Zeuge eines Unfalls, bitte melden. Wann ist eine Zeugenaussage in Italien gültig?

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Immer häufiger liest man die Mitteilung, dass die Aussage eines Unfallzeugen nicht gültig sei, da dieser im Fahrzeug mitgefahren oder mit dem Unfallopfer verwandt sei. Diese Aussagen stimmen nicht und sind urbane Legenden, die von manchen Regulierungsbeauftragten bewusst ins Feld geführt werden, um eine augenscheinliche Schuld oder Mitschuld auszuschließen. 

Unter Berufung auf die vermeintlichen italienischen Zustände und der expliziten Norm des italienischen Zivilgesetzbuchs, wonach bis zum Gegenbeweis von einer hälftigen Schuld am Unfall ausgegangen werden muss, behaupten gar manche, die Zeugenaussage der Fahrzeuginsassen sei nicht zulässig. Daher könne die alleinige Schuld nicht bewiesen werden und die Haftung bzw. der Schadenersatz soll fifty/fifty aufgeteilt werden.

Für Zeugen bei Verkehrsunfällen gibt es zwei grundlegende Normen, die zu beachten sind. Zum einen die Grundsatzregel des Zivilprozessrechts der Norm 246 ZPO, welche bestimmt, dass die Aussagen jener Personen nicht aufgenommen werden können, die selbst ein Interesse an der Teilnahme am Prozess haben könnten. Dies ist eine Grundsatzaussage. Daher ist der Rückschluss erlaubt, dass jeder, der kein aktives/wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Prozesses hat, Zeuge sein kann. Natürlich ist der Richter frei, die Aussage eines jeden Zeugen zu werten, anhören muss er ihn aber immer.

Selbst der Ehepartner, der in Gütergemeinschaft mit dem Unfallopfer lebt, kann als Zeuge benannt werden, sofern er nicht ein direktes Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, da zum Beispiel das Fahrzeug auch auf ihn zugelassen war. Natürlich kann und muss der Richter eine solche Aussage entsprechend werten.

Es gibt aber eine Ausnahme und zwar bei Verkehrsunfällen. Um den häufigen Gefälligkeitsaussagen einen Riegel vorzuschieben, wurde im Versicherungskodex die Regelung eingeführt, dass der Zeuge bereits im Polizeiprotokoll oder im europäischen Unfallbogen genannt werden muss. Andere Regelungen in Bezug auf die Zulässigkeit, als Zeuge aufzutreten, gibt es nicht. Nur weil eine Person Beifahrer in einem Unfallfahrzeug war, ist nicht ausgeschlossen, dass diese als Zeuge auftreten kann, sofern diese nicht selbst einen Schaden davongetragen hat. Es gibt keine Norm des italienischen Rechts, die einem solchen Zeugen die Aussage verbieten würde.

Selbst die Regelung des Versicherungskodexes, dass der Zeuge immer schon im Unfallprotokoll angegeben und bei der Schadensmeldung genannt werden muss, lässt sich überwinden. Kann der Anspruchsteller schlüssig nachweisen, dass die Zeugen am Unfallort anwesend waren, die Zeugen ob ihrer Verständigungsprobleme nicht angehört oder angegeben wurden oder es schlichtweg vergessen wurde, die Namen zu Protokoll zu geben, muss der Richter deren Aussage bei der Wahrheitsfindung natürlich berücksichtigen.



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