Widerrufsrecht bei Handwerker-Verträgen: Wann besteht ein Widerrufsrecht und wann nicht?

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Zu Hause geschlossene Handwerker-Verträge: Besteht ein Widerrufsrecht ja oder nein?

Verbraucherverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, sind ein wichtiges Thema im Verbraucherschutzrecht. 

Diese Verträge und Konstellation, die oft auch zwischen Handwerkern und Verbrauchern geschlossen werden, unterliegen bestimmten gesetzlichen Besonderheiten. 

Verbraucher haben grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht für diese Verträge, das sich um ein Jahr verlängert, wenn der Handwerker über dieses Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß aufklärt

Allerdings hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 6. Juli 2023 (Az. VII ZR 151/22) klargestellt, dass Verbrauchern kein Widerrufsrecht für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge zusteht, sofern der Vertrag nicht unter gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien geschlossen wurde. Der BGH hat hierdurch eine Sonderkonstellation geschaffen, die eine wichtige Einschränkung des Widerrufsrechts vornimmt, die es zu kennen und zu verstehen gilt.


Die Entscheidung des BGH mit Urteil vom 06.07.2023 (Az. VII ZR 151/22)

Im Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 06. Juli 2023 (Aktenzeichen VII ZR 151/22), ging der BGH auf die Thematik des sogenannten "Handwerker-Widerrufs" ein. 

Der BGH stellte klar, dass ein Widerrufsrecht für Verbraucher nicht besteht, wenn der Verbraucher genügend Zeit hatte, über die Annahme eines Angebots zu schlafen und somit nicht unter Druck oder Überraschung handeln musste. Das Urteil des BGH basiert auf der Auslegung des § 312b Abs. 1 Nr. 1 BGB und der dahinterstehenden Verbraucherrechterichtlinie, die Verbraucher vor übereilten Entscheidungen außerhalb von Geschäftsräumen schützen soll.

Im konkreten Fall ging es um einen Dachdecker, der einem Hausbesitzer zusätzliche Arbeiten und Kosten erläuterte. Der Hausbesitzer erteilte den Auftrag jedoch erst am Folgetag telefonisch. D. h. Angebot und Annahme fielen mehr als einen Tag auseinander.

Das Berufungsgericht hatte noch angenommen, dass der Vertrag im Haus des Verbrauchers geschlossen wurde, was ein Widerrufsrecht nach sich gezogen hätte. 

Der BGH korrigierte diese Annahme und betonte, dass der Verbraucher ausreichend Zeit hatte, das Angebot zu prüfen, und daher kein Widerrufsrecht nach §§ 355, 312g Abs. 1, 312b Abs. 1 BGB bestand.

Die Entscheidung des BGH verdeutlicht, dass ein Widerrufsrecht nicht greift, wenn die Vertragsannahme nicht unter einer typischen Druck- oder Überraschungssituation erfolgt, ein gewisses Zeitfenster zwischen Angebot und Annahme liegt und der Verbraucher die Möglichkeit hat, das Angebot ohne zeitlichen Druck zu bewerten. Dies schließt Fälle aus, in denen das Angebot bereits am Vortag unterbreitet wurde und der Verbraucher erst später zustimmt.

Die Entscheidung des BGH ist auch im Kontext der europäischen Rechtsprechung zu sehen, da sie die Rechte der Verbraucher im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) interpretiert. Der BGH hat mit diesem Urteil eine klare Grenze gezogen, wann ein Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen außerhalb von Geschäftsräumen besteht und wann nicht.

Dies hat auch nachhaltige Auswirkungen auf andere "Haustürgeschäfte".


Fazit

Das Urteil des BGH hat wichtige Auswirkungen auf die Praxis. 

Es stellt klar, dass ein Widerrufsrecht nur dann besteht, wenn der Vertrag unter gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit beider Parteien geschlossen wurde. 

Dies bedeutet, dass Verbraucher, die ein am Vortag vom Unternehmer unterbreitetes Angebot am Folgetag außerhalb von Geschäftsräumen annehmen, kein Recht zum Widerruf haben

Dieses Urteil betont die Bedeutung der genauen Umstände des Vertragsschlusses und die Notwendigkeit für Unternehmer, Verbraucher genau über ihr Widerrufsrecht zu belehren, um Risiken zu vermeiden

Es ist daher für alle Beteiligten wichtig, sich über die genauen Bedingungen und Ausnahmen des Widerrufsrechts im Klaren zu sein.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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