Wiederaufnahme XV 3 nach Fahrverbot

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Nachdem gegen den Betroffenen zunächst wegen des Vorwurfes einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Fahrverbot verhängt worden war, konnte nun unter Hinweis auf die (erwiesene) Unzuverlässigkeit der Messergebnisse des XV 3 die Wiederaufnahme des bereits abgeschlossenen (rechtskräftigen) Verfahrens erzielt werden (Beschluss AG Oldenburg 29 OWi 775 Js 56106/20 (342/21) vom 03.11.21).

Soweit Sie also von einem noch nicht angetretenen ‚XV3-Fahrverbot‘  betroffen sind, ist dringend anzuraten, dieses möglichst umgehend anwaltlich überprüfen zu lassen.

Das OLG Schleswig (OLG Schleswig, Beschl. v. 17.08.2021 – II OLG 26/21) sieht das XV 3 nach wie vor als standardisiertes Messverfahren an:

'[...] Die zu der Frage, ob auch nach Abschluss der Ermittlungen bei der PTB bezüglich der Messgeräte vom Typ Leivtec XV3 von einem standardisierten Messverfahren auszugehen ist, bisher - soweit ersichtlich - veröffentlichten obergerichtlichen Entscheidungen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 18. Juni 2021 - 2 Ss (OWi) 69/21 -; OLG Oldenburg, Beschluss vom 20. April 2021 - 2 Ss (OWi) 92/21 und Beschluss vom 19. Juli 2021 - 2 Ss (OWi) 170/21) überzeugen in ihrer Argumentation den Senat nicht. Beide Obergerichte gehen davon aus, dass es sich bei dem Messverfahren nicht mehr um ein standardisiertes Messverfahren handele, weil aufgrund der im Abschlussbericht der PTB mitgeteilten Tatsachen zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Rechtsbeschwerde nicht mehr garantiert sei, dass die ermittelten Messwerte richtig seien. Schließlich sei es auch bei Einhaltung der Bedienungsanleitung zu relevanten Messwertabweichungen gekommen.

Diese Argumentation verkennt, dass für die Einordnung als standardisiertes Messverfahren nicht erheblich ist, ob es mit speziell präparierten Fahrzeugen zu Messwertabweichungen kommen kann. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Messverfahren bei gleichen Messbedingungen auch stets verlässlich gleiche - ggf. unzutreffende - Messergebnisse liefert. Es sind dem Senat aber keine Erkenntnisse bekannt, dass das Messgerät Leivtec XV3 bei gleichem Versuchsaufbau nicht auch stets die gleichen Messergebnisse liefern würde. Es sind also keine Fälle bekannt, bei denen ein speziell präpariertes Fahrzeug bei mehrfacher Messung mit gleichbleibender Geschwindigkeit und bei gleichen Messumständen unterschiedliche Messwerte produziert hätte. Erst dann stünde fest, dass das Gerät keine verlässlichen Messwerte liefern kann, sondern sich bei identischem Versuchsaufbau bei mehrfachen Messungen beliebige Messwerte ergeben. Der Senat geht also davon aus, dass das Messgerät bei einem speziell präparierten Fahrzeug bei gleichen Messbedingungen stets das gleiche Messergebnis liefert, welches ggf. eben nicht der tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeit entspricht. Genau diese Zuverlässigkeit der gleichen Messergebnisse bei gleichen Messbedingungen unterscheidet aber das standardisierte technische Messverfahren von anderen Messverfahren, z.B. der Messung der Geschwindigkeit durch Schätzung eines Polizeibeamten oder durch Hinterherfahren. Bei einer Schätzung durch einen beliebigen Polizeibeamten dürfte nicht davon auszugehen sein, dass jeder Polizeibeamte die gefahrenen Geschwindigkeiten bei vielen tausend Versuchsfahrten stets verlässlich gleich einschätzen wird.

Selbst wenn also ein Messgerät bei einem präparierten Fahrzeug unter den weiteren von der PTB festgestellten Voraussetzungen ein falsches Messwertergebnis liefert, welches aber für den gleichen Versuchsaufbau stets gleich ist, handelt es sich immer noch um ein standardisiertes Messverfahren im Sinne der o.g. Definition des Bundesgerichtshofes.

Das Amtsgericht war daher nicht gehalten, die Zuverlässigkeit der Messung weiter aufzuklären, da es sich eben um ein standardisiertes Messverfahren handelte. Der Bundesgerichtshof hat festgestellt, dass ein Tatrichter nur dann gehalten ist, die Zuverlässigkeit von Messungen, die mit einem anerkannten und weitgehend standardisierten Messverfahren gewonnen worden sind, zu überprüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler bestehen (vgl. BGHSt 39, 291 [300301] = NJW 1993, 3081 = NStZ 1993, 592). Solche konkreten Anhaltspunkte hat die Betroffene vorliegend nicht vorgetragen.

Auch aus dem Abschlussbericht der PTB lassen sich solche Anhaltspunkte nicht herleiten, da die dort festgestellten Bedingungen für eine mögliche Fehlmessung nicht vorlagen. Schließlich handelte es sich vorliegend um eine Messung in Fahrtrichtung rechts und das Kennzeichen lag vollständig im Messfenster. '

Foto(s): Kurt Spangenberg

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