Zeugnisse und deren Tücken

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Jeder Arbeitnehmer hat nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Zeugnis. Die Angaben im Zeugnis können sich auf Art und Dauer der Tätigkeit beschränken (einfaches Zeugnis). Auf Verlangen des Arbeitnehmers muss das Arbeitszeugnis auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstreckt werden (qualifiziertes Zeugnis). Im laufenden Arbeitsverhältnis besteht die Möglichkeit, ein Zwischenzeugnis zu verlangen, z. B. wenn der Vorgesetzte wechselt oder sich das Aufgabenfeld ändert.

Ein Zeugnis hat einen üblichen Aufbau (dazu I.). Daneben hat sich eine gewisse Zeugnissprache eingebürgert, aus der sich gewisse „Tücken“ ergeben (dazu II.).

Hinsichtlich der Erstellung und Überprüfung von Zeugnissen gibt es umfangreiche Rechtsprechung und Literatur, deren Einarbeitung den Umfang eines Rechtstipps bei Weitem übersteigt. Mit diesem Rechtstipp soll ein „Gefühl“ dafür vermittelt werden, wann ein Zeugnis „in Ordnung“ ist und wann besser kundiger Rat eingeholt werden sollte.

I. Aufbau

Üblich ist der folgende Aufbau:

1. Einleitungssatz

Das Zeugnis beginnt mit einem Einleitungssatz. Dieser enthält den Namen des Arbeitnehmers, Anfang und Ende der Tätigkeit und eine allgemeine Stellenbeschreibung (z. B. „als Buchhalter“).

2. Beschreibung des Arbeitgebers

Nicht unüblich, aber auch nicht zwingend, folgt eine kurze Beschreibung des Arbeitgebers.

3. Tätigkeiten

Anschließend werden die wesentlichen Tätigkeiten und Aufgaben des Arbeitnehmers angeführt. Eine stichwortartige, übersichtliche Aufzählung der Aufgaben ist genauso möglich, wie die Darstellung als Fließtext.

4. Leistungsbewertung

Danach folgt die Leistungsbewertung. Diese enthält Aussagen darüber, wie der Arbeitnehmer die ihm übertragenen Aufgaben erledigt hat sowie Angaben über seine Leistungsbereitschaft (z. B. Mehrarbeit) und besondere Leistungen.

5. Verhaltensbeurteilung

Auf die Leistungsbeurteilung folgt die Verhaltensbeurteilung. Mindestens der folgende Satz muss sich so oder ähnlich finden: „Sein/Ihr Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Kollegen und Kunden war stets einwandfrei.“

6. „Schlussformel“

Zu einem „runden“ Zeugnis gehört eine Schlussformel. Diese enthält das Bedauern über das Ausscheiden, Dank für geleistete Dienste und gute Wünsche für die Zukunft. Obwohl eine Schlussformel absolut üblich ist und das Fehlen eindeutig auf Probleme im Arbeitsverhältnis hindeutet, besteht nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kein Anspruch auf eine Schlussformel.

7. Äußere Form

Hinsichtlich der äußeren Form des Zeugnisses gelten die folgenden Mindestanforderungen: Das Zeugnis ist mit „Arbeitszeugnis“ zu überschreiben und auf dem Briefpapier des Arbeitgebers zu erstellen. Ausstellungsort und Ausstellungsdatum sind anzugeben. Ausstellungsdatum ist immer das Beendigungsdatum. Der Arbeitnehmer hat ggf. einen Anspruch auf Rückdatierung. Das Zeugnis muss vom Arbeitgeber unterzeichnet sein (unzulässig ist z. B. die Unterzeichnung durch eine Sekretärin „i.A.“). Das Zeugnis darf für das Versenden gefaltet werden, muss aber so kopierbar sein, dass keine Schwärzungen durch die Knicke entstehen.

Wird der vorgenannte Aufbau nicht eingehalten, so erstellt der Aussteller nicht häufig Zeugnisse oder „tritt nach“. In beiden Fällen sollte das Zeugnis überarbeitet werden. Ist der Arbeitgeber hierzu nicht bereit, empfiehlt sich (rechtlicher) Beistand.

II. Tücken

Ein Zeugnis muss wohlwollend und berufsfördernd zu sein. Direkt formulierte Kritik am Arbeitnehmer findet sich daher selten. Schwächen oder Probleme werden verklausuliert dargestellt oder durch „Weglassen“ ausgedrückt. Bei unbefangenem Lesen positive Formulierungen können ein vernichtendes Urteil bedeuten (das gilt nicht nur für „stets bemüht“). Grundsätzlich gilt: Ein gutes Zeugnis ist in sich stimmig und schlüssig. Werden z. B. in einem Zeugnis mittelmäßige Leistungen bescheinigt, erfolgt als Gesamtnote aber eine sehr gute Bewertung, so handelt es sich nicht um ein gutes oder gar sehr gutes Zeugnis.

Besonders „gefährlich“ ist das Weglassen üblicher Inhalte. Wird einem Kassierer keine Ehrlichkeit oder einem Buchhalter nicht die Einhaltung von Fristen bescheinigt, so kann das bedeuten, dass es in diesen Bereichen Probleme gab.

Das Hervorheben von Selbstverständlichkeiten ist ebenfalls ein Hinweis auf Probleme im Arbeitsverhältnis.

Eindeutig – aber relativ leicht zu überlesen – ist das Verändern der Reihenfolge oder gar das Weglassen von Personengruppen, z. B. der Vorgesetzten, in der Verhaltensbeurteilung.


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