Wie viel Unterhalt steht mir nach Trennung und Scheidung zu?

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Sind Sie nach Ihrer Trennung und Scheidung auf die finanzielle Unterstützung Ihres Ex-Partners angewiesen, steht Ihnen Trennungs- oder Ehegattenunterhalt zu sowie für Ihr gemeinsames Kind Kindesunterhalt. Voraussetzung jedweden Unterhaltes ist, dass Sie aufgrund Ihrer Lebenssituation wirtschaftlich bedürftig sind und der Ex-Partner oder Elternteil aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse wirtschaftlich leistungsfähig ist.

Nach der Trennung steht Trennungsunterhalt zur Debatte

Trennungsunterhalt hat den Zweck, Sie vor wirtschaftlich nachteiligen Veränderungen im Trennungsjahr nach Ihrer Trennung zu bewahren. Sie sollen keine Angst davor haben müssen, dass Sie wegen Ihrer Trennung ins kalte Wasser geworfen werden. Dies gilt vor allem, wenn Sie sich in der Ehe vornehmlich Ihrer Familie gewidmet und auf ein eigenes berufliches Engagement weitgehend verzichtet haben.

Ihr Anspruch entsteht in dem Augenblick, in dem Sie die Trennung von Tisch und Bett vollziehen. Ein eheliches Fehlverhalten schadet nicht, es sei denn, Sie hätten sich gegenüber Ihrem Ehepartner so verwerflich verhalten, dass der Anspruch das Anstandsgefühl verletzen würde. Sie können auch dann keinen Trennungsunterhalt verlangen, wenn Ihre Ehe nur von sehr kurzer Dauer war, Sie beide gleich viel verdienen oder Ihr Ehepartner finanziell faktisch nicht leistungsfähig ist.

Die Höhe Ihres Trennungsunterhalts bemisst sich nach den Lebensverhältnissen sowie den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen beider Ehepartner während der Ehe. Ihr bisher bestehender Lebensstandard soll, soweit wie möglich, zumindest für den Zeitraum Ihrer Trennung aufrechterhalten werden. Allerdings werden Sie Abstriche machen müssen, wenn das verfügbare Einkommen Ihres Ex-Partners nicht ausreicht, um diesen Lebensstandard auch künftig zu ermöglichen.

Ihre Lebensumstände nach der Scheidung bestimmen, ob Sie Ehegattenunterhalt bekommen

Ab dem Zeitpunkt Ihrer rechtskräftigen Scheidung entfällt Ihr bis dahin bestehender Anspruch auf Trennungsunterhalt. Jetzt sind Sie dem Grunde nach für sich selbst verantwortlich und müssen Ihren Lebensunterhalt selbst verdienen. Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt nach der Scheidung haben Sie jetzt nur noch ausnahmsweise dann, wenn Sie aufgrund Ihrer Lebensumstände, die Ihrer Ehe geschuldet sind, auf die wirtschaftliche Unterstützung Ihres Ex-Partners angewiesen sind.

Das Gesetz beschreibt hierzu konkret in sieben Unterhaltstatbeständen, unter welchen Voraussetzungen Sie Anspruch auf Ehegattenunterhalt haben. Können Sie in Ihrer Person keinen dieser Unterhaltstatbestände begründen, gelten Sie als nicht bedürftig und haben keinen Anspruch auf Ehegattenunterhalt nach der Scheidung.

Sie können also ausnahmsweise dann nachehelichen Ehegattenunterhalt nach der Scheidung einfordern, wenn Sie Ihr gemeinsames Kind bis zum dritten Lebensjahr betreuen, Sie krank oder gebrechlich sind oder wegen Ihres fortgeschrittenen Alters oder wegen Erwerbslosigkeit nicht arbeiten können. Reicht Ihr eigenes Einkommen nicht aus, um Ihren Lebensunterhalt zu gewährleisten, haben Sie Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Zusätzlich kann Ihnen auch außerhalb dieser Voraussetzungen Billigkeitsunterhalt zustehen, wenn es fair und gerecht erscheint, Ihnen trotzdem Unterhalt zu gewähren, weil Sie beispielsweise auch noch nach der Scheidung Ihren pflegebedürftigen Schwiegerelternteil pflegen und insoweit Ihren Ex-Partner entlasten.

