Zinsvereinbarungen in Kreditverträgen: Banken müssen keine Negativzinsen zahlen

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Zinsberechnung bei negativem Referenzzinssatz

In Kreditverträgen mit variablem Zinssatz errechnen sich die vom Kreditnehmer zu zahlenden Zinsen indem zu dem jeweils vereinbarten Referenzzinssatz (Libor oder Euribor) ein vereinbarter fixer Zinsaufschlag hinzugerechnet wird. Zur Frage, wie hoch die zu zahlenden Zinsen bei negativem Referenzzinssatz sind, sind in Österreich bislang verschiedene Meinungen vertreten worden.

Einige Banken stellten sich auf den Standpunkt, dass der Bank jedenfalls der volle Zinsaufschlag gebührt, der Kreditnehmer also nicht vom negativen Referenzzinssatz profitiert. Nach anderer Ansicht ist der Referenzzinssatz Ausgangsbasis für die Berechnung der zu zahlenden Zinsen. Kontrovers diskutiert wurde, ob die Bank bei einem so negativen Referenzzinssatz, der auch nicht durch Hinzurechnung des Zinsaufschlags zu einem positiven Ergebnis führt, verpflichtet sein kann, dem Kreditnehmer Zinsen zu zahlen.

Höchstgerichtliche Rechtsprechung

Nunmehr musste sich der Oberste Gerichtshof in drei Fällen (4 Ob 60/17b, 10 Ob 13/17k und 1 Ob 4/17w) mit der Frage auseinandersetzen, welche Wirkung ein negativer Referenzzinssatz auf die Höhe der Zinszahlungsverpflichtung hat.

In der Entscheidung 4 Ob 60/17b ließ die Bank den entstandenen negativen variablen Referenzzinssatz außer Acht, setzte ihn mit Null an und verrechnete ausschließlich den Zinsaufschlag, ohne dabei den negativen variablen Zinssatz abzuziehen. Der Kreditnehmer forderte daraufhin, dass der variable Zinssatz auf jeden Fall miteinzubeziehen wäre, egal ob er positiv oder negativ ist. Der OGH stellte dazu fest, dass weder aus dem Wortlaut noch aus dem Zweck des Vertrages der Schluss gezogen werden kann, dass trotz eines negativen variablen Zinssatzes ein Mindestzinssatz in Form des Zinsaufschlages verlangt werden kann. Ein negativer variabler Zinssatz sei somit sehr wohl vom Zinsaufschlag abzuziehen. Da in diesem Fall der variable Referenzzinssatz allerdings nie soweit negativ war, dass der Zinsaufschlag ebenfalls negativ geworden wäre, wurde lediglich festgestellt, dass ein negativer Referenzzinssatz den Zinsaufschlag zumindest bis auf null verringern kann.

In zwei weiteren Entscheidungen (10 Ob 13/17k und 1 Ob 4/17w) stellte der OGH zudem fest, dass Null die absolute Grenze ist, es daher zu keinen Negativzinsen kommen kann, die den Kreditgeber dazu verpflichten würde, die negativen Zinsen an den Kreditnehmer auszubezahlen. Das liege daran, dass der Parteiwille bei Vertragsabschluss eindeutig ist. Der Kreditnehmer rechnet niemals damit Zinszahlungen von seinem Kreditgeber zu erhalten, genauso wie es nicht dem Willen des Kreditgebers entsprechen kann Zahlungen an den Kreditnehmer vornehmen zu müssen (10 Ob 13/17k).

Ebenso wenig wird durch ein solches – am übereinstimmenden Parteiwillen orientierten – Verständnis durch die Nichtgewährung von Negativzinsen der Schutzzweck des § 6 Abs 1 Z 5 KSchG, aus dem ein Gebot der Anpassungssymmetrie abgeleitet wurde, verletzt, da dieser dem Wortlaut folgend nur Zahlungen des Verbrauchers an den Unternehmer, und nicht umgekehrt, regelt (1 Ob 4/17w).

Rechtstipp

Nach ständiger Rechtsprechung sind Negativzinsen nicht möglich, sodass es niemals zu einer Verpflichtung des Kreditgebers zur Zahlung von Zinsen an den Kreditnehmer kommen kann. Sehr wohl kann aber ein negativer Referenzzinssatz den fixen Zinsaufschlag und somit die zu zahlenden Zinsen reduzieren. Unter anderem kann, neben dem Kreditvertrag selbst, ein Blick auf den Kontoauszug verraten, ob man selbst betroffen ist. Sollten die Tilgungszahlungen seit dem erstmaligen Negativwert des Referenzzinssatzes kontinuierlich denselben Betrag aufweisen, ist davon auszugehen, dass die Bank, trotz negativem Referenzzinssatz, zumindest den Zinsaufschlag verrechnet hat. Zudem informierten einige Banken per Brief ihre Kreditnehmer beim erstmaligen Negativwerden des Referenzzinssatzes darüber, dass dieser nicht miteinbezogen wird. Bei der Geltendmachung ist jedenfalls die Verjährung von drei Jahren ab Zinszahlung zu beachten. Im Falle des 3-Monats-Euribor, der im April 2015 erstmals negativ war, ist daher eine gerichtliche Geltendmachung spätestens im April 2018 erforderlich.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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