Wirecard-Aktionäre keine Gläubiger? Was das aktuelle Urteil für Geschädigte bedeutet

  • 2 Minuten Lesezeit

Das Landgericht München I hatte im Zusammenhang mit dem Wirecard-Anlegerskandal darüber zu entscheiden, ob eine Forderung geschädigter Aktionäre und Aktionärinnen eine Insolvenzforderung im Rang des § 38 InsO darstellt oder nicht. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft Union Investment hatte auf Feststellung von Schadenersatzforderungen zur Insolvenztabelle geklagt. Das LG München wies die Klage nun zurück. Kapitalmarktrechtliche Schadenersatzforderungen der Aktionäre und Aktionärinnen von Wirecard könnten demnach nicht als Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle angemeldet werden (Urteil vom 23.11.2022, Az. 29 O 7754/21).

In einem Insolvenzverfahren soll die Insolvenzmasse gleichmäßig auf alle vorhandenen Gläubiger und Gläubigerinnen verteilt werden. In den meisten Fällen genügt die Insolvenzmasse nicht einmal, um diese Gruppe zu befriedigen. In der Praxis gehen daher alle anderen Gruppen – mit nachrangigen Forderungen oder Anteilseigner - leer aus. Zu den Gläubigern gehören beispielsweise kreditgebende Banken und Anleiheinhaber und -inhaberinnen.

Was bedeutet das Urteil für Geschädigte und deren Anmeldung der Ansprüche im Insolvenzverfahren?

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Es ist zu erwarten, dass erst ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) Rechtsklarheit bringen wird. Medienberichten zufolge hat Union Investment bereits angekündigt, den Präzedenzfall, ob Anteilseigner insolvenzrechtlich Gläubiger und Gläubigerinnen der Gesellschaft sind und Forderungen im Insolvenzverfahren anmelden können, höchstrichterlich klären zu lassen. Wir schätzen die Chancen für Betroffene vor dem Bundesgerichtshof als sehr gut ein. Jedoch wird bis zu einer Entscheidung durch den BGH erwartungsgemäß viel Zeit vergehen. Bis dahin raten wir unbedingt zur Anmeldung der Ansprüche im Insolvenzverfahren. Durch eine ordnungsgemäße Anmeldung der Forderung im Insolvenzverfahren wird die Verjährung gehemmt und Betroffene können sich so vor einem möglichen Rechtsverlust schützen.

Für alle diejenigen, die bereits Forderungen angemeldet haben oder aktuell anmelden gilt, dass diese aufgrund des aktuellen Urteils keinesfalls hinfällig sind. Sollte es zu einer Zurückweisung der Ansprüche durch den Insolvenzverwalter kommen, gibt es Verteidigungsmöglichkeiten. Neben der Anmeldung der Ansprüche verteidigen wir Sie im Falle einer Zurückweisung durch den Insolvenzverwalter.

Als weiteres Standbein zur Schadenkompensation raten wir unverändert dazu, die Ansprüche gegen die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young weiter zu verfolgen. Die Ernst & Young Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist aus unserer Sicht der erfolgversprechendste Anspruchsgegner für geschädigte Anleger und Anlegerinnen. Für ein Vorgehen gegen EY sprechen sowohl wirtschaftliche Aspekte wie auch rechtliche Gesichtspunkte. Die bisherige Rechtsprechung ist als sehr anlegerfreundlich zu qualifizieren und kann auch als bereits gefestigt angesehen. Die bevorstehende Eröffnung des Musterverfahrens bietet auch für Nicht-Rechtschutzversicherte eine gute Möglichkeit, ihre Ansprüche ohne großes Kostenrisiko zu verfolgen. Für das Kapitalanleger-Musterverfahren gegen EY können Sie sich bei unserer Kanzlei online registrieren und so sicherstellen, dass Sie keine Frist zur Anmeldung versäumen.

Foto(s): adobe stock @successphoto

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Georgios Aslanidis

Beiträge zum Thema