Wie lange können Sie Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt fordern?

Sie können so lange Unterhaltsansprüche geltend machen, wie Sie wirtschaftlich bedürftig sind. Trennungsunterhalt steht Ihnen dem Grundsatz nach für das erste Jahr nach Ihrer Trennung zu. Allerdings wachsen Sie zunehmend in die Verpflichtung hinein, für Ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen zu müssen, wenn und soweit Ihnen eine eigene Erwerbstätigkeit zuzumuten ist.

Beim Ehegattenunterhalt besteht der Unterhaltsanspruch so lange, wie Sie den Unterhaltstatbestand begründen können, auf dessen Grundlage Sie den Unterhalt fordern. Wird also Ihr Kleinkind drei Jahre alt, müssten Sie eigentlich für sich selbst sorgen, es sei denn, Sie finden keine angemessene Betreuungsmöglichkeit für das Kind oder das Kind ist aufgrund seiner physischen oder psychischen Gegebenheiten auf eine fortlaufende Betreuung angewiesen. Ihr Anspruch endet allerdings nicht, wenn Ihr Ex-Partner neu heiratet.

Wie berechnen Sie Ihren Anspruch auf Unterhalt?

Die Höhe Ihres Unterhaltsanspruchs (Trennungsunterhalt sowie Ehegattenunterhalt) hängt davon ab, ob und wieviel Sie selbst verdienen und wie hoch das Einkommen Ihres unterhaltspflichtigen Ehepartners ist. Dazu wird maßgeblich auf das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen beider Ehepartner abgestellt.

Sie berechnen dieses Nettoeinkommen, indem Sie Ihr Bruttoeinkommen sowie das Bruttoeinkommen Ihres Partners der letzten 12 Monate um

  • Einkommenssteuern,
  • Sozialversicherungsbeiträge,
  • berufsbedingte Aufwendungen in Höhe von 5 % des Nettoeinkommens bis maximal 150 EUR, Leistungen für die Altersvorsorge in Höhe von 5 % des Bruttolohns sowie
  • Ausbildungs- und Fortbildungskosten

verringern. Selbstständige weisen ihre Nettoeinkommen anhand der Einnahmen-Überschussrechnungen der letzten drei Jahre oder anhand von Bilanzen nach. Soweit der unterhaltspflichtige Elternteil Kindesunterhalt zahlt, darf er diesen Unterhalt gleichfalls von seinem Einkommen abziehen.

Ihre Einkommen erhöhen sich, wenn Sie Kapitaleinkünfte oder Mieteinnahmen beziehen. Auch Renten und Pensionen gelten als Einnahmen. Wohnen Sie nach der Trennung in einer selbstgenutzten Immobilie und sparen sich die Miete für eine eigene Wohnung, ist Ihr Wohnvorteil gleichfalls als Einkommen zu bewerten.

Wie hoch ist Ihr Anspruch auf Unterhalt?

Haben Sie das unterhaltsrelevante bereinigte Nettoeinkommen ermittelt, bestimmt sich die Höhe Ihres Unterhalts nach der 3/7-Methode. Dazu gehen Sie von der Differenz dessen aus, was Ihr Ehepartner mehr verdient als Sie selbst. Teilen Sie diesen Betrag in 7 Teile. Um den Ehepartner auch weiterhin zur Arbeit zu motivieren, erhält er vorab 1/7 als Erwerbstätigenbonus. Ihm verbleiben also 4/7 dessen, was er mehr verdient als Sie selbst.

