Wie viel Unterhalt während der Semesterferien?

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Eltern schulden ihrem Kind eine angemessene Ausbildung. Studiert das Kind, sollte es sein Studium in angemessener Zeit zum Abschluss bringen. Damit dies gelingt, hat es während des Studiums Anspruch auf Unterhalt. Dabei ist bisweilen die Frage zu klären, ob der Unterhalt auch während der Semesterferien zu zahlen ist und der unterhaltspflichtige Elternteil den Unterhalt herabsetzen darf, wenn der Student in den Semesterferien arbeitet und eigenes Geld verdient. Auch zur Frage von Vermögensanrechnungen können Sie hier Informationen finden.

Welchen Anspruch auf Unterhalt haben auswärts wohnende Studenten?

Studenten, die nicht bei den Eltern oder einem Elternteil wohnen, haben Anspruch auf monatlich 930 EUR Unterhalt (Stand 1.1.2024). Der Betrag enthält 410 EUR für die Unterkunft einschließlich der umlagefähigen Nebenkosten und Heizkosten (Warmmiete). In dem Betrag sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht enthalten. Diese Beiträge sind darüber hinaus zusätzlich zu zahlen, soweit das Kind nicht über die Eltern familienversichert ist.

Student wohnt bei den Eltern oder einem Elternteil

Wohnt der volljährige Student zu Hause bei den Eltern oder nach der Trennung der Eltern bei einem Elternteil, berechnet sich der Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Danach hätte der Student bei einem Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils bis 2.100 EUR Anspruch auf 689 EUR Unterhalt (Stand 1.1.2024). Das Kindergeld ist in voller Höhe anzurechnen und reduziert den zu zahlenden Unterhalt (§ 1612b BGB).

Wie steht es um den Unterhalt in den Semesterferien?

Wohnt der Student auch in den Semesterferien auswärts und hält sich nicht in der Wohnung der Eltern oder eines Elternteils auf, besteht der Unterhaltsanspruch unverändert fort. Nicht zuletzt muss er weiterhin die Miete für die Unterkunft zahlen und den Lebensunterhalt sicherstellen.

Verbringt der Student die Semesterferien bei den Eltern oder einem Elternteil, lässt sich die Ansicht vertreten, dass er/sie dann nur noch Anspruch auf Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle und damit den gleichen Anspruch hat, wie ein Student, der auch während des Studiums bei einem Elternteil wohnt. Der Elternteil, bei dem der Student wohnt, könnte den zu zahlenden Unterhaltsbetrag um den Kostenaufwand für Verpflegung und Unterbringung reduzieren.

Andererseits hat der Bundesgerichtshof (Urteil vom 08.02.1984 – IV b ZR 52/82) klargestellt, dass Unterhaltsbeträge immer Pauschalbeträge seien, die auch in Ferienzeiten gelten und keine Herabsetzung des Unterhalts rechtfertigen. Dies gelte auch, soweit der Elternteil Naturalleistungen erbringe. Derartige Leistungen seien bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs nach der Düsseldorfer Tabelle bereits berücksichtigt. Im Hinblick auf einen umgangsberechtigten Elternteil hat das OLG Köln (OLG Köln vom 15.06.2010, Az.: 4 UF 16/10) anerkannt, dass die Verpflegungskosten des Kindes zu Anrechnung gebracht werden können.

Im Ergebnis sollte klar sein, dass die Frage des Unterhalts, wenn der Student die Semesterferien bei einem Elternteil verbringt, nicht befriedigend beantwortet werden kann. Es scheint jedenfalls eine gerechte Lösung darzustellen, wenn der Elternteil, der dem Studenten Unterkunft und Verpflegung gewährt, seine Unterhaltszahlungen in angemessener Weise herabsetzen darf. Auch der Student sollte diese Betreuungsleistungen des Elternteils anerkennen. Soweit der Student auf der vollen Unterhaltszahlung besteht, würde er/sie doppelt profitieren.

Muss man als Student in den Semesterferien arbeiten?

Studenten sollen studieren. Das Studium zählt als Vollzeittätigkeit. Um das Studium nicht zu verzögern, sind Studenten nicht verpflichtet, neben dem Studium und in den Semesterferien zu arbeiten. Auch die Semesterferien dienen Studienzwecken. Meist sind Hausarbeiten zu schreiben oder Praktika abzuleisten. Der Unterhalt hat gerade den Zweck, den Studenten in die Lage zu versetzen, dass er ungeachtet eventuell bestehender finanzieller Schwierigkeiten zügig und zielstrebig sein Studium absolviert. Ein schneller Studienabschluss liegt nicht zuletzt im Interesse der unterhaltspflichtigen Elternteile, deren Unterhaltspflicht entfällt, sobald der Student sein Studium abgeschlossen hat und möglichst eigenes Geld verdient. Eine Arbeitsverpflichtung würde dem Studienziel zuwiderlaufen.

Wird eigenes Einkommen des Studenten angerechnet?

Hat der Student eigene Einkünfte, verringert sich sein Unterhaltsbedarf. Insbesondere ist BAföG vollständig auf den Unterhalt anzurechnen. Der Darlehensanteil unterliegt gleichfalls der Anrechnung, auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Student diesen Darlehensanteil später wieder zurückzahlen muss.

