Zur Bekämpfung von Altersarmut: Die Grundrente ist da

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Die Grundrente 

Von manchen lang herbeigesehnt, von anderen verteufelt: Die Grundrente ist seit dem 1. Januar 2021 in Kraft. Doch für wen bringt sie was genau? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Wie hoch sind die Leistungen?

Dieser Rechtstipp soll einen Überblick über die Änderungen durch das „Gesetz zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung mit unterdurchschnittlichem Einkommen und für weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Alterseinkommen“ (kurz: Grundrentengesetz) bieten. Er kann keinesfalls eine Beratung im Einzelfall ersetzen.

 

Einführung

Das Grundrentengesetz wurde am 12. August 2020 ausgefertigt und am 18. August 2020 als Nr. 38 im Bundesgesetzblatt Teil I verkündet. Es beinhaltet Änderungen des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), was wenig verwunderlich ist, da bekanntlich das Recht der gesetzlichen Rentenversicherung im SGB VI geregelt ist. Änderungen erfuhr auch das Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), welches die Sozialhilfe regelt. Angepasst wurde zudem das Zweite Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) betreffend die Grundsicherung für Arbeitssuchende, das Bundesversorgungsgesetz, das Wohngeldgesetz (WoGG), das Einkommensteuergesetz (EStG), sowie weitere steuer- und finanzrechtliche Gesetze.

 



Die Zielsetzung

Mit dem Grundrentengesetz soll das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in „das Grundversprechen des Sozialstaats und in die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rentenversicherung“ gestärkt werden (Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Grundrentengesetz vom 8. April 2020, BT-Drucksache 19/18473). Im Klartext bedeutet das, dass derjenige, der lange Jahre gearbeitet hat, auch dann, wenn er oder sie ein unterdurchschnittliches Einkommen erwirtschaftet hat, besser abgesichert sein soll als jemand, der wenig oder nicht gearbeitet und damit auch wenige oder keine Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt hat. Berücksichtigt werden sollen auch die Erziehung von Kindern und die Pflege nahestehender Menschen (a.a.O.).

 



Einordnung der Grundrente in die bestehenden Regelungen

Die gesetzliche Rentenversicherung kennt verschiedene Rentenarten. Neben der bekanntesten Art, der Rente wegen Alters (§§ 35ff. SGB VI), gibt es Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (§ 43 SGB VI) und wegen Todes (sog. Witwenrente, §§ 46ff. SGB VI). Die sogenannte Grundrente tritt nicht, wie man meinen könnte, als weitere Rentenart hinzu, sondern stellt ein Mehr zu einer bestehenden Rente dar.

 



Voraussetzungen

Wer in den Genuss der Grundrente kommen will, muss zunächst mindestens 33 Jahre an sogenannten Grundrentenzeiten erfüllt haben.

Als Grundrentenzeiten definiert § 76g Abs. 2 SGB VI dabei

            - Kalendermonate mit anrechenbaren Zeiten nach § 51 Abs. 3a Satz 1 Nummer 1 bis 3;

            - Kalendermonate mit Ersatzzeiten.

Erfasst sind also Zeiten mit Pflichtbeiträgen aus beruflicher Tätigkeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten und Zeiten, in denen Leistungen bei Krankheit oder Rehabilitation bezogen wurden.

Unter bestimmten Umständen können auch Zeiten, die im Ausland erworben wurden, berücksichtigt werden. Erforderlich ist, dass diese Zeiten nach europäischem Recht oder zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen berücksichtigungsfähig sind.

 

Um in den Genuss der vollen Grundrente zu kommen müssen allerdings mindestens 35 Jahre an Grundrentenzeiten vorliegen.

 

Damit eine Berechtigung zur Grundrente gegeben ist, darf das durchschnittliche Einkommen während des Berufslebens höchstens 80% des Durchschnittsverdienstes betragen haben. Gleichzeitig muss der Verdienst aber mindestens 30% des Durchschnittsverdienstes betragen haben; liegt der Verdienst für bestimmte Zeiten unter dieser Grenze, so wird der Zeitraum nicht berücksichtigt (dies betrifft beispielsweise geringfügige Beschäftigungsverhältnisse). Im Jahr 2020 lag der durchschnittliche Bruttojahresverdienst bei 40.551,00 €, mithin monatlich bei 3.379,25 € (Quelle: Deutsche Rentenversicherung, Zahlen und Tabellen 1.1.-30.06.2020, Seite 16).

 



Durchführung

Eine Antragstellung durch die Berechtigten ist nicht erforderlich. Vielmehr ermittelt die Deutsche Rentenversicherung das Vorliegen der Grundrentenzeiten und prüft auch, ob die weiteren Anspruchsvoraussetzungen gegeben sind. Dies gilt auch für solche Rentenbezieher, die im Ausland leben. 

Die Deutsche Rentenversicherung geht derzeit aufgrund des großen Überprüfungsaufwandes davon aus, dass es bis Mitte 2021 dauern wird, bis die ersten Grundrentenbescheide verschickt werden. Selbstverständlich bedeutet dies nicht, dass zustehende Zahlungen nicht erbracht werden, insoweit sind - soweit erforderlich - Nachzahlungen zu erwarten.

 



Höhe der Grundrente

Die Berechnung der Leistungshöhe ist einigermaßen kompliziert.

Sind die Voraussetzungen (unter Berücksichtigung von Grundrentenzeiten von mindestens 35 Jahren) erfüllt, so wird der Durchschnittswert aus den Zeiten verdoppelt die von Relevanz für die Berechnung der Grundrente sind. Der sich ergebende Wert wird von Gesetzes wegen begrenzt auf maximal 80% des Durchschnittsverdienstes. Der sich ergebende betrag erfährt dann eine Kürzung um 12,5%. Er wird für höchstens 35 Jahre berechnet.

 



Anrechnung von Einkommen

Das Einkommen einer Rentnerin / eines Rentners wird im Rahmen der Grundrente berücksichtigt. Als Einkommen gilt dabei sowohl die eigene Rente als auch weiteres, zu versteuerndes Einkommen.

Bei einem monatlichen Einkommen von bis zu 1.250,00 € (Alleinstehende) bzw. 1.950,00 € (Ehegatten) erfolgt keine Anrechnung, die Betroffenen erhalten die Grundrente also in voller Höhe.

Liegt das Einkommen über dieser Grenze, so erfolgt eine Anrechnung zunächst in Höhe von 60%. Ab einem Einkommen von 1.600,00 € bei Alleinstehenden und 2.300,00 € bei Verheirateten erfolgt eine Anrechnung zu 100%.

Soweit es das Einkommen angeht besteht für die Rentnerinnen und Rentner zwar keine grundsätzliche Meldepflicht, weil die Deutsche Rentenversicherung insoweit Informationen von den Finanzbehörden erhält. Für einzelne Einkünfte (betroffen sind insoweit Rentnerinnen und Rentner, die dauerhaft im Ausland leben) sind Mitteilungen allerdings erforderlich.

 

 

Selbstverständlich können hier nur allgemeine Ausführungen erfolgen. Bei Fragen können Sie sich entweder direkt an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Rentenversicherung wenden oder sich anwaltlicher Beratung bedienen. Gerne stehe ich Ihnen für Beratung und Vertretung zur Verfügung.


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