Wie verhalte ich mich bei einer Vorladung oder Anklage wegen Vorteilsannahme/Bestechlichkeit?

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Die Vorteilsannahme, geregelt in § 331 des Strafgesetzbuches (StGB) sowie die Bestechlichkeit in § 332 StGB gehören zu den so genannten „Straftaten im Amt“. Das heißt, es handelt sich um Sonderdelikte, welche nur von einer bestimmten Personengruppe, den Amtsträgern oder für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten, begangen werden können.

Die Amtsdelikte schützen die Lauterkeit des öffentlichen Dienstes sowie das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit, das heißt, in die Unkäuflichkeit von Hoheitsträgern und in die Sachlichkeit und Unparteilichkeit staatlicher Entscheidungen. Sie werden auch „Korruptionsdelikte“ genannt.

Wenn Sie eine Vorladung wegen Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit erhalten haben, sollten Sie dieser nicht Folge leisten. Als Beschuldigter haben Sie ein Schweigerecht, das heißt, Sie müssen sich nicht zur Sache äußern. Dies ist auch zu empfehlen, da eine Aussage, die Ihnen im ersten Moment entlastend vorkommen mag, sich im Verlaufe des Prozesses auch negativ auswirken kann.

Wer kann sich wegen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit strafbar machen?

Als Sonderdelikte haben die Vorteilsannahme und die Bestechlichkeit einen beschränkten Täterkreis, der infrage kommt. Begangen werden können diese Sonderdelikte nur von Amtsträgern, Europäischen Amtsträgern und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten.

Wer Amtsträger ist definiert § 11 Abs. 1 Nr. 2: „Amtsträger (ist), wer nach deutschem Recht Beamter oder Richter ist, in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Verhältnis steht oder sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen“.

§ 11 Abs. 1 Nr. 2a sagt weiter: „Europäischer Amtsträger (ist), wer Mitglied der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank, des Rechnungshofs oder eines Gerichts der Europäischen Union ist, Beamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Union oder einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung ist oder mit der Wahrnehmung von Aufgaben der Europäischen Union oder von Aufgaben einer auf der Grundlage des Rechts der Europäischen Union geschaffenen Einrichtung beauftragt ist“.

In § 11 Abs. 1 Nr. 4 heißt es schließlich: „Für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter (ist), wer, ohne Amtsträger zu sein, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt, oder bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluss, Betrieb oder Unternehmen, die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen Verwaltung ausführen beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist“.

Außerdem sehen beide Tatbestände auch eine Bestrafung für Richter, Mitglieder eines Gerichts der Europäischen Union und Schiedsrichter vor.

Die Tathandlungen der Vorteilsannahme und der Bestechlichkeit

Die Tathandlungen der Vorteilsannahme bestehen darin, dass ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter für die Dienstausübung, ein Richter oder Schiedsrichter als Gegenleistung für eine richterliche Handlung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. Kern des Tatbestandes ist die inhaltliche Verknüpfung zwischen der Vorteilszuwendung und der Dienstausübung bzw. der richterlichen Handlung. Diese Verknüpfung wird als „Unrechtsvereinbarung“ bezeichnet.

Unter der Dienstausübung ist jede Tätigkeit zu verstehen, die ein Amtsträger, ein Europäischer Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter zur Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben entfaltet, also die allgemeine dienstliche Tätigkeit, soweit sie zu den Obliegenheiten des Betroffenen zu zählen ist und in amtlicher Eigenschaft vorgenommen wird. Nicht unter die Dienstausübung fallen Privathandlungen der Amtsperson, auch wenn sie während der Dienstzeit vorgenommen werden.

Eine richterliche Handlung ist eine Tätigkeit, die von der richterlichen Unabhängigkeit geschützt ist, insbesondere die Leitung von Streitverfahren und von Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Ein Vorteil im Sinne der Norm ist jede Leistung materieller oder immaterieller Art, die den Täter oder einen Dritten wirtschaftlich, rechtlich oder auch nur persönlich besserstellt und auf die er keinen rechtlich begründeten Anspruch hat, also auch die Vermeidung einer sonst eintretenden Verschlechterung. Diesen Vorteil muss der Täter fordern, sich versprechen lassen oder einfach annehmen, um den Tatbestand zu erfüllen. Die praktisch wichtigste Rolle spielt wohl der wirtschaftliche Vorteil.

Bei der Bestechlichkeit gem. § 332 StGB handelt es sich um einen Qualifikationstatbestand zu der Vorteilsannahme. Die Tathandlung besteht wie bei der Vorteilsannahme in dem Fordern, sich Versprechen Lassen oder Annehmen eines Vorteils für eine Dienstausübung bzw. eine richterliche Handlung. Die Qualifikation besteht darin, dass durch die Tathandlung Dienstpflichten verletzt werden oder verletzt werden können. Die Pflichtwidrigkeit einer Diensthandlung kann sich aus dem Verstoß gegen Gesetze, allgemeine Dienstvorschriften oder Einzelanordnungen ergeben. So hat die Rechtsprechung eine Verletzung einer Dienstpflicht angenommen bei nicht genehmigter Beförderung von Gefangenenpost durch einen Vollzugsbeamten, Verletzung der amtlichen Schweigepflicht, wettbewerbsverzerrender Weitergabe von Informationen sowie beim Unterlassen gebotener Maßnahmen der Dienstaufsicht.

Die Rechtsfolgen der Vorteilsannahme und der Bestechlichkeit

Die Vorteilsannahme wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, im Falle der Handlung als Richter sogar bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Die Bestechlichkeit wird mit Freiheitsstrafe von fünf Monaten bis zu sechs Jahren bestraft, im Falle der Handlung als Richter sogar mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

Abgesehen von den strafrechtlichen Folgen hat eine Verurteilung wegen Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit auch arbeitsrechtliche und zivilrechtliche Konsequenzen. Der Arbeitgeber kann die fristlose Kündigung aussprechen und darüber hinaus Anspruch auf Schadensersatz erheben.

Die Vorteilsannahme bleibt jedoch straffrei, wenn der Täter die Annahme des Vorteils sich vor der Übergabe von der zuständigen Behörde hat genehmigen lassen oder unverzüglich bei dieser Behörde Anzeige erstattet und die Behörde die Annahme des Vorteils genehmigt. Bei der Bestechlichkeit ist dies jedoch nicht möglich.

Verhalten nach Erhalt der Vorladung oder der Anklage wegen Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit

Wenn sie eine Vorladung oder bereits eine Anklage wegen Vorteilsannahme oder Bestechlichkeit erhalten haben, sollten Sie aufgrund der empfindlichen Konsequenzen die dies für Sie nach sich ziehen kann, dringend einen Rechtsanwalt für Strafrecht zu Rate ziehen.

Als bundesweit tätiger Strafverteidiger stehe ich Ihnen gerne tatkräftig in Ihrem Verfahren zur Seite. Machen Sie kurzfristig einen Termin an einem unserer Berliner Standorte aus, damit wir frühzeitig die Weichen für einen positiven Prozessausgang für Sie stellen können.


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