Zankapfel Hilfsmittel

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Die Versorgung mit Hilfsmitteln ist ein umstrittenes Thema im Bereich der Krankenversicherung. Selbst, wenn der Versicherte die Bewilligung der Krankenkasse hat, heißt das noch lange nicht, dass er nach Belieben frei wählen kann. Die Versorgung ist teils im Sozialgesetzbuch Nr. 5 (SGB V) geregelt, teils im Sozialgesetzbuch Nr. 11 (SGB XI), teils in der Hilfsmittel-Richtlinie.

Ein Hilfsmittel ist ein Gegenstand oder ein Gerät, das unmittelbar auf eine Behinderung ausgerichtet ist, z. B. Hörgerät, Brille, Prothese, Rollstuhl, Einlagen oder Kompressionsstrümpfe. Je nach Alter des Patienten, nach Art des Hilfsmittels und nach Kostenträger werden die Kosten für Hilfsmittel ganz, teilweise oder gar nicht übernommen.

Voraussetzungen für ein Hilfsmittel:

- unmittelbar auf die Erfolgssicherung einer Krankenbehandlung, die Vorbeugung einer drohenden Behinderung oder den Ausgleich einer Behinderung ausgerichtet,

- Ausgleich, Ersatz, Erleichterung oder Ergänzung der beeinträchtigten Körperfunktionen oder

- erforderlich zur Befriedigung von allgemeinen lebensnotwendigen Grundbedürfnissen (z. B. Ernährung, Fortbewegung, Hygiene, Kommunikation).

Beispiele für Hilfsmittel, die von den Kostenträgern übernommen werden:

- Hörhilfen

- Prothesen

- orthopädische Hilfsmittel

- Rollstühle

­- in bestimmten Fällen auch Sehhilfen

Beispiele für Hilfsmittel, die in bestimmten Fallgestaltungen anerkannt werden:

- Baby-Rufanlage mit optischem Signal bei Taubheit der Mutter

- geeichte Personen-Standwaage zur Selbstüberwachung

- Windeln bei älteren inkontinenten Kindern und Inkontinenzhilfen für Erwachsene

- Fahrrad-Rollstuhl-Kombination (Rollstuhlboy)

- Farberkennungsgerät

- behindertengerechtes Kranken- oder Kinderbett

- sterile Einmalhandschuhe, wenn sie zusammen mit sterilen Absaugkathetern (Trachealkanüle) benötigt werden. Außerdem können zur regelmäßigen Katheterisierung unsterile Einmalhandschuhe verordnet werden, bei Querschnittsgelähmten mit Darmlähmung zur Darmleerung.

Beispiele für Hilfsmittel, die von den Sozialversicherungsträgern nicht erstattet werden:

- allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Das sind Gegenstände, die für alle oder die Mehrzahl der Menschen unabhängig von Krankheit oder Behinderung unentbehrlich sind, z. B.: normaler Autokindersitz, elektrisches Heizkissen, Gegenstände eines durchschnittlichen Haushalts, gewöhnlicher PC, Standardtelefon

- sächliche Hilfsmittel mit geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen, z. B. Kompressionsstücke für Waden und Oberschenkel, Knie- und Knöchelkompressionsstücke, Handgelenkmanschetten, Applikationshilfen für Wärme und Kälte, Afterschließbandagen

- sächliche Hilfsmittel mit geringem Abgabepreis, z. B. Alkoholtupfer, Armtragetücher, Augenbadewannen, Augenklappen, Augentropfpipetten, Badestrümpfe, Brillenetuis, Brusthütchen mit Sauger, Einmalhandschuhe (Ausnahme s. u.), Gummihandschuhe, Ohrenklappen, Salbenpinsel, Urinflaschen, Zehenspreizer

Eine Kostenerstattung ist unter Umständen auf freiwilliger Basis möglich. Die Krankenkassen dürfen in ihrer Satzung nämlich weitere Hilfsmittel festlegen, die sie freiwillig erstatten (§ 11 Abs. 6 SGB V). Voraussetzung ist, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) diese Hilfsmittel nicht von der freiwilligen Erstattung durch die Krankenkasse ausgeschlossen hat.

Die Kostenübernahme ist bei den Trägern nach der Art der Hilfsmittel unterschiedlich geregelt. Zudem werden in der Regel nur Kosten bis zur Höhe des Festbetrags (siehe unten) übernommen.

Festbeträge gibt es in der Krankenversicherung für Hilfsmittel in den Gruppen Sehhilfen, Hörhilfen, Inkontinenzmittel, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie, Stoma-Artikel und Einlagen.

Hilfsmittel mit Festbetrag: Die Kassen übernehmen die Kosten bis zur Höhe des Festbetrags.

Hilfsmittel ohne Festbetrag beim Vertragspartner: Die Kassen übernehmen die Kosten bis maximal zur Höhe des vertraglich vereinbarten Preises.

Hilfsmittel ohne Festbetrag bei Leistungserbringern, die nicht Vertragspartner der Krankenkasse sind: Die Kassen erstatten nur Kosten in Höhe des niedrigsten Preises einer vergleichbaren Leistung des Vertragspartners; die Mehrkosten muss der Versicherte übernehmen.

Versorgung heißt aber auch, dass Hilfsmittel leihweise überlassen werden, z. B. haltbare Gegenstände wie Krücken, Rollstühle, Krankenbetten, Badehilfen etc.

Die Pflegeversicherung übernimmt nur die Kosten für Pflegehilfsmittel im Rahmen der häuslichen Pflege.

Gibt es für das Hilfsmittel einen Festbetrag (siehe oben), dann richtet sich die Zuzahlung nach diesem. Eine Befreiung bei Überschreiten der Belastungsgrenze ist möglich.

Die meisten Hilfsmittel können mehrmals von einem Versicherten verwendet werden, z. B. Rollstuhl, Beatmungsgerät, Absauggerät. Der Versicherte zahlt 10 % des Abgabepreises zu, jedoch mindestens 5 und maximal 10 €.

Zum Verbrauch bestimmte Hilfsmittel können wegen ihrer Beschaffenheit, ihres Materials oder aus hygienischen Gründen nur einmal ununterbrochen benutzt werden und sind in der Regel für den Wiedereinsatz nicht geeignet. Zum Beispiel Vorlagen bei Inkontinenz. Der Versicherte zahlt 10 % des Abgabepreises (je Packung) zu, maximal jedoch 10 € monatlich.

Ein "Spielball" der Kassen sind sog. "doppelfunktionale Hilfsmittel". Das sind Hilfsmittel, die sowohl von der Pflege- als auch von der Krankenkasse übernommen werden können. Insbesondere die Krankenkassen schieben ihre Verantwortung gerne den Pflegekassen zu. Mancher Versicherte gibt irgendwann entnervt auf und zahlt das Hilfsmittel schließlich aus eigener Tasche, was gerade bei Hilfsmitteln für behinderte Menschen ins Geld gehen kann. Da heißt es, hartnäckig bleiben. Oft findet sich – wenn auch leider erst im Klageverfahren – noch eine Lösung.
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