Zugang zum eigenen Grundstück – Gewohnheitsrecht bei Nutzung des Nachbargrundstücks?

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Sie sind Eigentümer eines Grundstücks auf dem Ihr Häuschen steht. Schon Ihre Großeltern wohnten dort und nutzen einen Weg, der allerdings im Eigentum des Nachbarn stand, um auf ein weiteres ihnen gehörendes Grundstück zu gelangen, weil sie dort einen Schuppen hatten. Bereits Ihre Eltern haben diesen Schuppen umgebaut und eine Garage daraus gemacht. Mit den Nachbarn verstand Sie sich immer gut, da auch diese den Weg nur als Zugang zu ihrer Nachbargarage nutzten. Die Jahre und Jahrzehnte gingen ins Land, Ihre Großeltern – und auch Ihre Eltern – sind lange verstorben, mittlerweile nutzt Ihre Tochter die Garage, wenn sie zu Ihnen zu Besuch kommt.

Für diese Besuche nutzt Sie ein Auto, das auffällig mit Werbung für eine Partei beklebt ist. Ihr Nachbar, der politisch ebenfalls sehr aktiv ist, hat allerdings komplett andere politische Auffassungen.

Ein Wort gab das andere und der nachbarliche Frieden der letzten Jahrzehnte war dahin.

Damit aber nicht genug. Der Nachbar ließ eine Zugangssperre bauen und untersagte Ihnen die Nutzung des Weges. Immerhin war es sein Eigentum. Gutes Zureden half nichts, auch der Hinweis, dass man doch schon über 50 Jahre den Weg nutzte und ihn auch gemeinsam ausgebessert habe, ließen den Nachbarn nicht erweichen. Eine andere Zugangsmöglichkeit wäre zwar möglich aber mit sehr hohem Aufwand verbunden.

Jetzt mussten Sie handeln, schließlich hatten Sie gehört, dass es auch so etwas wie Gewohnheitsrecht gibt und das wollten Sie nun einfordern.

Gewohnheitsrecht – gibt es das wirklich?

Das Landgericht Aachen (vergl. hierzu Urteil vom 11. Oktober 2017 – 11 O 157/17) hätte Ihnen bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung Recht gegeben. Auch das Oberlandesgericht Köln (vergl. hierzu den Beschluss vom 1. Juni 2018 – 16 U 149/17) wäre Ihnen zu Hilfe gekommen und hätte Ihren Nachbarn verpflichtet Sie zukünftig über den Weg fahren und gehen zu lassen. Das Oberlandesgericht in Köln hätte dies damit begründet, dass Sie aufgrund eines zu Ihren Gunsten bestehenden Gewohnheitsrechts zur Nutzung des Weges zu Ihrem Grundstück berechtigt seien.

Und nun ist alles gut?

Mitnichten. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat hierzu eine ganz andere, letztendlich aber die entscheidende Auffassung.

Zwar sagt der BGH, dass Gewohnheitsrecht entstehen kann und es dann dem Gesetz gleichwertig ist. Dies aber nur zwischen einer Vielzahl von Rechtsindividuen und in Bezug auf eine Vielzahl von Rechtsverhältnissen. Bei einem konkreten Rechtsverhältnis zwischen einzelnen Grundstücksnachbarn gilt dies nicht. In einem solchen Fall, sagt der BGB, kann ein Wegerecht zwischen Grundstücksnachbarn, wenn es nicht im Grundbuch eingetragen ist, nur aufgrund eines Vertrages oder als Notwegrecht unter den Voraussetzungen des § 917 BGB entstehen, nicht aber durch eine – sei es auch jahrzehntelange – Übung unter Grundstücksnachbarn (siehe hierzu auch das Urteil des BGH vom 24. Januar 2020 – V ZR 155/18).

Fazit: Wenn es überhaupt keine andere Möglichkeit gibt, um auf Ihr Grundstück zu kommen, steht Ihnen immer noch der § 917 BGB, das sog. Notwegerecht zur Verfügung. Wenn Sie aber eine andere, wenn auch teure Ausweichmöglichkeit haben, müssen Sie dies wählen.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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