Wie kann die Vaterschaft festgestellt werden, wenn die Mutter ihre Mitwirkung verweigert?

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1. Einleitung

Es mag zwar unter Umständen Väter geben, die keinen Wert auf die Vaterschaft legen. Dies trifft jedoch bei weitem nicht auf alle Väter zu, sodass zum einen einige Väter durchaus ein Interesse daran haben, dass ihre Vaterschaft anerkannt bzw. festgestellt wird. Und zum anderen können auch Mütter ein Interesse daran haben, zu wissen, wer der Vater ihres Kindes ist (z.B. aus ideellen Gründen, aber auch wenn es um Unterhaltszahlungen geht).


Dieser Beitrag befasst sich jedoch nicht mit der Seite der Mütter, sondern will vielmehr aufzeigen, welche Möglichkeiten Väter haben, wenn die Mutter eine Mitwirkung bei der Vaterschaftsfeststellung ablehnen.


Dabei kann dieser Beitrag nicht auf alle erdenklichen Besonderheiten etwaiger Einzelfälle eingehen und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt in Zweifelsfällen keinesfalls das Aufsuchen eines Rechtsanwalts, um eine umfassende Rechtsberatung zu erhalten.


2. Die leibliche vs. die rechtliche Vaterschaft

Zunächst gilt es hier zwischen der leiblichen Vaterschaft und der Vaterschaft im rechtlichen Sinn zu unterscheiden. Diese müssen nicht immer identisch sein, sondern können unterschiedlichen Männern zufallen.


2.1. Der leibliche Vater

Als leiblicher Vater wird der tatsächliche biologische Erzeuger des Kindes bezeichnet. Dabei ist es irrelevant, ob der Vater der Mutter beigewohnt hat, ob es sich um eine Samenspende oder künstliche Befruchtung gehandelt hat.


2.2. Der rechtliche Vater

Nicht zwangsläufig mit dem leiblichen Vater identisch, ist der rechtliche Vater. So ist etwa der Mann, welcher während der Geburt des Kindes mit der Mutter verheiratet ist, automatisch (zunächst) der Vater des Kindes im rechtlichen Sinn. Auch für den Fall, dass es keinerlei biologische Verwandtschaft zwischen dem Kind und dem Ehemann der Mutter geben sollte, ist dieser Ehemann der rechtliche Vater des Kindes.


Dabei spielt die rechtliche Vaterschaft insbesondere für die elterliche Sorge (oder wie es umgangssprachlich heißt: das Sorgerecht) sowie Unterhaltszahlungen eine erhebliche Rolle. So ist der rechtliche Vater am Sorgerecht (zumindest) beteiligt. Auch schuldet der rechtliche Vater dem Kind Unterhalt. Zwar kann dieser Unterhalt gegebenenfalls durch einen Betreuungs- und Erziehungsanteil erfüllt werden; aber der rechtliche Vater schuldet Unterhalt.


Sofern es keinen rechtlichen Vater gibt, besteht also nicht selten ein Interesse an der Feststellung, wer nun der tatsächliche Vater in biologischer sowie in rechtlicher Hinsicht ist.


3. Die gerichtliche Vaterschaftsfeststellung

Es besteht daher die Möglichkeit, die rechtliche Vaterschaft von einem Gericht feststellen zu lassen. So kann dann erreicht werden, dass es einen rechtlichen Vater gibt – der die elterliche Sorge (mit-)ausüben und Unterhalt leisten kann – und, dass der biologische und der rechtliche Vater dieselbe Person ist.


Der potenzielle biologische Vater kann (wie übrigens auch die Mutter und das Kind selbst, mit denen sich dieser Beitrag aber nicht befasst) nach § 1600d Abs. 1 BGB einen Antrag beim zuständigen Familiengericht stellen, um seine rechtliche Vaterschaft feststellen zu lassen.


Üblicherweise behelfen sich Gerichte zur Feststellung der Vaterschaft dann der Wissenschaft. Denn auch das Gesetz befürwortet es grundsätzlich, dass der leibliche Vater zugleich auch der rechtliche Vater ist. Vielmehr geht das Gesetz stellenweise von der Existenz eines rechtlichen Vaters aus.


