Werkstattrisiko. What Werkstattrisiko?

  • 2 Minuten Lesezeit

Man kennt das – es hat gekracht, das Blech ist beschädigt, der Blindfisch im anderen Auto ist schuld.

Es kommt vor, dass die gegnerische Haftpflichtversicherung dann anbietet, den Schaden über einen von ihr beauftragten Sachverständigen ermitteln und dann durch eine von ihr eingeschaltete Werkstätte beheben zu lassen.

Da Haftpflichtversicherer sparsam wirtschaften wollen, kommt bei dem einen oder anderen Geschädigten die Frage auf, ob das dann komplett und vor allem fachgerecht repariert wird.

In der Regel hat man seine eigene Werkstatt, der man vertraut und das heilige Blech in guten Händen weiß.

Kann man also die eigene Werkstatt ohne weiteres einschalten, das Angebot der Versicherung ausschlagen und gibt das dann Probleme mit der Rechnung?

Hier kommt das sog. Werkstattrisiko ins Spiel.

Folgende Konstellation: Der Wagen wird in die vertraute Werkstatt gebracht, dort repariert und nachher mäkelt die gegnerische Versicherung herum, das sei viel zu teuer. Es hätte billigere Möglichkeiten gegeben, den Wagen zu reparieren und man übernehme nur diese – niedrigeren – Kosten.

Folge ist, dass man sich monatelang vor Gericht mit der Versicherung herumstreitet und irgendwann einem faulen Kompromiss zustimmt, nur damit es vorbei ist.

DAS ist das Werkstattrisiko, also die Frage, mit wem das Risiko heimgeht, dass man eine Werkstatt – in der Regel die seines Vertrauens – aufsucht, die teurer abrechnet als andere.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in brezelwarmen und sehr wichtigen Entscheidungen vom 16.1.2024 (Aktenzeichen u.a. VI ZR 38/22) seine bisherige Rechtsprechung bestätigt, dass das Werkstattrisiko grundsätzlich das Risiko des Schädigers und nicht des Geschädigten ist.

Der BGH in seiner Pressemitteilung: 

„Übergibt der Geschädigte das beschädigte Fahrzeug an eine Fachwerkstatt zur Instandsetzung, ohne dass ihn insoweit ein (insbesondere Auswahl- oder Überwachungs-) Verschulden trifft, so sind die dadurch anfallenden Reparaturkosten im Verhältnis des Geschädigten zum Schädiger deshalb auch dann vollumfänglich ersatzfähig, wenn sie aufgrund unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise der Werkstatt unangemessen, mithin nicht erforderlich im Sinne von § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind."

Natürlich werden dadurch nur die tatsächlich dem Unfall zuzuordnenden Schäden erfasst, also keine Vorschäden oder sonstige bei der Reparatur auftauchenden Wehwehchen des Fahrzeugs.

Festgeklopft hat der BGH die Risikozuweisung zu Lasten des Schädigers nun ausdrücklich auch insoweit, dass der Geschädigte keinesfalls etwa verpflichtet ist, vor der Reparatur ein Sachverständigengutachten einzuholen und den Reparaturauftrag auf Basis des Gutachtens zu erteilen, denn er darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Werkstatt keinen unwirtschaftlichen Weg bei der Reparatur wählt.

Das gilt übrigens auch dann, wenn der Geschädigte das Fahrzeug bei seiner Werkstatt abgibt und wie üblich alles Weitere dann von dort veranlasst wird, sprich Einholung eines Gutachtens und nachherige Reparatur durch die Werkstatt. 

Wichtig ist schließlich, dass das vom Schädiger zu tragende Werkstattrisiko auch die Leistungen der Werkstatt umfasst, die sie nicht selbst ausführt, also beispielsweise dann, wenn das Fahrzeug zum Lackieren zu einer externen Lackierwerkstatt gegeben wird.

Fazit: Man muss sich bis auf krasse Ausnahmefälle, die Ihnen Ihr Anwalt erläutert, nicht sorgen, dass man Nachteile hat, wenn man alles in vertraute Hände gibt und ein entsprechendes Reparaturangebot des gegnerischen Haftpflichtversicherers ablehnt.

Und natürlich sind auch die Kosten Ihres Anwaltes von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu tragen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Markus Hartmann

Beiträge zum Thema

Ihre Spezialisten