Studenten sind verpflichtet, BAföG zu beantragen, wenn Aussichten bestehen, dass BAföG bewilligt wird. Ein Student, der BAföG nicht in Anspruch nimmt und stattdessen die Eltern auf Unterhalt in die Pflicht nehmen möchte, muss sich BAföG-Leistungen als theoretisch erzielbares, fiktives Einkommen anrechnen lassen. Der Unterhaltsanspruch wird also um das theoretisch erzielbare BAföG gekürzt (OLG Schleswig-Holstein, Urteil vom 24.8.2005, Az. 15 UF 75/05; OLG Hamm, Urteil v. 26.9.2013, Az. 2 WF 161/13). BAföG ist immer vorrangig zu beantragen. Auch das Kindergeld ist als Einkommen zu betrachten und anzurechnen (§ 1612b BGB).

Reduzieren eigene Einkünfte in den Semesterferien den Unterhalt?

Um das Studienziel nicht zu verzögern oder gar zu gefährden, braucht sich der Student eigene Einkünfte nicht anzurechnen zu lassen, vorausgesetzt, dass es sich dabei um einen Studentenjob oder einen Nebenjob während der Semesterferien handelt, der nur gelegentlich ausgeübt wird. Diese Beurteilung ist jedoch in der Rechtsprechung nicht ganz unstrittig. Dafür spricht jedenfalls, dass es sich bei derartigen Einkünften in den Semesterferien um sogenannte überobligationsmäßige Einkünfte handelt, also Einkünfte aus einer Tätigkeit, zu der der Student nicht verpflichtet ist.

Der Rechtsprechung erkennt eine Tätigkeit als überobligatorisch an, wenn keine Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit besteht und derjenige, der sie ausübt, unterhaltsrechtlich nicht gehindert ist, sie jederzeit zu beenden (BGH FamRZ 2013, 1558). Der BGH bezieht sich hierzu auf § 1577 Abs. II BGB. Danach ist auch ein unterhaltsberechtigter Ehegatte nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und überobligationsmäßige Einkünfte zu erzielen, wenn er/sie rechtlich nicht verpflichtet ist, eigenes Geld zu verdienen.

Eine andere Beurteilung ergibt sich, wenn der Student ein regelmäßiges Einkommen, beispielsweise als Werkstudent oder als Vergütung für ein Praktikum, erhält. Diese Einkünfte werden auf den Unterhaltsbedarf des Studenten normalerweise angerechnet. So erfolgt auch die Anrechnung eines 450-EUR-Jobs auf den Unterhalt (seit Oktober 2022: 520 EUR). Insoweit handelt es sich nicht mehr um eine gelegentliche Erwerbstätigkeit.

Sind die Einkünfte anrechnungspflichtig, bleibt ein Betrag von mindestens 100 EUR anrechnungsfrei. Damit werden berufsbedingte Aufwendungen abgegolten. Beim restlichen Einkommen wird aber regelmäßig nur die Hälfte auf den Unterhalt angerechnet. Auch insoweit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass der Student arbeitet, obwohl er dazu unterhaltsrechtlich nicht verpflichtet wäre.

Inwieweit ist eigenes Vermögen des Studenten auf den Unterhalt anzurechnen?

Befindet sich ein volljähriges Kind in der Ausbildung, muss es zur Deckung seines Lebensbedarfs auch eigenes Vermögen verwenden. Ein Anspruch auf Unterhalt besteht dann nicht. Es kommt lediglich ein Schonbetrag von 5.000 EUR in Anrechnung. Erst wenn das Vermögen aufgebraucht ist, leben die Unterhaltsansprüche gegen die Eltern wieder auf (OLG Zweibrücken, Beschluss vom 16.10.2015, Az. 2 UF 107/15). In der Entscheidung stellten die Richter fest, dass ein Kind treuwidrig handelt, wenn es Vermögenswerte einem Elternteil überträgt, um diesem ein sorgenfreies Leben zu ermöglichen. Im Fall hatte die Tochter ihr Vermögen in Höhe von ca. 50.000 EUR auf die Mutter übertragen und verlangte von ihrem Adoptivvater Unterhalt.

Erzielt das Kind Einkommen aus Anlagevermögen, beispielsweise aus der Vermietung einer Immobilie oder Dividenden oder Zinseinkünfte aus Kapitalvermögen, sind diese in voller Höhe auf den Unterhaltsbedarf des Studenten anzurechnen.

Alles in allem

Um Rechtsklarheit zu schaffen und Streitigkeiten zu vermeiden, sind Unterhaltsansprüche normalerweise feststehende unveränderliche Beträge. Mit ein bisschen guten Willen auf Seiten der Eltern und des in der Ausbildung befindlichen Kindes sollte es möglich sein, sich im Einzelfall zu verständigen. Ist eine Verständigung nicht möglich, empfiehlt sich, auf einer begründeten rechtlichen Basis zu argumentieren. Sprechen Sie uns dafür gerne an.

Foto(s): iurFRIEND

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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