Beispiel

Sie haben sich getrennt. Während der Ehe haben Sie den Haushalt geführt und die Kinder betreut. Als Bürokraft haben Sie nachmittags netto 1.100 EUR verdient. Ihr Ehepartner verdient als Angestellter netto 2.500 EUR. Die Differenz Ihrer Verdienste beträgt 1.400 EUR. Davon darf Ihr Ehepartner als Erwerbstätigenbonus 1/7 = 200 EUR vorab abziehen. Es stehen 1.200 EUR zur Verteilung an. Dieser Betrag wird aufgeteilt. Sie erhalten 600 EUR Unterhalt. Sie haben damit insgesamt einschließlich Ihres eigenen Einkommens 1.700 EUR zum Leben. Ihrem Ehepartner verbleiben 1.900 EUR. Die Unterhaltszahlungen ändern sich, wenn der Ehepartner auch noch Kindesunterhalt für Ihr gemeinsames Kind entrichtet.

Wichtig zu wissen

Macht Ihr unterhaltspflichtiger Ehepartner nach Ihrer Trennung beruflich Karriere, ist das nach der Trennung unerwartet gestiegene Gehalt bei der Berechnung Ihres Unterhaltsanspruchs nicht zu berücksichtigen. Ein Karrieresprung wird nämlich nur berücksichtigt, wenn dieser auf einer Entwicklung beruht, die zum Zeitpunkt Ihrer Trennung bereits mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war.

Wann ist Ihr theoretisch bestehender Unterhaltsanspruch nicht realisierbar?

Auch wenn Sie bedürftig sind, ist Ihr theoretisch bestehender Unterhaltsanspruch nicht realisierbar, wenn Ihr Ex-Partner finanziell nicht leistungsfähig ist. Zur Sicherung des eigenen Lebensbedarfs steht dem unterhaltspflichtigen Ehepartner ein Selbstbehalt von 1.280 EUR zu, wenn er eigenes Geld verdient sowie 1.180 EUR, wenn er nicht erwerbstätig ist.

Wie stellen Sie fest, was Ihr Ex-Partner verdient?

Um Ihren Unterhaltsanspruch zu beziffern und letztlich geltend zu machen, sind Sie darauf angewiesen, dass Sie die Einkommens- und Vermögensverhältnisse Ihres Ex-Partners im Detail kennen. Sie haben deshalb von Gesetzes wegen Anspruch auf Auskunft. Ihr Ex-Partner ist also verpflichtet, Ihnen genau Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen und diese Auskünfte mit entsprechenden Unterlagen zu belegen. Verweigert er die Auskunft, können Sie den Ehepartner im Wege einer Stufenklage auf Auskunft und danach auf Zahlung eines konkreten Unterhaltsbetrages verklagen.

Was dürfen Sie von einem Unterhaltsrechner im Internet erwarten?

Sie finden im Internet eine Reihe von Unterhaltsrechnern. Deren Ergebnisse sind aber nur so gut, wie die Fakten und Zahlen, die Sie selbst eingeben. Geben Sie falsche oder unvollständige Daten ein, erhalten Sie entsprechende Ergebnisse. Besser ist, wenn Sie Ihren Unterhaltsanspruch individuell errechnen lassen und dazu die maßgeblichen Einnahmen konkret angeben sowie alle Verbindlichkeiten berücksichtigen, die die Einnahmen verringern und alle Verbindlichkeiten außer Betracht lassen, die für die Berechnung des Unterhalts nicht relevant sind.

Alles in allem

Geht es um Unterhaltsansprüche, stehen sich die Ehepartner oft unversöhnlich gegenüber. Unterhaltsprozesse sind aber nur schwer kalkulierbar. Oft gibt es weder Sieger noch Verlierer. Wer ehrlich ist, sollte zugeben können, dass ein Unterhaltsanspruch besteht. Fordern Sie Unterhalt, sollten Sie keine überzogenen Forderungen stellen. Wenn Sie sich dann in der Mitte treffen und den Unterhaltsanspruch in einer Scheidungsfolgenvereinbarung außergerichtlich festschreiben, bewahren Sie sich den Weg für eine kostengünstige und zügige einvernehmliche Scheidung.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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