

Im Jahre 2017 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass auch die Absicht eines Grundstückspächters, eine Windkraftanlage für ihre gesamte wirtschaftliche Lebensdauer darauf zu belassen, nicht zum Eigentumsübergang auf den Grundstückseigentümer führt und daher der Verpächter und Grundstückseigentümer kein Eigentum an der Windkraftanlage erworben hat. Eine Verbindung zu einem „vorübergehenden Zweck“ liegt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs auch dann noch vor, wenn die Sache erst nach Ablauf ihrer gesamten (wirtschaftlichen) Lebensdauer wieder entfernt werden soll und dies in einem Pachtvertrag so geregelt wird. Weiterhin kann man davon ausgehen, dass die Rotorblätter und Generatoren als unwesentliche Bestandteile der Windkraftanlage angesehen werden können und damit an diesen auch gesondert Eigentum erworben werden kann.

Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nicht unproblematisch, da diese offensichtlich im Widerspruch zur Auffassung der Finanzgerichte steht. Die Finanzgerichte müssen für die Abgrenzung von beweglichen Wirtschaftsgütern und Grundstücksbestandteilen auch die zivilrechtliche Beurteilung gem. §§ 93-95 BGB berücksichtigen. Jedoch sind die Finanzgerichte – anders als der Bundesgerichtshof – der Auffassung, dass ein vorübergehender Zweck bei Mieter- oder Pächtereinbauten nur dann vorliegt, wenn deren Nutzungsdauer kürzer ist als die bei Vertragsabschluss in Aussicht genommene Miet- bzw. Pachtdauer. D.h. die Finanzgerichte hätten im vorgenannten Fall dem Eigentümer des Grundstücks auch das Eigentum an der Windkraftanlage zugesprochen.

Um jegliche Abgrenzungsschwierigkeiten zu verhindern, verlangen Windanlagenbetreiber zumeist die Bestellung einer Dienstbarkeit zu ihren Gunsten, denn diese führt nach § 95 I 2 BGB dazu, dass die Anlage als Scheinbestandteil des Grundstücks angesehen werden muss und daher im Eigentum des Betreibers bleibt.



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