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Wie sieht ein Scheidungsverfahren beim polnischen Gericht aus?

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Scheidung in Polen?

In diesem Beitrag stelle ich es Ihnen in einer Kurzfassung vor, wie das Verfahren vor dem polnischen Gericht aussieht.

Um EINE Scheidung einzureichen, muss man so wie auch in Deutschland, eine Scheidungsklage einreichen. In der 1. Instanz wird die Scheidung in Polen durch das Landgericht betrachtet (Sąd Okręgowy).

Die Gerichtskosten für eine Scheidung in Polen sind relativ niedrig. Normalerweise ist es nur die Gerichtsgebühr, die 600 PLN beträgt. Dies sind in etwa 145 Euro.

Das polnische Familiengesetzbuch sieht zwei Scheidungsmöglichkeiten vor. Entweder die Scheidung ohne Schuldfeststellung oder die mit Schuldfeststellung.

Je nachdem, welcher Antrag vom Kläger oder dem Beklagten gestellt wird, sieht das Verfahren anders aus, wenn es um die Beweismittel geht und um die Zeitdauer.

Die Scheidung ohne Schuldfeststellung ist relativ schnell durchzuführen und kann nach einem oder maximal zwei Terminen beendet sein. Die Bedingung ist aber, dass die Ehepartner keine Kinder haben oder es zu minderst keinen Streit bezüglich der Kinder gibt (Unterhalt, Umgangsrecht).

Das Gericht stellt dem Beklagten die Klage mit der Bitte zu, sich zu äußern. Ist der Beklagte auch an einer Scheidung ohne Schuldfeststellung interessiert, dann muss er dies dem Gericht mitteilen. Das Gericht leitet danach die Sache zur Verhandlung weiter.

Hat der Beklagte einen Rechtsanwalt, dann kann man das Scheidungsverfahren ohne Schuldfeststellung auch ohne die Anwesenheit einer der Seiten durchführen. Dies bedeutet, dass es ausreichend ist, dass das Gericht nur eine der Seiten anhört und über die Scheidung entscheidet. Nach Herausgabe des Scheidungsurteils wird dieses nach 21 Tage rechtskräftig. Der Kläger erhält auch einen Bonus vom Scheidungsgericht, da dieses die Hälfte der Gerichtsgebühr erstattet (300 PLN). Die zweite Hälfte wird unter den Seiten normalerweise geteilt. In der Praxis also muss der Beklagte dem Kläger 150 PLN erstatten. Die Rechtsanwaltskosten für die polnische Scheidung tragen die Seiten in der Regel alleine.

Etwas anders sieht eine Scheidung mit Schuldfeststellung aus. Diese fängt auch mit der Zustellung der Klage und der Antwort auf die Klage an. Die Seiten müssen in diesem Verfahren Beweise vorlegen, die die Schuld eines der Ehegatten am Scheitern der Ehe nachweisen. Diese Art von Verfahren sind sehr langwierig und können schon ohne Weiteres zwei bis vier Jahre dauern. Was dient als Beweismittel? Meistens sind es Zeugenaussagen, Aufnahmen, Videos, Mails. Im Scheidungsverfahren ist so gut wie alles als Beweismittel zugelassen. Nach der Durchführung der Beweismittel gibt das Gericht der 1. Instanz das Urteil heraus. Die Scheidung wird dann aus Schuld einer der Seiten ausgesprochen oder aus Schuld beiden Seiten.

Sie fragen sich, warum dauert das Verfahren so lange? Vor allem liegt es an den vielen Scheidungssachen, die das Gericht zu führen hat und an der Vielzahl von Beweismitteln, die berufen werden. Wird z. B. ein Zeuge berufen, der in Deutschland wohnt, dann hat das Gericht die Pflicht, diesen Zeugen in Deutschland anzuhören. Dies verlängert das Verfahren mindestens um 8 - 10 Monate.

Nach jedem Scheidungsurteil ist eine Berufung möglich. Die Gerichtsgebühr für die Berufung ist die gleiche, wie für die Scheidungsklage und beträgt auch ca. 145 Euro. Die Berufung wird vom Appellationsgericht (Kreisgericht) geführt. Das Berufungsverfahren dauert in der Regel 6 bis 10 Monate. Die 2. Instanz ist die letzte Instanz. Es gibt keine Möglichkeit einer weiteren Berufung des Urteils der 2. Instanz.

Man muss aber beachten, dass ein Antrag auf eine polnische Scheidung ohne Schuldfeststellung immer in der 1. Instanz geändert werden kann. Das Gleiche gilt für den Antrag der Scheidung mit Schuldfeststellung. Die Seiten können bis zur Urteilsherausgabe immer die Scheidung ohne Schuldfeststellung auswählen, worüber sich das Gericht immer freut.

Adwokat Robert Majchrzak



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