Üblicherweise geben Gerichte daher eine DNS-Analyse von Material des Kindes und des potenziellen Vaters in Auftrag, um so die biologische Verwandtschaft eindeutig feststellen zu können.


Ein solches Abstammungsgutachten durch eine DNS-Analyse setzt aber denklogisch voraus, dass sowohl Probematerial des Vaters als auch des Kindes zur Verfügung stehen.


Was also machen, wenn etwa die Mutter die Beschaffung von Probematerial des Kindes verweigert?


4. Die Vermutungsregel bei der gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung

Unlängst hatte etwa das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a.M. in seinem Beschluss vom 17.10.2022 – 6 UF 68/22 darüber zu entscheiden, wie bzw. ob eine Vaterschaftsfeststellung durchgeführt wird, wenn die Mutter mit dem Kind nach Rumänien gezogen und auch sonst jegliche Mitwirkung an einem Abstammungsgutachten verweigert. Insbesondere verweigerte die Mutter die Beschaffung von DNS-Material des Kindes. Aufgrund des Aufenthalts des Kindes in Rumänien war es zudem den deutschen Gerichten nicht möglich, solche Proben ohne die Mitwirkung der Mutter zu beschaffen (Grund hierfür war, dass es in Rumänien kein Recht des nichtehelichen Vaters auf eine Vaterschaftsfeststellung gibt, sodass rumänische Behörden hier nicht zur Unterstützung verpflichtet waren).


Für diesen Fall hält das Gesetz in § 1600d Abs. 2 S. 1 BGB eine sogenannte Vermutungsregel parat. Nach dieser Vorschrift wird nämlich im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der Vaterschaft vermutet, der derjenige Mann, der biologische Vater ist, der der Mutter während der Empfängniszeit beigewohnt hat. Weiter regelt das Gesetz in § 1600a Abs. 3 S. 1 BGB dann noch, dass als Empfängniszeit die Zeit von dem 300. (einschließlich) bis zu dem 181. (einschließlich) Tage vor der Geburt des Kindes gilt. Mit anderen Worten gilt derjenige, der Geschlechtsverkehr mit der Mutter während dieser Empfängniszeit nachweisen kann, als Vater des Kindes, es sei denn, das Gericht hat schwerwiegende Zweifel an dessen Vaterschaft. Schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft bestehen immer dann, wenn mehr Gründe gegen eine Vaterschaft sprechen als Gründe für eine Vaterschaft. Geringfügige Zweifel reichen hingegen nicht. Im Fall, welcher der oben genannten Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. zur Entscheidung vorlag, reichte die bloße Behauptung der Mutter, während der Empfängniszeit mit mehreren Männern geschlafen zu haben, nicht aus, um schwerwiegende Zweifel an der Vaterschaft zu hegen.


Festzuhalten bleibt dabei allerdings, dass es für das Beiwohnen selbst keine Vermutungsregel gibt. Es muss daher zur Überzeugung des jeweiligen Gerichts nachgewiesen, dass der potenzielle Vater in der Empfängniszeit mit der Mutter Geschlechtsverkehr hatte. Gelinkt es jedoch, das Gericht hiervon zu überzeugen, kann das Gericht vermuten – sofern es hieran keine schwerwiegenden Zweifel hat –, dass derjenige der biologische und dann rechtliche Vater des Kindes ist.


5. Fazit

Ein Abstammungsgutachten ist zumeist das erste Mittel Wahl zur Feststellung der biologischen und rechtlichen Vaterschaft.


Eine Vaterschaftsfeststellung ist aber auch ohne ein solches Gutachten möglich, wenn der Mann zur Überzeugung des Gerichts beweisen kann, während der gesetzlichen Empfängniszeit der Mutter beigewohnt zu haben und das Gericht sonst keine schwerwiegenden Zweifel an seiner Vaterschaft hat.


Insbesondere wenn die Mutter ihre Mitwirkung an einem Abstammungsgutachten verweigert, wird dieser Weg bestritten.

Foto(s): https://pixabay.com/de/photos/hacker-fragezeichen-hoodie-attacke-2883630/

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